Dienstagabend

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David lächelte schief, als er Sca kommen sah. Sie erwiderte sein Lächeln nicht. Am liebsten hätte sie ihm einfach ins Gesicht geschlagen. Woher diese plötzliche Wut kam wusste sie selbst nicht. Andererseits, eigentlich wusste sie sehr genau, woher die kam. "Hi", war alles was sie herausbrachte. Nachdem sie sich geräuspert hatte, sagte sie:"Dir ist hoffentlich klar, dass ich nicht dir zuliebe hergekommen bin! Das war reine Neugier. Und dass wir nicht mehr zusammen sind, ist dem entsprechend auch klar oder?" David nickte knapp und starrte auf seine Hände. "Ich wollte nicht, dass es so kommt, aber ich hab ein anderes Mädchen...." "Ach, betrogen hast du mich auch noch?", fauchte Sca wütend. Sie war drauf und dran sofort wieder umzudrehen, auch wenn sie zugeben musste, dass ihr Herz nicht besonders schmerzte. Nur ihr Stolz war gekränkt. Wie hatte sie nur auf die Idee kommen können, dass er sie wieder anbetteln würde. Und warum hatte sie ihm an jedem schicksalhaften Tag vor zwei Wochen auch nur ein Wort von ihm geglaubt? Er war so ein mieser Heuchler! Nun hob er zögernd den Kopf und blickte Sca an, die mit verschränkten Armen vor ihm stand. Sie dachte gar nicht daran, sich zu ihm zu setzen. "Nein, ich hab dich nicht betrogen, also nicht wirklich, und es tut mir Leid. Ich empfinde nur nicht mehr das für dich, was dort mal war und ich denke dir geht es doch genauso. Es war eine Scheißidee das nochmal zu probieren. Ich weiß, dass du mich eigentlich gar nicht mehr sehen willst, aber ich hab eine Überraschung für dich. Ich will mit dir heute in einem Club deinen Geburtstag feiern. Wenn du dich schon in der Ballettwelt verschanzen willst, dann solltest du wenigstens mal richtig feiern gewesen sein!" Scarlett war für einen Moment sprachlos. Sprachlos über diese Dreistigkeit, dass er in einem Atemzug erzählte, dass er eine Andere hatte, und im nächsten Moment wie ein alter Kumpel mit ihr weggehen wollte. Sie wusste nicht was sie dazu sagen sollte. Schockierenderweise war die Wut verraucht. Sie war irgendwie sogar froh, ihn endlich loszuhaben. Was hatte er denn bis jetzt alleine auf die Reihe gekriegt? Nicht viel. Und letztendlich fand sie seine Idee gar nicht so verkehrt. Und schick genug war sie schließlich.  Wenn nicht jetzt, wann dann? Sie hatte sowieso schon so viel verpasst: Sie hatte noch nie Hausaufgaben abgeschrieben, einen fremden Jungen angequatscht, weil er süß war oder so viel Eis gegessen bis sie nicht mehr konnte. Ihren ersten Freund hatte sie mit fast siebzehn gehabt und Jungfrau war sie sowieso noch. Also warum nicht? Auf ins Abenteuer."Okay, aber nicht zu lange", brachte sie schließlich zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus. Er sollte bloß nicht denken, dass sie ihm so schnell verzeihen würde. David nickte: "Klar."

Sca dröhnte schon von weitem die laute Musik entgegen und plötzlich war sie sich gar nicht mehr so sicher, ob es eine gute Idee gewesen war, hierher zu kommen. Aber David nickte ihr aufmunternd zu und steuerte selbstbewusst auf die Tür zu. "Schau nicht so ängstlich", zischte er ihr zu. Scarlett nickte und versuchte möglichst zuversichtlich auszusehen. Die Türsteher würdigte sie keines Blickes. Klar, sie war ja auch schon achtzehn. 
Drinnen dröhnte die Musik und der Bass fuhr ihr durch Mark und Bein. Unzählige Menschen bewegten sich dicht gedrängt auf einer kleinen Tanzfläche zur Musik. In dem Ecken standen seltsamen Typen, die bestimmt keine normalen Zigaretten rauchten. An der Bar schmiegten sich spärlich bekleidete Mädchen am gutaussehende Jungs. Sca folgte David zur Bar, bemüht ihn in dem Gedränge bloß nicht zu verlieren. Meine Güte, sie war jetzt schon völlig überfordert. Der Barkeeper begrüßte David mit Handschlag und brüllte ihm irgendetwas zu, das Scarlett aber nicht verstand. Dann drückte ihr David einen Becher in die Hand. "Was ist das?", fragte Scarlett misstrauisch. David gab ihr zu verstehen sie solle trinken und zog sie dann durch das Getümmel in Richtung Tanzfläche. Sca nahm einen großen Schluck aus ihrem Becher. Es schmeckte seltsam. Irgendwie nach Orange, hatte aber einen bitteren Nachgeschmack. Sie wollte David gerade fragen, was das war, aber da sah sie, dass er bereits mit einem Mädchen tanzte. War das die Neue? Wohl kaum, wahrscheinlich war das einfach die erste gewesen, die ihm gefallen hatte. Er schaute kurz zu ihr und winkte energisch, aber sie schüttelte den Kopf und er zuckte die Achseln und beachtete sie bald nicht mehr. Sca stand ganz alleine mit ihrem Becher in der Hand auf der Tanzfläche, die Arme um sich selbst geschlungen, um sie herum bewegten sich alle zum Takt der Musik.

Plötzlich spürte sie, wie ein warmer Atem an ihrem Hals entlang strich. "Nur nicht so schüchtern, na los, tanz ein wenig mit du stehst hier schließlich auf einer Tanzfläche", raunte ihr plötzlich eine tiefe Stimme ins Ohr. Sie zuckte zusammen. Unsicher drehte sie sich um und blickte auf eine erstaunlich breite Brust. Vor ihr stand ein Typ, der einen Kopf größer war als sie und tiefschwarze Haare hatte. Allerdings wurde Sca sofort von seinen eisblauen Augen gefangen genommen, die sie neugierig, und gar nicht unheimlich, musterten. Er trug ein T-Shirt, unter dem sich deutlich seine Muskeln abzeichneten. Er sah gut aus, das musste Scarlett zugeben. Der Typ begann sich zu bewegen und wie von selbst tanzten Scas Beine mit. Ein kleines Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Der Typ erwiderte das Lächeln. Sie tanzten zu einigen Liedern und obwohl sie beinahe zusammenstießen, vergaß Sca nach und nach, dass sie umringt war von einem dichten Menschengedränge. Sie vergaß die zu laute Musik und die Ellenbogen, die sie immer wieder im Rücken trafen. Da waren nur diese Augen und dazu ein schiefes Grinsen. Dann zog er Sca mit sich. Raus aus der Menge, auf einen Flur und dann zur Tür hinaus. Kalte Luft fegte ihnen entgegen. Die Musik drang nur noch gedämpft nach draußen. Es war eine sternenklare Nacht. Der Mond hing als Sichel am Himmel umgeben von unzähligen kleinen Lichtern. Scarlett schlang sich fröstelnd die Arme um den Leib und atmete in die kühle Luft. Er blickte sie fragend an und als sie lächelte, nahm er wieder ihre Hand. Sie gingen ein Stück die Straße hinunter. "Wie heißt du?", fragte der Typ schließlich. "Scarlett, und du?" "Jeremy." Jeremy, Sca ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen. Unter anderen Umstände hätte sie ihn einschüchternd gefunden, aber er schien ganz nett zu sein, falls man das von Gestalten wie ihm sagen konnte. Gestalten, die einfach Mädels in einem Club ansprachen und sie dann mit sich zogen. Und dann wohl doch nur spazieren gehen zu wollen. Jedenfalls kamen sie bald ins Gespräch und sie redeten über alles und jeden, lachten und rannten durch die Straßen. Scarlett hatte sich selten so wohl gefühlt. 

on Pointe Shoes (fertig und überarbeitet)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt