Corbin #13

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Ich hasse mich.

Ich hasse mich!

Ich hasse mich!

Ich hasse mich!!!

Ich band die Schürze ab, streifte sie mir über den Kopf und warf sie in eine Ecke der Küche. Wieso war ich so unfähig? Ich sah auf die Trümmer des Kuchens. Ich wollte auf irgendetwas einschlagen. Losschreien. Was war das für ein Scheiß? Ich hatte es hinbekommen mich zu entspannen, indem ich einen Kuchen backte (Ja!! Ich kam mir dabei total idiotisch vor. Immer den Coolen raushängen lassen und in seiner Freizeit backen. Was war das?) und jetzt könnte ich mir wieder glatt das Gesicht zerkratzen, weil jetzt alles für die Katz war. Ich hätte den Kuchen zwar nicht gegessen, aber ich hatte ihn meinen Kollegen aus der Bar mitbringen können. Oder wegwerfen. Was weiß ich... Aber so hatte ich es nicht haben wollen. Den Küchenboden voller Krümel und der Schokoladenfüllung. Super, Corbin! Ganz toll gemacht.

So eine verdammte scheiße. Ich schnappte mir einen Lumpen und kniete mich neben die Leiche des Kuchens. Sein Geruch stieg mir in die Nase. Er war perfekt gewesen. Das erste Mal, dass ich es hinbekommen hatte, dass die Schokoladenfüllung nicht rausfloss und die Tunnel in denen sie sich befand auch nicht eingestürzt waren. Das aller erste verdammte Mal. Und genau heute hatte ich mir meinen Handrücken am Ofen verbrennen müssen. Und wieso in Teufels Namen ließ man dann instinktiv los? Wofür diente dieser Reflex?

Andere hätten es wahrscheinlich hinbekommen ihn noch zu retten, ich aber nicht. Ich hatte keine Lust, keine Zeit und nicht den geringsten Schimmer einer Idee, wie man das wieder hinbiegen sollte. Ich hätte Muffins machen sollen. Dann wären vielleicht wenigstens noch ein paar ansehnlich und zu retten gewesen. So war aber der ganze Kuchen im Eimer. Ich warf die Stücke in den Müll und fuhr nochmal nass über den Küchenboden. So ein Pech. Und dafür war ich vorher nach der Schule extra nochmal einkaufen. Wofür? Dass ich alles verkacken konnte, Strom für den Ofen verschwendete und dann alles wegwarf. Ich sah auf die Uhr. Ich musste los zur Arbeit. Wieso ging die Schule so lange? Ich war erst um Viertel nach sechs zu Hause gewesen. In der Zeit un der der Kuchen im Ofen gewesen war, hatte ich Hausaufgaben gemacht und gelernt und jetzt musste ich direkt los, nachdem ich den Kuchen verschandelt hatte. Ganz toll. Ich seufzte und warf das Wischtuch in die Spüle. Ich sprang die Treppe herunter und schnappte mir meine Schlüssel. Hinter mir fiel die Türe ins Schloss und ich setzte mich hinters Steuer. Ich stellte Gregory Porter ein, dessen Musik es immer hinbekam mich ein wenig zu beruhigen. Ich würgte drei Mal nacheinander das Auto ab. Ich schlug mit der Faust gegen das Lenkrad. Der Schmerz fuhr mir durch den Arm in meine Schulter. Ich hatte Lust loszuheulen. Stattdessen trat ich gegen das Kunststoff über dem Gaspedal. Ich steckte mir einen Kaugummi zwischen die Zähne und versuchte runter zukommen. Ich hätte mir gerade so gerne wehgetan. Aber das musste bis heute Abend warten. Als ich diesmal das Auto versuchte zu starten bekam ich es hin. Ich atmete tief durch und fuhr los.

•••••

Als Krönung dieses einwandfrei beschissenen Tages fand ich auch noch nicht einmal einen Parkplatz in der Nähe des Pubs, so dass ich zu spät kam. Eine Viertelstunde.

Okay. Für einen noch beschisseneren Tag hätte gefehlt, dass die gesamte Schule wieder anfing auf mir rumzuhacken. Aber dafür gab es bloß ein paar merkwürdige Seitenblicke. Ob das daran lag, dass ich mich in der Hackordnung hochgearbeitet hatte? Oder einfach bloß daran, dass es nur ein Kuss gewesen ist? Ich wusste es nicht. Ich fragte mich sowieso die meiste Zeit eher, wie es Jonas ging. Während ich mit meinen Kumpeln abhing, Chris war heute nicht in die Schule gekommen, weswegen er sie mir noch nicht an den Hals hatte hetzen können, saß er auf einer Bank und las ein Buch. Hatte er dumme Kommentare über sich ergehen lassen müssen? Meine Sorge um ihn, ärgerte mich. Der Junge war nicht mein Gebiet. Sollte sich doch sein bekloppter Bruder und die Brillenschlange um in kümmern. Ich schob das ganze Nachdenken über ihn darauf, dass ich es niemand gönnte durch die Hölle gehen zu müssen, wegen eines kleinen Gerüchts, weswegen dir die ganze Schule im Rücken saß und dich fertig machte und sogar die Lehrer einen verächtlich, wie einen Schwerverbrecher ansahen.

Zum Glück konnte ich mir nicht noch weiter den Kopf zerbrechen, weil mich die Musik und die Wärme der Bar umfingen. Mein Kollege, Dylan, winkte mich schnell rein und raunte mir zu, dass unser Boss nichts bemerkt hatte. Ich hatte nicht viel mit Dylan zu tun, aber wenn es um so etwas ging, war er zuverlässig. Das schätzte ich an ihm. Vielleicht sollte ich mit ihm einfach mal einen Kaffee trinken gehen und ihm von dieser ganzen Scheiße mit Jonas und mir erzählen, weil sie mich doch so viel mehr stresste, als es sein durfte. Ich traute ihm zu, dass er ein Geheimnis bewahren konnte. Aber ich verwarf den Gedanken sofort wieder. Selbst die Treuherzigsten konnten so etwas ausplaudern, unter den gegebenen Bedingungen, selbst wenn sie es im Nachhinein bereuten. Ich durfte niemandem meine Gefühle in die Hand geben, weil Menschen es nunmal so an sich haben, diese Macht zu missbrauchen. Und erst recht durfte niemand in meinen Kopf sehen. Dann würde ich halt weiterhin abends mit meinem Kater auf dem Sofa sitzen, ihn kraulen und volljammern. Es würde zwar nicht mehr kommen als ein Maunzen, wenn er genug von mir hatte oder sogar ein Fauchen, wenn er einen ganz schlechten Tag hatte, aber er konnte wenigstens nichts verbreiten.

Denn Gerüchte und Halbwahrheiten waren schon genug für zwei Leben über mich verbreitet worden.

Oh, my life...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt