just for tonight

Teil 22

Mit der Zeit lernte ich damit umzugehen. Es kam mir nicht mehr so schlimm vor wie am Anfang. In sechs Monaten wird das einfach zur Gewohnheit.
Genauso wie es Gewohnheit war, dass ich jeden Samstag Morgen einkaufen ging. Und so auch diesen Samstag.
Völlig verträumt las ich die Packung einer Schachtel Kekse während ich meinen Einkaufswagen den Gang entlang schob. Jonas bestand darauf, dass wir uns gesünder und ausgewogener ernährten. Ab dem Zeitpunkt wurden nur noch Bio Haferkekse gekauft.
Egal ob ich ein paar Pfunde mehr oder weniger auf den Rippen hatte, wohl fühlte ich mich sowieso schon lange nicht mehr und essen konnte ich auch nicht viel deswegen war mir das egal.
Plötzlich, als ich gerade um die Ecke gehen wollte, krachte ein anderer Einkaufswagen voll ich mich hinein.
„Hey, können Sie nicht aufpassen, wo sie hingehen?", sagte ich verärgert, obwohl es zu gleichen Teilen meine eigene Schuld war.
„Tut mir wahnsinnig Leid."
Moment. Diese Stimme kannte ich irgendwo her. Ich blickte von meiner Schachtel Kekse hoch und schaute in ein mir äußerst bekanntes Gesicht. Wincent Weiß. Wie er liebt und lebt.
„Bio Haferkekse?", fragte er belustigt und deutete auf die Packung Kekse in meiner Hand. Ich ließ sie in den Einkaufswagen fallen und lachte.
Wincent Weiß. In Hamburg. Er stand direkt vor mir.
„Was machst du hier?", fragte er. „Naja ich wohne hier", lachte ich. Das erste Mal seit sechs Monaten, dass ich wirklich ungezwungen lachte.
„Und du?"
„Ich wohne ne Stunde entfernt von hier. In Eutin. Aber ein Arbeitskollege wohnt hier in Hamburg. Deshalb bin ich auch oft hier."
Eutin. Ne Stunde entfernt. Ich erinnerte mich an seinen Perso.
„Du, ich muss leider los", sagte Wincent. „Aber wenn du magst können wir mal einen Kaffee zusammen trinken oder so. Gib mir dein Handy und du kannst mich anrufen, wann immer du Zeit hast."
Wincent tippte schnell seine Nummer in meinem Handy ein und verabschiedete sich dann von mir.
Ich stand noch immer völlig verdattert am Keksregal, bis mir Jonas einfiel. Ich hatte ihm nie von Wincents Namen erzählt, doch ich hatte jetzt schon Angst, wenn er den Kontakt in meinem Handy finden würde.