Kapitel 18

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Singto hatte Mühe, nicht aus seinem Konzept zu fallen, als sich Krist wiederholt an ihn schmiegte und den Fans damit genau das gab, wonach ihnen verlangte. Es war nicht so, dass er sich mit dieser Art von Schauspiel nicht auskannte, aber heute war Krist anhänglicher und „berührungsfreudiger" als sie es je in der Öffentlichkeit zuließen. Zwar hielt sich alles noch in einem vertretbaren Rahmen, aber selbst die anderen hatten schon mitbekommen, dass heute etwas anders war. Die Fans würden sich nicht daran stören, denn genau deswegen waren die meisten von ihnen ja hier.

Auf der anderen Seite, würde es auch wieder einiges an Internetaufregung geben, sollten die hier gemachten Fanaufnahmen ihren Weg auf diverse Plattformen finden.

Er konnte sich jetzt schon die Fragen dazu vorstellen, die es auf jeden Fall in irgendeiner Show oder einem Interview dazu geben würde.

Das Krist etwas Tiefgehendes beschäftigte, war seit letzter Nacht mehr als offensichtlich.

Allerdings hatte dieser auch heute Morgen nichts dazu gesagt und sich nicht anders als sonst gezeigt.

Bis auf die Tatsache, dass Krist eben kaum noch von seiner Seite wich.

Er nahm an, dass Krist diese Nähe zu brauchen schien, um heute funktionieren zu können.

Und das mussten sie nun einmal.

Sie saßen alle an einem langen Tisch, den man auf der Bühne aufgestellt hatte, als ihr Meeting nun dazu überging, ihren Fans die Möglichkeit zu geben ihnen die Hand zu schütteln und ein Foto mit ihnen machen zu können.

Man stellte ihnen zudem noch die ein oder andere Frage, oder überreichte ihnen ein kleines Präsent.

Und das alles war nichts, was sie nicht schon einmal mitgemacht hätten.

Krist's Hand auf seinem Oberschekel, die in einem beständigen Rhythmus darüber strich, war allerdings etwas vollkommen Neues. Und er konnte nicht wirklich etwas dagegen tun. Nicht mit all den Augen, die auf sie gerichtet waren. Das Risiko, das er mit einer Zurechtweisung Krist's Stimmung zum Kippen bringen würde, wollte er nicht eingehen. Zum Glück, hatte man bodenlangen, schwarzen Stoff um das Tisch Ensemble gezogen, sodass dessen freche Hand von interessierten Augen abgeschirmt blieb.

Somit blieb Singto also nichts anderes übrig, als ihn gewähren zu lassen und zu lächeln.

Dieser Kerl hatte wirklich keine Ahnung, was er ihm gerade abverlangte.



Somit war es pure Erleichterung, als die letzten Fans sich verabschiedeten und sie sich nun wieder erheben und hinter die Bühne begeben konnten.

Es war womöglich gerade einmal eine Minute verstrichen, als Krist auch schon wieder an ihm hing, und Singto sich ein ergebenes Seufzen nicht verkneifen konnte.

Ein Fehler, bemerkte er sofort das Krist sich auf diesen Vorgang verspannte und versuchte in einem lockeren Übergang von ihm abzulassen und sich etwas anderem zuzuwenden.

Doch so Leid es ihm auch tat, so brauchte er erst einmal diesen Abstand und suchte sich kurzum eine etwas ruhigere Ecke, um sich wieder ein wenig sammeln zu können.

Es war Ice, der ihn schließlich wach machte und ihn verstehend anlächelte. Er hatte eindeutig etwas an Schlaf nachzuholen, war er letzte Nacht nicht mehr wirklich dazu gekommen, nachdem Krist so aufgewühlt seine Zuwendung verlangte.

Instinktiv suchte er mit seinem Blick nach dessen Präsens und fand ihn auch nicht weniger erschöpft wirkend auf einem Stuhl sitzend vor. Er ließ den Kopf hängen und zeigte sich auch wenig zugänglich, als New ihn an der Schulter antippte und etwas zu sagen schien. Dann erhob er sich jedoch und ihre Blicke trafen sich für einen Moment, bevor Krist den Kontakt, ohne eine Regung zu zeigen, wieder unterbrach und sich daran machte den anderen hinaus zu folgen.

Singto nahm sich seine Sachen ebenso und schloss sich ihnen an.

Krist blieb auch die gesamte Fahrt zum Hotel über ruhig und schaute nur aus dem Seitenfenster ihres Kleinbusses.

Es war ein enormer Kontrast, zu der Person die er auf der Bühne dargestellt hatte.

Ob Krist wollte oder nicht, sobald sie zurück in ihrem Zimmer wären, würde er nachhaken was vorgefallen war. Was ihm so auf das Gemüt schlug.

Diesmal würde er sich nicht abwimmeln lassen.



Er konnte sich schon denken, das Krist ahnte, was er vorhatte, wich ihm dieser doch recht offensichtlich aus, sobald sie das Zimmer betraten, indem er sich zuerst ins Badezimmer verzog.

Aber Singto hatte Zeit. Und wenn er die ganze Nacht darauf warten würde müssen, dass Krist wieder herauskam.

Es war nicht die ganze Nacht, aber gut eine Dreiviertelstunde später, dass dieser sich wieder zeigte.

Jener hoffte wohl, dass er verschwunden wäre, verriet ihn das wenig erfreute Gesicht, das er bei seinem Anblick zog, doch ziemlich deutlich.

„Krist.", versuchte er es dennoch.

Dieser blieb unbeteiligt, während er seine Haare mit einem Handtuch trocknete und höchstwahrscheinlich nur vorgab etwas in seinem Koffer zu suchen.

Er trat näher an ihn heran und legte ihm eine Hand um das Handgelenk, um zu verdeutlichen, dass er nicht lockerlassen würde, mit seinem Vorhaben, wissen zu wollen, was los sei.

Krist blieb einen Augenblick reglos, bevor er sich der ihn umfassenden Hand etwas energischer entzog und erneut Abstand suchte.

„Krist...was ist passiert? Es ist offensichtlich, das etwas nicht in Ordnung ist." Dieser gab ein abfälliges Zischen von sich. Ein Hinweis, dass er sich wirklich gereizt fühlte.

Singto ignorierte es, trat wieder vor ihn und legte ihm die Hände auf die Schultern. Er spürte, wie sich Krist verspannte und dieser ihn partout nicht ansehen wollte.

„Vielleicht kann ich dir helfen, und wenn es nur damit ist dir zuzuhören. Hm?", versuchte er sein Glück, worauf er ein missmutiges Grollen erntete.

„Du kannst mir mit gar nichts helfen, verstanden!", fauchte dieser daraufhin, warf das Handtuch in einer aufgebrachten Weise zu Boden und rückte von ihm weg.

„Es ist meine Schuld...", hörte er ihn daraufhin verdrießlich murren, was Singto überfordert seine Augenbrauen zusammenziehen ließ.

Er hatte wirklich keine Ahnung, was Krist so in Rage versetzte.

„Was ist deine Schuld?" Das was Krist gerade noch an Abstand zwischen sie brachte, überwand dieser zornig und sein Gesicht zeigte den Schmerz, den er fühlte.

„Dass sie mich verlassen hat. Dass sie glaubt es wäre besser so.", wisperte er gebrochen und Singto hatte wirklich Mühe seine folgende Frage auch akustisch vorzubringen.

„Noy Na hat eure Beziehung beendet?" Krist gab ein unglückliches Jammern von sich und raufte sich grob seine Haare

„Warum ist es mir nicht eher aufgefallen? Ich habe so viel Zeit mit anderen Dingen verschwendet, anstatt mich um sie zu kümmern. Ich hätte bei ihr sein sollen, doch stattdessen bin ich dir nachgerannt. Als würden wir nicht eh schon jede verdammte Minute zusammenhängen!", gab er in einem bissigen Tonfall von sich und Singto ereilte eine Erkenntnis, die ihn sämtliche Kraft zu nehmen vermochte.

War er womöglich der Grund, dass Noy Na Krist gehen ließ?

Hatte sie herausgefunden, wie seine Gefühle zu ihrem Freund standen und konnte es nicht akzeptieren?

War sie es leid geworden, das Krist ständig mit ihm zusammen und unterwegs war?

Dass man sie als ein Paar darstellte, obwohl sie doch dessen eigentliche Freundin war?

Am Ende konnte sie es nicht mehr ertragen, dass ihre Beziehung im Hintergrund gehalten werden musste, wo er Krist in aller Öffentlichkeit so nahe sein durfte.

Und je intensiver er darüber nachdachte, umso elendiger fühlte er sich.

„Lass mich mit ihr reden. Vielleicht kann ich sie umstimmen. Ich..." Vielleicht konnte er noch etwas retten. Vielleicht würde sie ihm zuhören und er konnte ihr versichern, dass alles was ihn mit Krist verband tatsächlich nur Freundschaft war.

„Ich brauche deine Hilfe nicht!" Krist's aufgebrachte Antwort ließ ihn sprachlos zurück.

„Sie wird sich nicht umstimmen lassen...sie hat mich zu dir geschoben, als wäre es das logischste der Welt." Krist lachte bitter über diesen Umstand und griff ihn wirsch am Shirt „Du bist genauso schuld wie ich.", zischte dieser frustriert. „Du mit deiner vergebenden Art und dieser ständigen Einsicht. Dein ewiger Ehrgeiz macht mich so sauer! Dein verdammtes Charisma regt mich einfach auf. Warum musstest ausgerechnet du mein Partner werden?!"

„Krist, ich..." Singto würde ihm so gern diesen Schmerz nehmen, doch dieser zwang ihn aus heiterem Himmel in einen aggressiven Kuss, der ihn komplett überrumpelte.

Dann spürte er die Verzweiflung die dieser Geste innewohnte und es machte ihm das Herz so unsagbar schwer.

Es wäre so einfach, als Ventil für dessen Hilflosigkeit, gegenüber seinen Gefühlen zu Noy Na, zu dienen, doch auch sein Herz konnte und wollte keinen weiteren Fehler begehen.

Somit schob er Krist mit Nachdruck von sich und versuchte so gesammelt wie nur möglich zu erscheinen, damit dieser verstand, dass er es ernst meinte.

„Krist! Stopp!" Dieser schaute wenig angetan von dieser Aufforderung und versuchte seinen Trotz erneut durchzusetzen. Aber Singto stemmte beide Hände noch etwas fester gegen dessen Oberkörper, was auch Wirkung zeigte.

„Krist..." Er nahm einen sanfteren Ton an, als er ihn ansprach, während er ihm seine Hände an das Gesicht legte und ihn aufforderte ihn anzusehen.

„Ich weiß, wie sich ein geschundenes Herz anfühlt. Es tut weh und es macht einen angreifbar. Aber es wird auch besser. Selbst wenn es sich anfangs unmöglich anfühlt. Ich weiß, wovon ich rede." Er lächelte Krist verstehend an und streichelte sanft mit den Daumen über dessen erhitzte Wangen. „Ich weiß, dass es machbar ist, auch wenn es schwierig erscheint. Aber es ist auch in Ordnung zu trauern, nur nicht...auf diese Art." Er wünschte sich er könnte Krist seinem Kummer irgendwie abnehmen, aber das war ihm leider nicht möglich.

Es war ein Prozess den er für sich selbst herausfinden musste, was jedoch nicht bedeutete, dass er ihn vollkommen allein mit sich lassen würde.

„Wenn du mich brauchst, bin ich für dich da, versprochen." Es war wie ein Damm, der in Krist zu brechen schien, als sich auf dieses Versprechen die versteckten Tränen zeigten und er sich grob auf seine Unterlippe biss.

Er nickte kurz und Singto zog ihn trostspendend in seine Arme.


***


„Ich bin ein Idiot!" Mit einem ergebenen Raunen ließ sich Krist auf der Couch zur Seite kippen, wo ihn P'Gun den Arm tätschelte ohne ihm zu wiedersprechen.

Ein Monat war vergangen, seit seiner Aktion in diesem Hotelzimmer in Guangzhou.

Vier Wochen, in welchen er eine Menge nachgedacht hatte.

Warum er seinen Unmut nicht anders zum Ausdruck bringen konnte, als Singto zu beschuldigen und am Ende sogar gänzlich den Kopf zu verlieren und sich ihm aufzuzwingen.

Je länger er es sich vor Augen führte, umso lächerlicher fühlte er sich.

Singto versuchte ihm in dieser sensiblen Situation zu helfen, als er anbot mit Noy Na reden zu wollen. Doch nahm er nichts weiter wahr, als diese frustrierende Distanz zwischen ihnen.

Distanz, die er viel zu oft schon gespürt hatte, sich aber stets davon abzulenken wusste, indem er einfach eine andere Blickrichtung wählte.

Bis zu dem Tag, als Noy Na mit ihm Schluss machte, hatte er sich eingeredet, das auch der Blick in eine andere Richtung eine zufriedenstellende Aussicht bot.

Wenn auch mit etwas blasseren Farben.

Aber es reichte ihm aus.

Es war um Welten einfacher, als sich der Wahrheit zu stellen, die nach und nach zu seinem Fokus geworden war und die ihn regelrecht zu jagen begann, wann immer er versuchte vor ihr davonzurennen und sich hinter Noy Na zu verstecken.

Es war ebenso lächerlich, dass es am Ende pure Verzweiflung war, die ihn derart unüberlegt über diesen Abgrund springen ließ, den er zwischen sich und seine wahren Gefühlen erschaffen hatte.

Er war nicht komplett abgestürzt.

Noch lag er auf einem Vorsprung, der ihn sich seiner Wunden bewusst werden ließ. Etwas das er brauchte, um endlich zu verstehen, was er wirklich wollte.

Wen er wirklich wollte.

Erst dann war er auch im Stande gewesen zu überlegen, wie er nun am besten nach oben klettern konnte.

Und das hatte er vor.

Auch wenn es ihm Angst machte.

Singto hielt ihm nichts vor oder nahm ihm etwas übel, nach dieser blinden Aktion und es zeigte erneut, wie viel Geduld und Verständnis dieser doch stets für ihn parat hatte.

Es waren nicht nur diese beiden Eigenschaften, die Singto zu einem ganz besonderen Menschen für ihn machten. Dieser tröstete ihn schon so oft. Hörte ihm stets zu, wenn er sich über etwas aufregte oder überschwänglich freute. Er passte auf ihn auf. Wies ihn zurecht, wenn er drohte zu sehr aus der Reihe zu tanzen. Und für Wahr; er hatte diese Tendenz manchmal, als wäre er ein spielfreudiger Hundewelpe.

Krist stöhnte erneut über sein begriffsstutziges Verhalten der letzten Monate.

„Es hat wirklich länger gebraucht, als ich annahm.", meinte Gun schließlich und rückte sich noch etwas bequemer zurecht, auf seinem plüschigen Sitzmöbel.

Auf diesen Verweis, richtete sich Krist ruckartig wieder auf.

„Was meinst du damit?"

Gun schob sich etwas von dem Popcorn, aus der Schüssel in seinem Schoß, in den Mund und grinste.

„Sagen wir mal, dass deine Erkenntnis bei einigen von uns schon eher ankam.", erklärte er schließlich und warf Krist eines der Popcornteilchen entgegen.

Dieser schaute noch immer verdattert auf Gun's Worte. „Wenn es so offensichtlich gewesen ist, warum hast du nichts gesagt?" Gun rollte mit den Augen. „Was hätte es gebracht, außer dass du es abstreiten würdest? Du hast selbst eine Ewigkeit gebraucht zu kapieren, dass das was du für N'Sing empfindest mehr ist, als dicke Freundschaft und Showgebärden. Außerdem sollte man solche Dinge immer schön für sich selbst herausfinden."

Krist seufzte einsichtig und stopfte sich selbst etwas Popcorn in den Mund.

Er war wirklich blind gewesen, um nicht zu sagen, das er sämtliches Aufblitzen, eines unangebrachten Gedankens über P'Sing, routiniert ignorierte. Ihr gemeinsames Arbeiten war eine hervorragende Ausrede, warum er sich ab und an etwas irritiert in dessen Gegenwart fühlte. Jemandem ständig derart nahe sein zu müssen; da war es doch kein Wunder, wenn man emotional etwas durcheinander kam.

Er hatte sich ein wunderbar dichtes Fell aus Verleumdung angelegt, bis er die Hitze darunter selbst nicht mehr ertragen konnte.

Nicht einmal seine Eifersucht nahm er als solche wahr. Warum es ihn unsicher machte, als Singto sich zu gut mit P'Na zu verstehen schien. Warum er sich so merkwürdig aufgewühlt fühlte, als dieser meinte, sich ebenso eine Freundin suchen zu wollen. Warum ihn die Gegenwart von P'Chai, stets als ein Dorn im Auge vorkam. Er hatte es alles einfach mitgenommen, ohne es je tatsächlich zu hinterfragen, so versteift war er darauf, dass er sich einfach nur als Singto's Freund um ihn Gedanken machte.

Ihm irrational vorzuwerfen, dass er gleichfalls Schuld an dem Ende seiner Beziehung mit Noy Na trug, war ebenso ein Schutzverhalten gewesen. Einfach um nicht erkennen zu müssen, das er selbst derjenige gewesen war, der sich von ihr abgewendet hatte und die einzig richtige Entscheidung für sie darin bestand ihn loszulassen.

Am Ende, musste es für alle Drumherum schon ziemlich offensichtlich gewesen sein.

Noy Na war schon immer eine recht clevere Frau und letztendlich wohl auch der Meinung gewesen, dass er einen kräftigen Tritt benötigte, um die Augen endlich auf zu bekommen.

Es tat ihm immer noch leid, dass er sie mit seiner Ahnungslosigkeit so verletzt haben musste.

Trotzdem trennte sie sich nicht im Zorn von ihm, sondern gab ihm noch einmal einen Schubs, in dem sie meinte, er solle endlich ehrlich zu sich selbst sein.

Er hatte ihr wirklich so viel zu verdanken, dass er sich noch etwas mieser fühlte, da er sie in All das mit hineinzog.

Aber was machte er jetzt, mit dieser imposanten Erleuchtung, über seine Gefühle zu Singto?

Er konnte ja schlecht zu ihm gehen und sagen, dass er sich ab irgendeinem Punkt in ihrer Zusammenarbeit, in ihn verliebt habe.

Er konnte sich dessen Gesicht, auf solch ein albern klingendes Geständnis, recht gut vorstellen. Dieser würde es als einen seiner Scherze abtun und ihm einfach nur mit einem dieser erwachsen wirkenden Lächeln sagen, dass er ein Witzbold sei und es damit dabei belassen.

„Ich hab keine Ahnung, was ich jetzt tun soll." Krist fühlte sich durcheinander und hoffnungslos.

Was nützte es ihm endlich verstanden zu haben, was Singto ihm bedeutete, wenn er am Ende keine Chance bei ihm hatte.

Warum auch sollte Singto mehr wollen?

Er wusste ja selbst, dass er ein äußerst anstrengender Charakter war. Zeitweilen konnte er ziemlich kindisch und trotzig sein. Wie auch extrem eingeschnappt und aufbrausend.

Und je intensiver er darüber nachdachte, umso mehr verzog er sein Gesicht.

Er war wirklich ein spezieller Fall.

Dann war da auch immer noch die Sache mit Singto's angekratztem Herzen. Er hatte ihm gesagt, dass er wisse wie es sich anfühle. Was bedeuten konnte, dass dieser noch immer an jemandem hing und nicht gänzlich loslassen konnte oder wollte.

Eine ebenso knifflige Situation.

Dann wandte er sich wieder Gun zu.

„Wie...uhm...wie ist das mit dir und P'Off gelaufen?" Gun setzte eine nachdenkliche Miene auf, auf diese Frage.

„P' war zuerst etwas widerspenstig. Du kennst ja seine Art. Letztendlich habe ich es einfach drauf ankommen lassen. Es gab für mich nur zwei Optionen in dieser Sache. Entweder ich bekomm ihn weich oder ihm reicht es und er sagt mir, dass ich ihn in Ruhe lassen soll." Er lächelte sinnierend. „Wenn ich ehrlich bin, hatte ich wirklich damit gerechnet, dass er mir nen Korb verpasst. Ich fand jedoch heraus, dass ihm ein Gegenpol genauso gut tut wie mir. Wir ergänzen uns auf eine effektive Art und Weise. Ob nun im Job oder Privat. Und es ist enorm praktisch, dass wir uns nicht einmal großartig verstellen müssen, da jeder annimmt, dass wir einfach perfekt in unseren Rollen aufgehen."

Krist konnte es nachvollziehen. Offiziell waren er und Singto kein wirkliches Paar, sollten aber dennoch den Schein für die Fans erzeugen.

Er hatte nie ein Problem mit diesem Schein gehabt.

Zeitweilen genoss er es sogar richtig, auch wenn er sich einredete, dass es einfach nur am Reiz der Sache lag.

Er war wirklich ein Idiot gewesen.

Es mochte zwar damit angefangen haben, aber es hatte sich mehr und mehr gewandelt, umso länger er mit Singto zusammen war.

Er liebte dessen Aufmerksamkeit, dessen Führsorge. Ihn faszinierte zu erleben, wie dieser über sich hinauswuchs. Wie eisern er dafür arbeitete. Er bewunderte dessen Ehrgeiz und dessen Mut sich all diesen Dingen zu stellen, die für ihn komplettes Neuland darstellten. Und er war stolz, dass er ihn dabei begleiten konnte. Dass er der erste war der sah, wie dieser sich etwas Neues aneignete und es für sich verfeinerte. Singto hatte einen besonnenen Charme und manchmal einen lahmen Humor, der einen den Kopf schütteln ließ, man aber insgeheim genau deswegen doch schmunzeln musste.

Singto war ein wunderbarer Mensch, den er nicht wieder loslassen wollte.

„Vielleicht sollte ich es auch einfach darauf ankommen lassen.", meinte er mehr zu sich selbst, als an Gun gerichtet.

Er wollte es wenigstens versucht haben.


***


Doch wie immer waren solche Dinge leichter gesagt als getan.

Singto stellte sich, nicht wirklich unerwartet, als ein äußerst kompliziertes Ziel heraus.

Zuerst hatte er nichts weiter an ihrem alltäglichen Miteinander geändert, war er selbst schon zu verwöhnt davon, das Singto ihn in dieser Hinsicht ziemlich viel durchgehen ließ. Dann kam ihm der Gedanke, dass wohl genau das das eigentliche Problem war. Denn egal wie oft er auch mit Singto flirtete, dieser tat es als ihre übliche Routine ab und es brachte Krist keinen Schritt weiter.

Also beschloss er ihren Kontakt einzuschränken, es aber nicht so aussehen durfte, als würde er Singto mit einem Male meiden. Es war anstrengend, seine alten Gewohnheiten gegen Neue einzutauschen.

Aber er hatte schließlich auch ein Ziel vor Augen.

Dass seine Anstrengungen womöglich komplett ins Leere liefen, sollte er Singto irgendwann über seine Gefühle zu ihm aufklären, verdrängte er vehement. Wenn er sich jetzt schon demoralisierte, konnte er es auch gleich sein lassen.

Was nicht bedeutete, dass es ihm nicht ungemein schwer fiel es durchzuziehen. Es gab so viele Gelegenheiten, wo er beinahe aus einem angelernten Impuls heraus Singto auf den Leib gerückt wäre, dass er sich oft genug ziemlich geschafft fühlte, nach einem Tag in dessen Gegenwart.

Außerdem fühlte er sich nur noch angeschlagener, wenn er wieder einmal bemerkte, dass Singto seine Zurückhaltung entweder gar nicht mitbekam oder womöglich einfach nur froh darüber schien, dass er ihm endlich etwas Freiraum ließ, wenn sie zusammen waren.


I wanna be the reason for your smile (german)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt