Teil 23

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In den nächsten Tagen dachte ich immer wieder an Wincent. Ich fragte mich, was er wohl gerade machte. Ich fragte mich, ob ich ihn anrufen sollte.
Jedes Mal wenn ich kurz davor war, legte ich mein Handy doch wieder weg, zu viel Angst vor den Konsequenzen.
Jonas hatte mich in den Jahren unserer Beziehung zu einem anderen Menschen gemacht.
Früher war ich das Mädchen, dass einen scheiß auf andere Leute gab. Ich konnte nicht verstehen, wie sich Menschen soviel aus den Meinungen anderer machen konnten. Und erstrecht nicht konnte ich verstehen, wie eine Frau es zulassen konnte sich unter den Mann zu stellen. Ich war immer für die Gleichberechtigung Männer und Frauen gewesen.
Und heute war ich genau eine solche Frau. Ich ließ mich von meinem eigenen Freund kontrollieren ohne etwas dagegen zu tun. Ich traute mich nicht mehr irgendetwas zu sagen.
Ich hatte ehrlich gesagt keinen blassen Schimmer wie es dazu hatte kommen können. Und ich wollte etwas dagegen machen, ja das wollte ich wirklich. Ich wusste nur einfach nicht, wie ich das anstellen sollte.
Kurzerhand rief ich dann doch Wincent an, weil ich Ablenkung brauchte.
„Hallo?", nahm er ab. Tatsächlich war ich erstaunt, dass er mir einfach so seine Nummer gegeben hatte. Bestimmt musste er aufpassen, dass nicht manche Leute seine Nummer veröffentlichten oder scheiße damit machten.
„Hey, ich bin's. Shari", sagte ich leise. Jonas war noch nicht wieder da, dennoch schaute ich mich nach ihm um. 
Ich hörte ein erleichtertes Aufatmen aus der Leitung. „Hey", sagte er.
„Na, wie sieht's aus? Hast du Zeit für nen Kaffee? Oder bist du zu sehr damit beschäftigt der bekannteste deutsche Popkünstler zu sein?"
Es war einen Moment still in der Leitung. Sicher hatte sich das so angehört als wäre ich sauer.
„Woher weißt du's?", fragte er ruhig.
„Einer deiner sogenannten Arbeitskollegen hat dir damals eine Nachricht geschrieben. Ich hab sie aus Versehen gelesen, bevor ich gegangen bin."
Als ich das sagte, fiel mir ein, dass ich mich noch nicht dafür entschuldigt hatte. Hatte ihn damals auf Bali einfach sitzen gelassen.
Doch wer sich entschuldigte, war jetzt er.
„Sorry, dass ich dir das nicht gesagt habe. Tut mir Leid, aber ich gucke vorher immer ganz gerne, wer mich kennt oder nicht, um zu gucken wer es wirklich ernst meint mit mir. Und du meintest es ernst bis du mir gesagt hast, dass du vergeben bist."
Ich hörte den leichten Schmerz in seiner Stimme. „Bist du noch mit ihm zusammen?", fragte er.
Ja. Ja, das war ich. Leider.
„Komplizierte Geschichte. Also, hast du jetzt Zeit oder nicht?"

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