9. Dezember

510 48 35
                                    

Schon den ganzen Tag liege ich faul in meinem Bett und lese ein Buch, dass ich mir aus Deutschland mitgebracht habe. Mittlerweile ist es Nachmittags und ich habe Claire und Steve weder gestern noch heute morgen noch einmal getroffen, wobei ich aber auch nicht wirklich das größte Bedürfnis hatte, von den beiden etwas mit zu bekommen . Stattdessen habe ich mich, nachdem Matthew mich schweigend vor der Haustür abgesetzt hat und ohne ein Wort wieder gefahren ist, zu James in die Küche gehockt, einen leckeren Kakao bekommen und mich mit ihm über Weihnachten und die Hochzeit unterhalten. 

Während ich frisch geduscht und geschminkt, meine Beule ist endlich abgeschwollen und auch die Farbe ist von einem dunkellila auf ein helleres blau gewechselt, jedoch sehe ich immer noch so aus, als hätte ich mich in eine Prügelei mit Jack the Ripper gestürzt, die Treppe runterlaufe , klingelt es. "Ich gehe schon", schreie ich laut und James, welcher sich gerade aus der Küche auf den Weg zur Tür machen wollte, lächelt mir dankbar zu und winkt mit einem Topflappen. Ein guter Duft zieht durch das Haus und ich freue mich jetzt schon auf das Mittagessen, welches, wie James mir gestern mitteilte, an jedem zweiten Adventssonntag im Hause O'Brien gekocht wird. 

Als ich die Tür öffne, sehe ich erstaunt in Daniels und Glenns grinsende Gesichter. "Was wollt ihr denn hier?", frage ich und verschränke meine Arme vor meinem dunkelgrünen Rollkragenpullover, da Glenn mir zu sehr auf meine nicht vorhandene Oberweite starrt. 

"Wir dachten uns, dass ihr heute bestimmt was sehr Gutes esst und dachten uns, dass es euch sicherlich nicht stört, wenn wir uns euch anschließen", antwortet jener und fährt sich durch seine dunklen Locken. 

Gerade will ich antworten, dass es natürlich ein Problem ist und James auch bestimmt nicht genug für alle gekocht hat, als dieser hinter mir erscheint und die beiden ungebetenen Gäste ins Haus einlädt und mehrfach beteuert, dass es kein Problem sei, da er sich so etwas schon gedacht habe  und direkt mehr Essen gemacht hat. 

Schweigend trete ich beiseite und lasse Daniel und Glenn an mir vorbei in den Eingangsbereich, wo sie brav ihre Schuhe ausziehen und James ihre Jacken überreichen. Wenn ich daran denke, dass Claire und ich zu Hause immer die Schuhe und Jacken einfach haben fallen lassen, muss ich grinsen. London ist so anders, so wohlerzogen und dieser Kreis, in den sich Claire begeben hat, besteht nur aus feinen Leuten, die wahrscheinlich schon als Babys auf "Du und Du" mit der Queen waren und deren Kleider schon damals mehr kosteten als das, was ich jemals verdienen werde. 

Ich setze mich den beiden gegenüber und blättere in einer der Hochzeitszeitschriften, von denen ungefähr hundert im ganzen Haus liegen. Sogar auf meinem kleinen Designernachtschränkchen lagen vier, mit einer kleinen Notiz von Claire 'Falls du Inspiration brauchst', dabei sollte sie es sein, die mal mit der Inspiration für ihre Hochzeit loslegen sollte, da ich nämlich noch nichts von Tischdekoration oder Dekoration im Allgemeinen von ihr gehört habe. Ich sehe auf die große Uhr über dem Kamin. Vier Uhr und noch immer ist keine Sicht von Claire oder Steve. Die beiden könnten ihre Versöhnungen auch auf nach der Hochzeit verschieben, wenn der ganze Hochzeitsstress vorüber ist. Genervt lege ich die Zeitschrift weg, in die ich mal wieder keinen Blick hineingeworfen habe und werfe einen Blick zu Daniel und Glenn, von denen ersterer die ganze Zeit nur Blicke auf sein iPhone wirft und letzterer mir. 

"Wäre es eigentlich zu viel verlangt, mich mal nicht anzustarren, Glenn?", sage ich betont freundlich und lehne mich ein Stückchen nach vorne. 

"Ich muss aber auf deine Lippen starren, damit ich es sehe, wenn sie die Worte formen, dass du mich willst." Er lehnt sich ebenfalls vor und leckt sich über die Lippen, "sag es einfach und wir tun es." 

"Lauch", sage ich auf Deutsch, stehe auf und gehe in die Küche um James zu fragen, ob er noch bei irgendetwas Hilfe benötigt, was allerdings nicht der Fall zu sein scheint, da er schon den Tisch eingedeckt hat und gerade den Gong schlagen will, der wirklich sehr praktisch ist in so einem riesigen Haus.




A Christmas Wedding - Adventskalender 2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt