#18 New York

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,,Ich kann es immer noch nicht glauben, dass er tot ist", sagte Rose nachdenklich. Sie saß auf der Treppe in der Tardis und klammerte sich an einer Tasse Tee fest.
,,So steht es in den Geschichtsbüchern", antwortete Sherlock kühl.
,,Geschichte kann sich verändern", argumentierte Rose.
,,Die Zeit findet immer einen Weg", mischte sich schließlich auch der Doctor ein. ,,Vielleicht wäre er bald an einer Krankheit gestorben oder er wäre ermordet worden. Es gibt so viele Möglichkeiten."
Die drei schwiegen eine ganze Weile und dachten nach.
,,Vielleicht war es doch keine so gute Idee hier zu bleiben", seufzte der Doctor schließlich. ,,Aber jetzt haben wir einmal angefangen und wir bringen das zu Ende. Mr. Holmes, wo müssen wir hin?"
Sherlock schaute den Doctor mit einem Mal ganz aufmerksam an.

Es klopfte plötzlich an der Tür der Tardis. Sherlocks Blick wanderte zu eben dieser.
,,Entschuldigung?", kam es gedämpft von draußen. ,,Was machen Sie da drin und wie lange bleiben Sie noch dort?"
,,Lance", stellte Sherlock trocken fest.
,,Stimmt, den hatte ich schon völlig vergessen. Wir lassen ihn aber nicht rein, oder?", fragte Rose skeptisch. Der Doctor überlegte krampfhaft.
,,Dematerialisieren können wir jetzt nicht, er würde es sehen. Er wartet jetzt aber auch schon eine ganze Weile draußen, ich glaube nicht, dass er noch weggehen wird, also..."
,,Nein Doctor, bitte nicht. Ich mag ihn einfach nicht. Er hat so einen... wechselhaften Charakter."
,,Wir locken ihn weg", trug Sherlock bei.
,,Hallo?", kam es wieder von draußen.
Der Doctor seufzte und ging nach draußen.

____

Wenig später kam er wieder rein gerannt und drückte hektische auf den Knöpfen der Steuerung herum. Rose und Sherlock beobachteten ihn erstaunt.
,,Wir haben nicht viel Zeit, ich habe ihn nur kurz abgelenkt", erklärte er.
Nur wenige Sekunden später keuchte die Tardis auf und dematerialisierte.
,,Wo geht's hin?", fragte Rose. Eine Mischung aus Enttäuschung und Aufgebrachtheit machte sich auf Sherlocks Gesicht breit.
,,Ich weiß noch ni-" Der Doctor wurde grob von Sherlock unterbrochen. ,,USA."
,,USA?", fragten der Doctor und Rose gleichzeitig.
,,Ja."
,,Na gut, der Wunsch des Gastes ist mir Befehl", sagte der Doctor und drückte dabei wieder auf den Knöpfen herum und zog an den Hebeln.

,,Willkommen in New York im...." Er griff sich eine Zeitung, die auf einer Parkbank lag. ,,...frühen 20. Jahrhundert."
,,1902 ist gut", kommentierte Sherlock, der über die Schulter des Doctors auf die Zeitung sah.
,,Gut für was?", fragte Rose.
,,Um einen alten Bekannten zu treffen", rief Sherlock, ohne sich umzudrehen, während er wegging, den Weg entlang. Der in Mondlicht getauchte Park war menschenleer und man konnte nur in der Ferne das Licht von ein paar Gaslaternen erkennen, die am Straßenrand standen.

____

,,Was ist das?", fragte Rose, als die drei in einer engen, dunklen Gasse standen und eine Treppe hinunter sahen, deren Stufen man eher als wackelige Steinbrocken identifiziert hätte, wäre an der Mauer daneben kein Geländer gewesen.

,,Manche Verdächtigen mussten untertauchen", erklärte Sherlock. ,,Und dass das gerade hier ist, dafür kann ich bin wirklich nichts", fügte er zickig hinzu.
Rose stöhnte genervt. ,,Verdächtige? Sie geben niemals auf oder?"
,,Veni, vedi, vici. Ich kam, ich sah, ich nutzte die Gelegenheit."
,,Na schön", seufzte Rose und ging vorraus, die Treppe herunter, machte die alte Holztür auf und verschwand in der Dunkelheit.

,,Es ist stockdunkel", rief Rose von unten nach draußen.
Sherlock folgte ihr und machte, ohne etwas zu sagen, sein Handy an und leuchtete damit den Weg.
,,Sie können nicht 1902 mit einem Handy in der Hand herumlaufen", bemerkte der Doctor sauer, als er nun auch die Treppe hinunter kam.
,,Es wird mich keiner sehen, der etwas damit anfangen könnte", zickte Sherlock zurück.
,,Lance ist nicht der einzige, der hier launenhaft ist", grinste Rose sarkastisch.
Sherlock hustete kurz, unterdrückte es aber schnell wieder. ,,Halten Sie sich da raus", sagte er dann mit einer rauen Stimme.
,,Machen Sie einfach das Handy aus", ermahnte ihn der Doctor.

Das Licht erlosch und sie befanden sich wieder im Finstern.
,,Danke", sagte der Doctor, nun wieder etwas friedlicher. ,,Also, wen suchen wir?"
Es war still in der Dunkelheit und man konnte kaum seine eigene Hand vor Augen sehen, geschweige denn eine andere Person.
,,Kommen Sie, spielen Sie jetzt nicht den Eingeschnappten."
,,Sherlock?", fragte Rose in die Finsternis. Sie schrie vor Schreck auf. ,,Sie haben mich erschreckt!", rief sie dem Doctor zu, der sie am Arm gepackt hatte.
,,'Tschuldigung", nuschelte er. ,,Können Sie Sherlock sehen?"
,,Ich kann gar nichts sehen, nicht mal Ihre Hand an meinem Arm."
Der Doctor nahm sie wieder weg. ,,Dann müssen wir ihn jetzt suchen." Er nahm seinen Schallschraubenzieher aus seiner Manteltasche und beleuchtete damit den Weg. Er tauchte die Backsteinmauern des Schmalen Ganges in ein merkwürdig fahles Licht und es machte sich eine unbehagliche Stimmung breit. Die beiden gingen den Weg weiter entlang.

,,Der Schraubenzieher ist wohl keine zu fortschrittliche Technologie?", fragte Rose sarkastisch.
,,Wissen Sie noch, als wir 1941 in London waren?"
,,Wie könnte ich den kleinen Jamie mit der Gasmaske vergessen?", antwortete Rose nachdenklich.
,,Der Schallschraubenzieher tarnt sich, im Gegensatz zu einem Handy."
,,Wieder als eine Banane?", lächelte Rose.
,,Nein, als eine Gaslaterne."

Sie gingen noch eine weitere gefühlte Ewigkeit einfach schweigend nebeneinander her.

,,Das gibt's doch nicht. Irgendwann muss doch dieser blöde Gang zu Ende sein. Und Sherlock ist immer noch verschwunden."
,,Sehen Sie mal, Rose, da vorne ist endlich eine Tür", antwortete der Doctor erleichtert.

Sie war abgeschlossen und der Doctor konnte sie mit dem Schallschraubenzieher nicht öffnen, da sie auch aus Holz war. Mit etwas Gewalt konnten sie die beiden aber aufreißen. Hinter ihr befand sich ein Raum, dessen Boden und Mauern aus natürlichem Fels bestanden. Er wurde durch eine Gaslampe beleuchtet. In der Mitte des Raumes stand ein Holztisch und ein Stuhl, der ebenfalls aus Holz bestand. Die beiden gingen in den Raum hinein und schauten sich weiter um. An der Wand war ein altes Bild von einem Mann, der vor einem Kamin stand. In der Hand hielt er ein Buch, dessen Aufschrift ,,Via Dei Medicine" war. Plötzlich hörten die beiden ein leises Stönen und ein Husten. Sie drehten sich um und erblickten hinter dem Tisch eine auf dem Boden sitzende Gestalt. Rose reagierte sofort und rannte zu der Stelle.

,,Oh mein Gott, geht es Ihnen gut? Was hat er mit Ihnen gemacht?" Sie zog den Lockenkopf auf die Beine. ,,Moment mal, ist das... Gras?", fuhr sie ihn wütend an.
,,Bleiben Sie ganz ruhig. Mir geht es gut", säuselte Sherlock.
,,ICH soll ruhig bleiben? Sie diskutieren erst herum, verschwinden dann einfach und jetzt finden wir Sie hier high auf dem Boden sitzen. Und ich soll ruhig bleiben?!" Rose atmete schwer aus und lachte kurz. ,,Wie sind Sie überhaupt hier her gekommen?"
Sherlock reagierte nur mit einem Augenrollen. ,,Ich habe Francis J Tumblety getroffen."
,,Den Verdächtigen?", fragte Rose.
,,Er ist unschuldig. Hat viel zu viel Angst vor der Polizei, als dass er einen Mord begehen würde", erklärte Sherlock.
Rose starrte Sherlock an. ,,Und der hat Ihnen Gras gegeben?"
,,Wo ist er jetzt?", fragte der Doctor.
,,Ist in einem der Seitengänge verschwunden."
,,Wir haben beim Herkommen keine gesehen", bemerkte Rose.
,,Versteckt", erwiderte Sherlock einsilbig.
,,Dann gehen wir jetzt wieder?", fragte Rose.
,,Können wir."

Die drei gingen den Gang wieder zurück. Als sie den Ausgang endlich erreicht hatten, öffneten sie die Tür und ihnen kam wieder die ihnen bekannte Gasse entgegen. Jetzt war sie allerdings schon von Mond beleuchtet und sie fanden mit Leichtem den Weg zur Tardis.

,,Haben Sie etwas zu trinken da?", fragte Sherlock.
,,Suchen Sie in der Küche. Den Gang geradeaus, links, wieder links und dann die zweite Tür rechts." Der Doctor deutete die Treppe hinauf und Sherlock folgte seiner Anweisung.
,,Was machen wir nur mit ihm?", seufzte Rose.
,,Er ist ein guter Mensch und er ist erwachsen. Er muss selbst wissen, was gut und was schlecht für ihn ist."
,,Das kann er ja offensichtlich nicht."

Sherlock kam in diesem Moment wieder, in der einen Hand ein Wasserglas, in der anderen sein Handy, auf das er starrte. Er hustete und trank darauf einen Schluck von dem Wasser.
,,Tja, vom Kiffen bekommt man einen trockenen Mund, was?", kommentierte Rose schadenfreudig.
,,Warten Sie, ich kann Ihnen hier ein Mobilfunknetz geben." Der Doctor schallschraubte Sherlocks Handy und man konnte ein minimales zucken in Sherlocks Mundwinkeln erkennen.
,,Gern geschehen."
Sherlock sah den Doctor verständnislos an. ,,Sie haben Glück, dass ich die Mobilfunkrechnung nicht zahle."
Was für ein Arschloch, dachte Rose.
,,Also wieder zurück: Diesmal London, 1889", sagte der Doctor und die Tardis setzte sich wieder in Bewegung.

WHOLOCK | 𝕵𝖆𝖈𝖐 𝖙𝖍𝖊 𝕽𝖎𝖕𝖕𝖊𝖗 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt