Kapitel 5

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"Woozi!", rief Yoongi durch den Gang.

Lee Jihoon hob langsam den Kopf, rollte mit den Augen und griff nach seinem Kaffeebecher, nahm einen großen Schluck und sah dann erst Yoongi an, der inzwischen nun hinter dem Tresen stand und auf ihn herab starrte.

"Ich brauch' die Akte über den neuen Fall.", meinte Yoongi und sah seinen Gegenüber ungeduldig an.

"Bekomme ich noch ein Bitte?", fragte Jihoon mit zuckersüßem Ton und zwinkerte Yoongi übertrieben zu.

Der Ältere ließ sich davon nicht beeindrucken. "Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit. Außerdem solltest du dich auch beeilen, Namjoon hat schon nach deinem Bericht gefragt.", murrte er genervt.

"Ja ja, schon klar...", seufzte Jihoon und kramte kurz zwischen den Akten herum, bevor er die richtige herrauszog und sie Yoongi hinhielt.

Er fackelte nicht lange und schnappte sie sich, bevor er mit eiligen Tempo Richtung Aufzug stampfte.

"Der hat ja heute wieder besonders gute Laune...", murmelte Jihoon und sah dann Jimin an, den er erst jetzt bemerkte. "Viel Glück mit diesem Miesepeter."

Jimin lächelte nur scheu.

"Hey, Nervensäge! Komm' endlich her, wir müssen los.", rief Yoongi dann und der Jüngere beeilte sich, ihm zu folgen. Er winkte Jihoon noch kurz zu bevor er zu Yoongi in den Fahrstuhl hüpfte.

Die Fahrt zur Tiefgarage war eine Qual. Jimin traute sich nicht einmal, auch nur ein wenig in Yoongi's Richtung zu schauen oder zu laut zu atmen. Er gab ehrlich zu, dass der Ältere ihn nervös machte, er war schließlich ein Alpha und dazu hatte er noch diese angsteinflößende Aura.

Er schluckte angespannt.

"Jimin."

Yoongi's Stimme war beinahe ein Knurren und Jimin's Herz rutschte in die Hose.

"Kontrolliere dich mal. Dein Geruch verpestet die Luft."

Ein schmerzender Stich durchfuhr Jimin und am liebsten wäre er auf der Stelle aus dem Fahrstuhl geflohen. Was konnte er denn für seinen Geruch? Besonders wenn Yoongi Schuld daran trug, dass er ganz instinktiv den Geruch von Angst versprühte?

"Entschuldige...", brachte Jimin hervor, leise und fast nicht zu hören. Aber da Yoongi still blieb, nahm er an, dass es wohl dennoch laut genug gewesen war.

Er war sich ziemlich sicher, inzwischen rot angelaufen zu sein und seine Beine fingen an zu zittern.

Verdammt. Bitte nicht jetzt. Er flehte innerlich, nicht jetzt zusammenbrechen zu müssen, nicht in diesem Aufzug oder vor Yoongi. Unter seiner beginnenden Panikattake versuchte er, sich zu beruhigen.

Yoongi bemerkte, dass mit Jimin etwas nicht stimmte. Am liebsten hätte er ihn darauf angesprochen (man möge es auf sein Alpha-Ich schieben), aber er verbiss sich jeglichen Kommentar.

Er atmete erleichtert aus, als sich die Türen des Aufzugs endlich öffneten und Jimin's ängstlicher Geruch nachließ. Yoongi lief schnellen Schrittes in die Richtung seines Dienstwagens und er bemerkte nur am Rande, wie Jimin versuchte, nicht zurück zufallen.

Als er endlich in den Wagen stieg, füllte der vertraute Geruch seine Nase und augenblicklich ging es ihm besser. Jimin stand zuerst unschlüssig auf der Beifahrerseite, bevor er die Tür zögerlich öffnete und sich neben ihm niederließ.

"Mach hier bloß nichts dreckig.", brummte Yoongi und beobachtete mit ein wenig Freude, wie Jimin ein wenig mehr in sich zusammen sank und ängstlich nickte. Fast gleichzeitig schrie sein innerer Alpha ihn an, den Jungen zu beruhigen. Yoongi ignorierte es.

Die Fahrt zum Tatort verlief schweigend. Außer den Geräuschen des Motors war nichts zu hören, aber Yoongi hatte immer wieder das Gefühl, dass Jimin ihn heimlich beobachtete, aber immer, wenn er einen Seitenblick wagte, sah der Omega aus dem Fenster oder auf seinen Schoß.

Frustration verbreitete sich in Yoongi. Er hatte seine Arbeit als Ermittler und Polizist immer genossen, aber seitdem dieser Knirps von Omega hier war, hatte sich alles auf den Kopf gestellt. Jetzt gerade freute er sich lediglich auf seinen Feierabend und ein Glas Wein.

Als sie endlich in dem kleinen Park angekommen waren, bot sich ihnen ein chaotischer Anblick.

Polizisten mit Spürhunden durchstreiften die Gegend, eine Reihe von Absperrbändern markierten den Tatort und mehrere Polizeiwagen mit Blaulicht ließen das Szenario wie einen Film aussehen.

Yoongi seufzte, als er parkte und dann aus seinem eigenen Wagen ausstieg. Sofort flogen einige Blicke zu ihnen herüber.
Jimin folgte ihm mit kurzem Abstand und als sie durch die Absperrung schlüpften, stellte sich ihnen Jackson Wang in den Weg.

Yoongi rollte mit den Augen. Jackson war ein großgewachsener junger Mann mit und konnte durchaus angsteinflößend wirken, wenn er nicht lächelte. (Er lächelte fast immer.)

"Yoongi!", rief dieser erfreut und schien Jimin im ersten Moment zu übersehen.

"Das heißt Hyung für dich, du Idiot.", zischte Yoongi.

"Unfreundlich wie eh und je.", lachte Jackson, dessen Blick als nächstes auf Jimin flog. "Und wer ist das hübsche Ding?"

Jimins Wangen wurden in wenigen Sekunden knallrot und irgendwie nervte Yoongi das.

"Hör auf damit, Jackson.", keifte er.

Jackson hob die Augenbrauen und schien etwas erwidern zu wollen, wurde aber von Jimin unterbrochen, der ihm inzwischen die Hand hinhielt.

"Ich bin Park Jimin, schön dich kennen zu lernen."

Jimins Lächeln breitere sich auf dessen ganzes Gesicht aus. Jackson schien sich sofort davon anstecken zu lassen. Während sie sich die Hände schüttelten und dabei wie verrückt grinsten, konnte Yoongi nicht anders, als innerlich zu fluchen.

"Wir haben nicht ewig Zeit. Wir sind wegen der Leichen hier.", meinte Yoongi schließlich.

"Da kommst du reichlich spät, die sind bereits seit Sonntag in der Gerichtsmedizin. Wenn du die Ergebnisse sehen willst, musst du dahin gehen."

"Was habt ihr bis jetzt herausgefunden?", fragte Yoongi.

Jackson kaute an seiner Unterlippe. "Die Toten waren beide Omegas. Ihre Unterleibe waren aufgeschlitzt und sämtliche Geschlechtsteile wurden entfernt. Allerdings haben wir die nirgends gefunden, wir vermuten, dass die Täter sie mitgenommen haben...dass ist einfach krank..."

Yoongi stieß seinen angehaltenen Atem aus und strich sich durch die Haare.

"Die Täter haben nichts hinterlassen...wir hoffen, noch irgendetwas zu finden aber mit jeder weiteren Stunde sinkt die Chance. Vielleicht wissen die in der Gerichtsmedizin mehr."
Jackson lächelte leicht und klopfte dann Jimin leicht auf die Schulter, denn dieser sah etwas verstört aus.

"Du hast es gehört, Nervensäge", meinte Yoongi und sah den Jüngeren erwartungsvoll an, "Wir fahren dahin. Falls du noch irgendwas findest, melde es mir sofort, Jackson."

Jackson nickte und winkte ihnen nach.

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