33. Kapitel

14 3 0
                                    

Gabriel Sicht:

Fragt mich nicht, was das plötzlich war, was dafür sorge, dass ich mein Selbstbewusstsein, das ich als junger Erzengel mal besessen hatte, wiederbekam, aber ich war verdammt froh darüber.

Dass ich ein gefallener Engel bin, ist mir mittlerweile auch bewusst geworden, ich habe versucht, von der Erde aus Kontakt zu Michael und co aufzunehmen, aber entweder sie hören mich nicht, oder sie ignorieren mich, oder... Nein, sie dürfen nicht tot sein, das hätte Lucifer, egal wie kaltherzig er ist, niemals getan.

Ich sitze in der Pause in der Café und warte auf meine Freundin, die noch ansteht, als ich ihn und seinen Dämon sehen.

Lucifer und ein mir unbekannter Dämon, aber ich schätze er hat einen hohen Rang.

Verwirrt runzle ich die Stirn, wie kann ich bitte wissen, dass er ein Dämon ist, ich meine... das konnte ich nicht mal als Erzengel...

Mein Bruder schaut mich an, bedeutet seinem Dämon ihm zu folgen und setzt sich mir gegenüber.

"leben sie?", frage ich ohne Umschweife.

"Du erinnerst dich?"

"Leben sie?"

Reflexartig werde ich lauter. Lucifer runzelt die Stirn, scheint sich über meine Reaktion zu wundern.

"Leben sie, Lucifer?", knurre ich.

Okay... seit wann kann ich so knurren, wie ein Dämon...

Seitdem du gefallen bist, du Genie, du bist ein Erzdämon geworden!

Die Erkenntnis trifft mich wie ein Schlag, nein, das kann nicht sein, ich... es ist unmöglich, dass ich durch den Sturz zu einem Dämon wurde!

Allerdings würde das erklären, warum die Erzengel mich mieden.

Warum eine Erzdämon? Nun, ich war ein Erzengel.

"Gabriel?"

Ich hebe den Blick, schaue Lucifer in die blauen Eisaugen. Meine blau glühenden Augen, die aussehen, als würde das Meer selbst an einem stürmischen tag darin wüten, spiegeln sich darin.

"Leben sie?", wiederhole ich meine Frage beharrlich erneut.

"Ja, Michael ist schwer verletzt, aber sie leben!", bestätigt er jetzt, wofür er einen Rippenstoß von dem Dämon kassiert.

"Können wir reden? Allein, unter vier Augen?", frage ich Luci.

Er zögert, schüttelt den Kopf und meint:

"Wenn du mir was zu sagen hast, sag es hier und jetzt."

"Du wirst mich bei Familientreffen wahrscheinlich nicht mehr sehen.", sage ich.

Naja, gut, ich wollte ihn eigentlich fragen, ob ich wirklich ein Dämon bin, da er sowas am besten weiß, aber, dann nicht.

"Lucifer!"

Meine Freundin spricht den Namen wie eine tödlich, ansteckende Krankheit aus.

Vielleicht tue ich es, um Luci zu zeigen, dass Sansa mir gehört, vielleicht tue ich es, weil ich will, vielleicht tue ich es aber auch, um den brennenden Blicken, des Dämons zu entkommen. Ich ziehe Sansa zu mir, nachdem sie ihr Tablett abgestellt hat und küsse sie. Etwas überrumpelt erwidert sie. Als ich sie wieder loslasse, sind Luci und sein Dämon verschwunden, gut so.

"Alles in Ordnung, du wirkst bedrückt?"

"Alles gut, mach dir keine Gedanken.", winke ich halbherzig ab und klaue ihr etwas zu essen.

Sie wirkt nicht sonderlich überzeugt. Ich spiele mit den Gedanken, sie erneut zu küssen, entscheide mich aber dagegen, aus Angst sie könne eingeschnappt sein.

Nach der Schule stehe ich am Meer und habe nicht die leiseste Ahnung warum. Seufzend starte ich einen erneuten verzweifelten Versuch, mit meinen Brüdern Kontakt aufzunehmen.

„Michael, verdammt, bitte rede mit mir!"

„Micky, ich flehe dich an, bitte!"

„Raph?", meine Stimme bebt, ich bin kurz davor vollständig den Verstand zu verlieren, als ich ihn seufzen höre.

„Was willst du Gabriel? Du hast mich allein gelassen, als ich dich brauchte!"

ich drehe mich zu Raphael um, der Erzengel steht ruhig da, seine Augen glitzern in einem schwachen lila.

„Glaubst du ich habe dich freiwillig im Stich gelassen, ich bin gefallen, verdammt, Raph, ich hätte es mir nie verziehen, wenn er dir was getan hätte. Ich habe ihn stumm gebeten, dich in Ruhe zu lassen, das war das einzige, was ich für dich tun konnte."

„Du hättest zurückkommen können!", hält er mit seiner typischen kindlichen Art dagegen.

„Ich bin ein gefallener Engel und hatte das Gedächtnis verloren. Ich habe keine Kräfte mehr, das einzige, was ich kann, ist einen Dämon zu identifizieren."

Zum Ende hin wird meine Stimme immer leiser, weicht einem schuldbewussten Flüstern. Raph entgleisen seine Gesichtszüge:

„Du... du hast keine Kräfte mehr?"

„Nein, keine Wasserfähigkeiten, keine Flügel, nicht mal Gestaltwandeln."

„Das erklärt, warum das Meer sich aufführt, wie ein wilder Stier. Es wird nicht mehr von dir gezähmt, wir müssen das ganz schnell ändern, du musst deine Kraft zurückbekommen! Ich red mit Dad, warte hier, ja, Gabe?"

Schmunzelnd schaue ich dem kleinen Engel nach, der sich in den Himmel emporschraubt, um meinen Vater zu fragen, ob er mir meine Kräfte geben kann. Ich bin nicht dumm und ich lebe seit knapp zweitausend Jahren, natürlich weiß ich, dass Jeremia das nicht kann, aber wenn niemand über das Meer herrscht, dann wird die Welt irgendwann darin versinken. Dass ich keine Flügel mehr habe, um mich dann in den Himmel zu flüchten ist mein kleinstes Problem. Denn wenn diese Sintflut die Menschheit auslöscht, löscht sie auch uns aus, ohne uns zu ertränken, aber es wird niemanden mehr geben, der an uns glauben kann, wir werden vergessen werden.

Ich muss unbedingt meinen ältesten Bruder aufsuchen und mit ihm reden, vielleicht kennt er einen Weg zu verhindern, dass unser Streit alles Leben auslöscht.

No one with and no one without lifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt