Kapitel 3

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Yoongi hatte keine Ahnung gehabt, dass seine Suspendierung ihn dazu zwingen würde, sich langweilige Filme im Internet anzusehen und die ganze Zeit schwarzen Kaffee trinken müssen, um nicht vor Langeweile einzuschlafen.

Yoongi war es gewohnt gewesen, quasi an jedem Tag der Woche zu arbeiten, manchmal hatte er sogar Nächte durchgemacht und ohne Pause vierundzwanzig Stunden am Stück an einem Fall gerätselt.

Er spürte förmlich, wie sein Gehirn aufgrund der Unterforderung verkümmerte.

Das Klingeln seines Handys ließ ihn aufspringen.

Seokjin-hyung ruft an

Yoongi stöhnte. Es gab nur zwei Gründe, weshalb er anrufen sollte. Erstens: Namjoon ging nicht an sein Handy und Seokjin wollte, dass er nachhause kam, oder: Er hatte etwas aufgeschnappt und musste unbedingt die Wahrheit erfahren.

Yoongi befreite sich leicht aus der Sofadecke und setzte sich auf, stellte den Fernseher etwas leiser, bevor er den Anruf annahm.

"Yoongi!"

Er bereute bereits jetzt, Seokjin nicht einfach wegedrückt zu haben.

"Was willst du, Seokjin?", fragte er grummelnd.

"Sei' nicht so gemein.", erwiderte Seokjin und lachte dann kurz. "Ich habe von deiner Suspendierung gehört."

Yoongi wollte ein frustriertes Stöhnen von sich geben. Natürlich musste Namjoon unbedingt seinem Mate von dieser Sache erzählen. Wie auf Knopfdruck war seine ohnehin schon miese Laune nun völlig im Keller gelandet.

"Ist das so.", brummte er genervt.

"Mhm.", summte Seokjin. "Er hat mir auch gesagt, du hast einen kleinen, süßen, neuen Partner."

Jetzt ließ Yoongi das Stöhnen wirklich los. Er hatte es geschafft, den Gedanken an Jimin für mehr als drei Tage zu verbannen und jetzt musste ihn Seokjin daran erinnern. Das war typisch für ihn und er fragte sich, warum er das hatte nicht kommen sehen.

"Jaa...", er zog seine Antwort unnatürlich lang, damit sein Zuhörer merkte, dass er darüber nicht sprechen wollte.

"Oh, Yoongi, Namjoon hat mir alles erzählt."

Oh nein. Anhand Seokjin's Tonfall bemerkte er, dass jetzt eine Standpauke kommen musste. Innerlich bereitete er sich bereits auf den Vulkanausbruch vor, denn Seokjin gleich lostreten würde.

"Du hast Jimin, einen Omega, zum Weinen gebracht?", schrie der Ältere ins Telefon und bewirkte damit, dass Yoongi's Ohr fast abflog.

Er antwortete nicht, aber Seokjin ließ ihm dazu sowieso keine Zeit.

"Was bist du für ein widerlicher Dreckssack, Min Yoongi?", giftete der Ältere.

Ja, er war definitiv wütend. Seokjin war eigentlich immer gefasst und ruhig, selbst, wenn er jemanden zurechtwies und selten gab es Momente, in denen er seine Wut wirklich zeigte. Und wenn er es tat, so wie jetzt, war er einfach nur noch gruselig.

"Wie kannst du es wagen? Du kennst ihn doch nicht mal!"

Seokjin's Worte waren giftgetränkt und obwohl Yoongi den Älteren nicht sehen konnte, sah er dessen Gesichtsausdruck genau vor sich. Trotz der Tatsache, dass Seokjin ein Omega war, fühlte Yoongi sich jedes Mal von ihm eingeschüchtert. Es gab selten Omegas, die dermaßen Autoritär wirken konnten.

"Ich fasse es nicht!"

Damit war sein Wutausbruch vorbei und Yoongi hörte nur noch das Schnaufen seines Freundes. Er wollte seufzen, ließ es aber lieber. Er wollte keinen neuen Aufstand anzetteln.

"Yoongi, was genau hat der Junge dir getan?", fragte Seokjin.

"Er hat nichts getan. Aber ich werde nicht mit jemanden zusammenarbeiten, erst recht nicht mit einem Omega.", stellte Yoongi klar.

Seokjin schnaufte frustriert und für ein paar Sekunden war es still.

"Diese Einstellung bringt dich noch um.", meinte der Ältere dann.

Yoongi wollte eine flapsige Antwort geben, aber im letzten Moment ließ er es doch lieber bleiben. Mit Seokjin zu diskutieren tat weh, besonders wenn man feststellte, dass er eigentlich recht hatte, und dazu wollte er es auf gar keinen Fall erst kommen lassen.

"Kannst du es wenigstens versuchen? Nett zu sein, meine ich?", fragte der Ältere mit angesäuerter Stimme.

Yoongi rollte die Augen und war froh, dass Seokjin es nicht sehen konnte. Er umklammerte sein Handy fester, als er zu seiner Antwort ansetzte.

"Warum interessiert dich das so?"

Er konnte förmlich riechen, dass Seokjin seine Gegenfrage als unhöflich empfand, aber der Ältere sagte nichts. Stattdessen:

"Er ist ein Omega, Yoongi. Er ist so wie ich. Natürlich interessiert es mich dann! Nicht jeder Omega kann mit Stress so gut umgeben wie ich es gelernt habe. Ich will nicht, dass er leiden muss, nur weil ein Alpha denkt, er stünde über Allem und Jedem. Ich kenne ihn nicht, dass ist richtig, aber niemand hat so eine Behandlung verdient, wenn er nichts falsch gemacht hat."

Natürlich hatte Seokjin recht, wie immer. Er brummte nur und versuchte, nicht den Verstand zu verlieren.

"Also, versuchst du es? Mir zuliebe?"

Yoongi wollte nicht darüber nachdenken und erst recht nicht nett sein. Es war nie seine Art gewesen und das sollte auch so bleiben. Aber wenn er nicht wollte, dass Seokjin ihn im Schlaf ermordete, musste er einwilligen.

"Wenn es dir so wichtig ist...", gab er als Antwort.

"Ich wusste, dass etwas Gutes in dir steckt, Yoongi! Man muss er nur herauskitzeln und dann-"

Yoongi unterbrach ihn schnell.

"Ja, ich habe verstanden.", muffelte er genervt.

Seokjin lachte hell ind durch den Hörer klang es ein wenig verzerrt, sodass Yoongi das Gesicht verzog.

"Ich muss jetzt auflegen, ich habe gleich ein Meeting mit meinem Manager wegen dem neuen Werbeplakat mit meinem hübschen Gesicht.", prahlte Seokjin.

Yoongi wusste, dass er nur Spaß machte aber trotzdem drehte sich sein Magen leicht um. Immer wieder sorgte der Ältere dafür, dass er sich fremd schämen musste.

"Namjoon hat mit dir wirklich einen Glückgriff gemacht.", meinte Yoongi in spöttischem Ton.

"Pass auf, was du sagst. Ich bin immer noch dein Hyung!", tadelte Seokjin und rief dann ein lautes Tschüss, sodass Yoongi fast die Ohren abfielen, danach legte er auf.

Yoongi wollte fluchen und am liebsten sein Handy gegen die Wand werfen um anschließend laut zu schreien, aber dass würde ihm nur wieder eine Beschwerde der Nachbarn einbringen. Also seufzte er nur und richtete seinen Blick zurück auf den Fernseher.

Er kuschelte sich zurück in die Decke und versuchte, nicht mehr an Park Jimin und sein dämliches unschuldiges Gesicht zu denken.

Es gelang ihm nicht.

Als er spät Nachts zu Bett ging, geisterte Jimin noch immer in seinem Kopf herum.

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