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Abermals schlug ich die Augen auf und horchte den Geräuschen im Haus. Die Angst hielt mich wach. Sie war allgegenwärtig wenn er lange weg war, um sich zu betrinken. Die Angst vor meinem Vater.

Eine Tür fiel ins Schloss und kurz darauf war gepolter von der Treppe zu hören.
Er war wieder zuhause.

„Mae!", brüllte mein Vater durch das Anwesen und augenblicklich überkam mich die Panik. Leise schlich ich den Flur entlang, bis zur Treppe und eilte die Stufen herunter. Der Geruch von Alkohol schlug mir entgegen, was mir signalisierte, dass er mal wieder viel zu weit über seine Grenze hinaus getrunken hatte.

Mein Vater trank schon lange. Seit dem Tod unserer Mutter, um genau zu sein. Ihr Tod hatte ihn verändert. Er betrank sich fast täglich und im diesem Zustand neigte er dazu leicht reizbar zu sein.

"Da bist du ja Prinzessin!", lallte er und wankte einpaar Treppenstufen hoch.
Stützend legte ich meine Hand um seinen Körper und zog ihn vorsichtig die breite Mamortreppe hoch.

"Weißt du~", er blieb kurz vor der letzten Stufe stehen und sah mich mit einem undefinierbaren Blick an, "Ich hab nachgedacht und weißt du was?"

Nervös schluckte ich mehrmals bevor ich vorsichtig meinen Kopf schüttelte. Seine Augen verengten sich daraufhin und er packte mich am Handgelenk. Sein Griff war kräftig und ich wand mich verzweifelt unter den Schmerzen die sein Griff
verursachte. Er drückte meinem Knochen daraufhin nur noch stärker zusammen.

"Doch du weißt es. Du weißt ,dass du hübsch bist. Genauso hübsch wie sie.", flüsterte er bedrohlich und zog mich ein Stück näher zu sich.

"Doch du bist hier bei mir. Und bleibst es auch.", er lächelte zufrieden und lockerte den Druck um mein Handgelenk etwas.

Ich hatte keineswegs vor, hier zu bleiben. Ich hatte schon oft überlegt einfach meine Tasche zu packen und einfach fort zu gehen. Doch dazu fehlte mir einfach der Mut.

Um ehrlich zu sein hatte ich die Hoffnung, dass er wieder der Alte werden würde. Mein Vater, so wie er mich damals angelächelt hatte, so wie er damals alles dafür getan hatte, dass es mir gut ging.

"Ist doch so oder?", zischte er und riss mich aus meinen Gedanken. Er zerquetschte mein Handgelenk nun fast und wartete auf eine Antwort meinerseits.

Ich nickte mit gesenktem Kopf, doch er gab sich damit nicht zufrieden und ich spürte kur darauf sie Konsequenzen in Form einer Ohrfeige. Er holte noch zweimal aus und klatschte mir mitten auf die Wange.

Ich war den Tränen nah und die Schmerzen in meinem Handgelenk waren fast unerträglich. Doch ich rührte mich keinen Zentimeter. Das würde alles nur verschlimmern.

"Du verlässt mich nicht! Nicht so wie sie es einfach getan hat!"
Seine Stimme Schallte laut im Treppenhaus wieder weshalb ich ängstlich zusammen zuckte. Er ließ mich los und stieß mich unsanft von sich weg. Schmerzhaft fiel ich mit dem Rücken auf die Treppenstufen.

"Ich wusste es. Du bist nicht besser als deine Mutter!"

Er spukte das Wort 'Mutter' förmlich aus und beugte sich wütend über mich. Ruckartig packte er mich am Kinn und zog mich wieder Hoch. Verachtend blickte er mich an und warf mich dann erneut zu Boden.

Er selbst taumelte die letzten Stufen hinauf und verschwand in einem der Gästezimmer.

Ächzend rappelte ich mich auf und ging ihm nach. Wenn ich ihm nicht aus seinem Anzug und den Schuhen half, würde ich womöglich gleich ein weiteres blaues Wunder erleben.

Er saß aufrecht und mit starrem Blick an die Wand auf dem Bett.
"Hilf mir Mae.", flüstere er und wandte den Blick nicht von der kahlen, grauen wand ab.

Ich kniete mich auf den Fußboden und zog ihm die Schuhe und den Anzug aus, half ihm aus Hemd und Hose.
Er kuschelte sich kurz darauf auch schon in die Bettdecke und hatte die Augen geschlossen. Er sah so friedlich aus. Vorsichtig gab ich ihm einen Kuss auf die Wange und schenkte ihm ein Lächeln.

Müde und erleichtert schloss ich seine Tür, um endlich meinen heiß ersehnten Schlaf zu bekommen.

Bevor ich jedoch einschlafen konnte, kreisten meine Gedanken noch lange um meine Mutter. Sie war eine wundervolle und hübsche Frau, die mich immer in den Arm nahm, mit mir spielte und nur das beste für mich wollte. Doch sie hatte sich vor 4 Jahren das Leben genommen und war dort gegangen. Und mit ihr verschwand die Wärme und die Liebe. Mein Vater suchte im Alkohol nach Antworten und vergaß sich dabei selbst.

Er hatte damals schnell wieder geheiratet und seither lebte meine Stiefmutter Jessica mit uns in unserm Anwesen, welches in einem Bonzen-Viertel lag.

Ja. Wir hatten Geld. Sogar viel Geld. Wahrscheinlich lebte Jessica nur deswegen mit einem gebrochenen Mann und einer Highschool Schülerin unter einem Dach. Ich lebte zwar nicht schlecht, doch mein monatlicher Zuschuss fiel vergleichsweise gering aus im Gegensatz zu Jessicas.

Ich brauchte aber auch nicht viel. Mir war es schon genug 'Mae Brooks' zu sein. Ich war in den Augen vieler die kleine, arrogante, reiche Göre. Vielleicht half mein abweisendes Verhalten gegenüber anderen nicht grade dabei meinen Ruf aufzubessern, aber ich hasste die Highschool und die Menschen dort.

Irgendwann fielen mir dann doch meine müden Augen zu und ich driftete in einen tiefen und entspannenden Schlaf.

866 Wörter

MaeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt