Corbin #16

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Die Klingel ging und ich eilte mit ein paar Platten auf dem Arm, von der letzten Lieferung in den Raum, um sie da einzusortieren wo sie hin gehörten. Als ich sah wer rein gekommen war freute ich mich. Es war Kian. Wir waren nach einem Basketballspiel ins Gespräch gekommen und ich hatte ihm von dem Laden hier erzählt. Er war nett und interessiert, auch wenn seine Witze grauenhaft waren und er gewöhnungsbedürftige Meinungen vertrat. Als ich zum Tresen ging strich mir Miss Marple, die Katze der Stüber um die Beine und schnurrte. Ich weiß nicht woran es lag, aber irgendwie mochten mich alle Katzen. Ich drehte mich wieder zu Kian. "Cappuccino oder Latte Macchiato?" Ich sah eine Bewegung aus dem Augenwinkel. Ich drehte meinen Kopf. Dieser Junge... Das... Ich erstarrte mitten in der Bewegung. Auch er sah mich an als hätte er einen Geist gesehen. Konnte man von Nikotinentzug halluzinieren? Hätte mich jemand gefragt, wie ich reagieren würde, wenn er hier einfach auftauchte, hätte ich wahrscheinlich überrascht gesagt. Jetzt war ich aber einfach bloß wütend. Wieso verfolgte mich dieser Typ? Wieso musste er gerade am Donnerstag genau zur dieser Uhrzeit hierher kommen? Gerade hierher, wo ich eigentlich meinen Kopf hatte frei bekommen wollen. Frei bekommen von ihm. Das Problem war jetzt war erda und ich konnte mich nicht mehr konzentrieren. Ich warf ihm einen verächtlichen Blick zu. Er sah verletzt auf eine Schallplatte von The Doors als sei ich gar nicht da. Sollte mir recht sein. Wenn er sich nicht an mich hängte, könnte ich ihn auch einfach ignorieren. Ganz einfach. Kian sah betreten zu Boden. Wusste er von dem zwischen Jonas und mir? Von dem Kuss? Der Nummer? Aber wieso machte ich mir überhaupt einen Kopf? Selbst wenn er es wüsste, es hatte keine Bedeutung. Es war als hätte mir ein Tischbein einen Kuss verpasst. Vollkommen bedeutungslos. Eine kleine gehässige Stimme in meinem Kopf warf etwas ein. Wieso bekommst du dann jetzt noch Herzklopfen, wenn du an den Kuss denkst, wenn er angeblich bedeutungslos war? Ich ignorierte sie einfach. Sie labberte immer bloß so Zeug, das total schwachsinnig war. "Capucciono.", sagte Kian immer noch unentschlossen. Ich war froh, dass er mir etwas zu tun gab. Ich drehte mich um und stellte die Tasse unter die Kaffeemaschine. Mein Kopf ratterte weiter. Der Teil, der diesem Deppen eine scheuern wollte, weil er sich in jeden noch so kleinen Winkel, meiner Privatsphäre einnistete versuchte den Teil zu überzeugen, der zu ihm wollte und ihn selbst in meinem kleinen Leben herumführen wollte. Ich wusste aber schon längst auf welcher Seite ich stand. Ich hatte mich schon längst entschieden. Ich würde diesem Typen weder eine Chance einräumen noch ihn sonst irgendwie an mich ranlassen. Alles was ich mir geschaffen hatte, würde in Gefahr kommen, wenn er sich einmischte. Ich konnte ihn nicht gebrauchen. Ich stellte die Tasse vor Kian und dazu einen Zuckerstreuer. Ich wollte Jonas einfach ignorieren, der wieder begonnen hatte, Platten durchzusehen. Das Problem war nur, dass dieser Entschluss irgendwie nicht zu meinen Augen gelangten. Denn sie hingen an ihm, beobachteten ihn. Sahen welche Platten er länger ansah, eines zweiten Blickes würdigte oder einfach achtlos links liegen ließ. Er hatte einen guten Geschmack. Und das ärgerte mich. Es war als könne ich die Sänger und Bands, die er mochte nicht mehr hören, ohne an ihn zu denken. Und ich wollte verdammt nochmal nicht an ihn denken!!

"Wie läuft's mit dem Studium?", fragte ich Kian. Er nickte und nippte an seiner Tasse. "Ganz gut. Bisschen stressig." Ich hörte ihm bloß mit halbem Ohr zu. Ich verfluchte mich. Was war mit mir los? Was sollte dieser ganze Scheiß? Ich hatte das Gefühl, dass ich an nichts mehr denken konnte, ohne dass er meinen Kopf kreuzte. Was war das? Aber besonders, wie konnte man dagegen vorgehen? Bald würde ich verrückt werden. Das wusste ich. Dann säß ich sabbernd in der Klapse. Aber dann musste ich ihn wenigstens nicht jeden Tag sehen. Mir wurde schwindelig. Ich hielt mich an dem glatten Holz fest. Es fühlte sich wie ein Handschmeichler an."Ist alles in Ordnung?", fragte Kian alarmiert. "Du bist ganz blass." Ich sah wie Jonas den Kopf zu uns drehte. Ich war ihm nicht egal. Und das brachte mich zum Kochen. Ich wollte zu ihm gehen, ihn schütteln und anschreien, dass er sich verdammt nochmal jemand suchen, sollte der ihn würdigen konnte. Er hatte ein viel zu gutes Herz. Wenn ich mich auf ihn einlassen würde, wüsste ich immer, dass ich zu schlecht für ihn wäre. Halt!! Was redete ich da? "Wenn ich mich auf ihn einlassen würde"? Ich wollte mich ohrfeigen. Was dachte ich denn da? Ich nickte und nahm meine Hand von dem Holz. "Jaja. Es ist alles okay..." Kian sah mich immer noch kritisch an. Er glaubte mir nicht. Doch er schwieg. Sollte mir recht sein. Er musste sich hier nicht als Psychologe fühlen. Ich kam gut alleine klar. "Zieh doch deine Jacke aus.", lenkte ich vom Thema ab. "So kommt es einem ja vor, als seist du auf der Flucht." Er lächelte und zog tatsächlich seinen Anorak aus. Wie schnell sich Menschen täuschen ließen. Man konnte ihnen alles vorlügen. Man musste bloß nett lächeln und sie glaubten dir alles. Wie naiv. Und wie simpel. Einfach sein schlechtes Gewissen mit ein paar besorgten Fragen beruhigen und hoffen, dass der andere einen nicht anfing vollzujammern. Ich biss die Zähne zusammen. So viel zum Thema "Positives Denken". Mir war schlecht und mein Magen rumorte. Ich hatte heute noch nichts gegessen. Mein Kopf würde bald noch anfangen zu rauchen und dann explodieren. Sollte er doch. War mir egal. Dann wäre diese ganze Scheiße vorbei und ich hätte endlich meine Ruhe...

Oh, my life...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt