Kapitel 14

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Yoongi's Tag begann mit dröhnenden Kopfschmerzen. Durch den gestrigen Tag und der neuen Leiche hatten sich Alpträume in seinen Schlaf geschlichen. Er fühlte sich furchtbar.

Das Aufstehen war eine Qual und der Gang ins Badezimmer war noch schlimmer. Seine Ohren taten noch immer vom schrillen Klingeln des Weckers weh, dass sein Kopfweh nicht unbedingt positiv beeinflusste. Wie unter Trance schaffte er es, eine Katzenwäsche hinter sich zu bringen.

Sein Blick flog mehrere Male auf die Uhr, in der Hoffnung, dass die Zeit langsamer vergehen möge und er Zeit zum richtigen Aufwachen hatte, aber natürlich arbeitete die Zeit wie immer gegen ihn. Unter Hast trank er schnell einen Kaffee, so stark wie selten dosiert.

Er schnappte sich seine Schlüssel und zog sich seine ausrangierten Stiefel an, machte sich auf den Wag zu seinem Dienstwagen. Die Fahrt zum Revier war beschwerlich und an den roten Ampeln war es besonders schwer, die Augen offen zu halten. Trotz des Kaffees fühlte er sich abgeschlagen und müde, beinahe so wie nach einer Narkose. Als er endlich sein Ziel erreichte, blieb er zunächst einfach sitzen und schlug einmal gegen das Lenkrad. Er hatte heute wirklich keine Lust, irgendwen zu sehen, und schon gar nicht Jimin.

Aber ihm blieb nichts anderes übrig. Er quälte sich aus dem gemütlichen Sitz des Wagens und machte sich auf den Weg ins Gebäude und ignorierte die Begrüßungen der Kollegen um ihn herum, so gut es ging. Mit guter Laune konnte er gerade nichts anfangen.

Er verkrümelte sich in sein Büro, in der Hoffnung dort seine Ruhe zu haben. Er hatte sowieso noch einigen Papierkram zu machen. Er schnappte sich die erste Akte, die ihm ins Auge fiel. In ihr waren die Befragungsprotokolle der Freunde des toten Jungen und sofort war Yoongi's Laune auf dem absoluten Nullpunkt gesunken, als er sich daran erinnerte, dass all dies nichts gebracht hatte, stattdessen hatten sie wertvolle Zeit verschwendet. Niemand hatte brauchbare Hinweise geben können und so langsam machte er sich ernsthafte Sorgen.

Seine Gedanken wurden unterbrochen, als er hörte, das die Tür zu seinem Büro aufging.

Im Türrahmen stand Jimin, hübsch und schüchtern wie eh und je...Gott, er war zu müde für sowas.

"Was willst du?", fragte er harsch und der Junge machte sich automatisch kleiner.

"Ich...hab gesehen, dass du müde bist und ich dachte vielleicht...möchtest du einen Kaffee?", fragte er dann mit schmaler Stimme und hielt einen To-Go-Becher in die Höhe.

Yoongi's Augen wurden automatisch größer. Der Gedanke an einen zweiten Kaffee war verlockend, so viel konnte er zugeben. Aber das war nicht das Einzige, was seine Aufmerksamkeit erregte. Es war Jimin, der mit einem unschuldigen Blick immer noch wie angewurzelt in seinem Türrahmen stand, in seinen Händen zwei Becher mit dampfendem Kaffee.

Yoongi hätte fast gelacht. Wieso sollte Jimin, der Jimin, den er ständig ablehnte und verängstigte, ihm freiwillig einen Gefallen tun? Er musste ziemlich verwirrt aussehen und auch sein Schweigen brachte Jimin wohl dazu, langsam die Nerven zu verlieren.

"...Yoongi-ssi..?", fragte er leise und unsicher.

Yoongi brachte allerdings noch immer kein Wort heraus.

Er erinnerte sich daran, das Jimin hier und da den Leuten um sich herum kleinere Aufmerksamkeiten widmete. Vielleicht war das hier Eine davon? Vielleicht war es seine Art? Obwohl Yoongi immer noch nicht verstand, warum Jimin ihm diese Aufmerksamkeit gab, fühlte sich seine Brust plötzlich wärmer an und er konnte nicht anders, als zu lächeln.

"Nenn mich Hyung. Und ja, einen Kaffee könnte ich gerade sehr gut gebrauchen."

Er hatte keine Ahnung, was plötzlich in ihn gefahren war, aber es fühlte sich großartig an. Jimin sah ihn völlig verdutzt an, mit leicht, voller Erstaunen geöffnetem Mund.

"Was? Komm schon, setz dich, ich brauche diesen Kaffee."

Yoongi selbst erhob sich, zog seinen Stuhl von seinem Schreibtisch weg und stattdessen zu dem kleinen Beistelltisch in der Mitte des Raumes und setzte sich wieder und deutete auf den Sessel gegenüber von ihm.

Jimin bewegte sich wie in Zeitlupe zu dem Sessel und setzte sich noch langsamer, setzte die heißen Getränke auf dem Tisch ab und sah Yoongi noch immer aus dem Augenwinkel an, als würde er ihm jeden Moment wieder eine Beleidigung an den Kopf werfen.

Aber als Yoongi still blieb und stattdessen seinen Kaffee trank, schien Jimin langsam wieder aus seiner Schockstarre zu erwachen.

"Danke. Für den Kaffee, meine ich.", erwähnte Yoongi wie nebenbei.

"uhm...keine U-Ursache...", stotterte Jimin und versuchte Yoongi's Blick auszuweichen.

"Hör zu...", begann Yoongi, unsicher, was er überhaupt sagen wollte. Seine Kopf schrie ihn an, leise zu sein und Jimin aus dem Raum zu jagen, aber diesmal gewann sein Bauchgefühl. Vielleicht war es an der zeit, dass er seinen Groll begrab?

Jimin sah ihn wieder an, ein sanfter Ausdruck in seinen Augen und Yoongi wusste plötzlich, was er sagen musste.

"Es tut mir Leid, dass ich dich immer so unfair behandelt habe. Ich weiß, dass ich dir damit wehgetan habe und auch dafür entschuldige ich mich. Vermutlich wirst du es mir nicht verzeihen, aber ich möchte, dass du weißt, dass ich erkannt habe, dass ich einen Fehler gemacht hab. Es tut mir wirklich Leid."

Jimin's Mund stand wieder offen und plötzlich schienen seine Augen zu glitzern. Er wollte doch nicht-...er weinte. Über Jimins Wangen liefen einige dicke Tränen, die er sofort energisch wegwischte.

"Ich wollte nicht-...", versuchte Yoongi, ihn zu beruhigen, aber Jimin unterbrach ihn.

"Es ist okay, Yoongi, danke...das bedeutet mir viel...", brachte sein Gegenüber unter ein paar kleinen Schluchzern heraus.

"Aber warum weinst-...", Yoongi unterbrach sich diesmal selbst. Ihm wurde bewusst, wie sehr er Jimin verletzt hatte und dass er jetzt aus Erleichterung Tränen vergoss.

Yoongi lächelte ihn an und streichelte Jimin in einem Anflug von Mut über den Arm. Jimin lächelte dann ebenfalls und lehnte sich fast ihn seine Berührung. Yoongi's Alpha in ihm fühlte sich augenblicklich um mehrere Tonnen leichter an und auch durch ihn fuhr eine Erleichterung.

Es fühlte sich viel besser an, mit Jimin eine entspannte Atmosphäre zu haben, als ihn ständig zu verängstigen. So gab sich Yoongi dennoch seinem Instinkt hin, nicht mehr der Logik, die er immer verfolgt hatte.

Vielleicht war es der richtige Weg.

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