Jonas #13

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Ich war heilfroh, dass ich nocheinmal hatte einschlafen können und gut geschlafen hatte. Ich hatte mir noch lange sein Gesicht vorgestellt, bis ich mit einem Lächeln auf den Lippen eingeschlafen bin. Ich hatte mich nicht umgezogen und habe dann heute morgen sofort geduscht, weil ich das Gefühl hatte sie würden vor Dreck und Schweiß an meinem Körper kleben. Heute war Mittwoch. Das war der Tag an dem Isaak so früh wie ich aus dem Haus musste, so dass er mich zur Schule gefahren hatte. Ich war pfeifend ausgestiegen und hatte mich grinsend von ihm verabschiedet. Gestern war ein Tag gewesen an dem ich mir sicher gewesen war, dass Corbin mich für den Rest meines Lebens links liegen lassen würde. Jetzt hatte ich irgendwie ein besseres Gefühl. Meine Laune war super gut und ich hatte das Gefühl, dass ich die ganze Welt umarmen könnte. Eine angenehme Aufregung breitete sich in meinem Bauch aus. Sie schwappte warm und prickelnd in meinem Magen hin und her. Jackson Browne spielte in meinem Kopf und ich sprintete quasi die Treppen hoch. Ich hatte sein niedliches Auto auf dem Parkplatz gesehen. Er war da. Ich wusste nicht, ob Chris heute kommen wollte. Er hatte gestern ganz schön viel einstecken müssen und war auch noch kindisch eifersüchtig auf mich, dass ich nicht sofort zu ihm gerannt war und mich bloß um ihn gekümmert hatte. Selbst wenn er da wäre, wir würden wahrscheinlich sowieso kein Wort wechseln. Ich war schon fast am Klassenzimmer, als ich sah wie Gina Corbin einen Kuss auf die Wange hauchte. Sie tippelte in ihren Ballerinas zu ihren Freunden und Corbin steckte etwas ein. Mir fiel auf wie gut es aussah, wenn er neben einem Mädchen stand. Es sah richtig aus. Als wäre da noch Platz für so jemanden wie mich. Ein bitterer Geschmack breitete sich in meinem Mund aus. Ich beobachtete wie er sich an die Wand lehnte, die Kopfhörer in seinen Ohren versenkte und seine Augen schloss. Er trug eine hellgrüne verwaschene leichte Sweatshirtjacke, eine Baggy die so verwaschen war, dass man das hellblau bloß noch erahnen konnte und deren Knie schon durchgewetzt waren und schwarze Chucks. Ich versuchte so gelassen wie möglich an ihm vorbeizuschlendern, wobei ich es mir nicht nehmen ließ ihn aus dem Augenwinkel zu betrachten. Von Nahem... Endlich. Ich hatte so lange immer bloß von Weitem sein Gesicht betrachtet und mich gefragt wie schön es von Nahem sein musste, wenn es von Weitem schon so schön war. Mein Blick fiel auf sein Oberteil, das er unter der Jacke trug. Es war ein Trikot. Ein Seirin 10 Trikot!!! Ein Trikot von Kagami Taiga aus meinem lieblings Anime. Mir stockte der Atem. Er sah Anime und hatte dieselbe lieblings Person wie ich. Wärme breitete sich in meinem Bauch aus. Ich lächelte leicht und setzte mich in einiger Entfernung auf den Boden. Ich hatte schon immer das Trikot haben wollen, hatte es aber nie gefunden und jetzt hatte er es. Konnte man das nicht als Zeichen deuten? Ich lehnte meinen Kopf zurück und schloss meine Augen. Zeichen waren Aberglaube. Wenn man damit anfing könnte man ja in alles irgendetwas hineininterpretieren...

•••••

Ich packte meine Schulsachen zusammen und sah kurz auf die Uhr, die neben der Tafel hing.

17:15

Schule aus. Ich stand auf. Gina hatte sich gleich in der ersten Stunde neben Corbin gesetzt und ihn dir ganze Zeit angepiekst und versucht in ein Gespräch zu verwickeln. Neben mir hatte Carolin gesessen. Sie war eigentlich wirklich hübsch. Ihre braunen Haare, die sie immer zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden hatte, glänzten rötlich und sie musste ihre Nerdbrille auf ihrem Nasenrücken immer wieder hochschieben. Hinter ihren Gläsern glitzerten zwei braune Augen, die neugierig ihre Umgebung musterten. Sie war ein bisschen kleiner als ich und trug immer Latzhosen über T-Shirts und Pullover, die schon recht abgetragen aussahen.

Ich sah ihr hinterher wie sie aus dem Klassenzimmer ging. Ich hätte sie gerne zu einem Kaffee eingeladen, einfach um sie mal kennenzulernen, aber da fiel die Türe hinter ihr auch schon ins Schloss. Vielleicht mal ein ander Mal.

Ich warf mir meinen Rucksack auf den Rücken und streifte meine Kopfhörer über meinen Kopf. Ich hatte keine List nach Hause zu gehen. Ich schlug als ich zum Schultor hinaus war die entgegengesetzte Richtung als zur WG ein und lief in Richtung Stadtmitte. Ich hätte auch mit der Bahn fahren können. Aber mir war nach Laufen zumute. Nach so viel sitzen in Unterricht konnte das nicht schaden. Ich schrieb eine kurze SMS an Francesco damit sich niemand Sorgen machte und lief automatisch zu meinem lieblings Café. Mein Unterbewusstsein hatte echt gute Ideen. Ich setzte mich auf meinen lieblings Platz. Eine Art Bar mit lederbezogenen Barhockern, von der man auf die Straße sehen konnte und das Lokal im Rücken hatte. Die Bedienung nahm meine Bestellung entgegen. Ich packte mein Buch aus meinem Rucksack. Eine wie Alaska. Genau das brauchte ich jetzt. Ein schönes Lied, ein gutes Buch und einen Latte Macchiato mit Haselnussarmoa. Oder ein langes philosophisches Gespräch. Aber mit wem? Kian hatte dafür noch nie einen Sinn gehabt und die beiden anderen vergaßen unter ihrem Studium wie schön das Leben doch mit einem schönen langen Gespräch sein konnte. Und Corbin würde es niemals mit mir machen, egal ob er einen Sinn dafür und Zeit hätte. Ich beugte mich über das Buch. Ich wollte mit den vielen Worten von John Green die Gedanken aus meinem Kopf verbannen.

Oh, my life...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt