23. Dezember

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„Du schaffst das schon, Annie", sagt Paul und dreht mich galant in seinen Armen. Man sollte meinen, dass so ein kleiner zehn jähriger Knirps keine Führungsqualitäten hat, aber nachdem er mich jetzt seit 40 Minuten durch den Raum gewirbelt hat, bin ich absolut vom Gegenteil überzeugt.

Auch Charlotte, welche schon fertig angezogen in ihrem hellrosa Kleid auf meinem Bett sitzt und uns beobachtet, nickt zustimmend. „Es wird nichts schieflaufen, dass verspreche ich dir."

„Ihr seid so lieb." Ich streiche beiden über den Kopf und sehe in ihre strahlenden Gesichter. „Und ihr seid euch sicher, dass ihr nicht nur kleine Erwachsene seid und nicht schon mit drei Paartänze beigebracht bekommen habt?"

„Ganz sicher", bezeugt Paul und geht, schick in Anzug und Fliege gekleidet, mit seiner Schwester zur Tür. „Der Ball beginnt in zwei Stunden. Du solltest pünktlich erscheinen, da Grandma sonst durchdreht."

Ich nicke und nachdem sie mein Zimmer verlassen haben, gehe ich zum Schrank und nehme andächtig die schwarze Kleiderhülle mit dem Kleid, welches Matthew und ich bei Diane gekauft haben, heraus, um es auf das große Bett zu legen. Vorsichtig ziehe ich den Reißverschluss herunter und betrachte mit glänzenden Augen das goldene Glitzern.

Normalerweise würde ich jetzt Claire fragen, ob sie mir mit dem Kleid helfen kann, aber da ich weiß, dass sie vollkommen mit sich selbst beschäftigt sein wird und mit dem Kopf vor allen Dingen schon morgen bei der Hochzeit sein wird, klopfe ich kurze Zeit später an Jennifers und Nicks Zimmer. Und da sie natürlich, genau wie ihre Kinder, schon vollkommen fertig gemacht und angezogen ist, schwingt die Tür auch sofort auf.

„Hey Jennifer. Ich wollte fragen, ob du mir vielleicht ein wenig mit dem Kleid behilflich sein könntest. Es hat so viele Knöpfe, die bekomme ich alleine nicht alle zu", beginne ich.

Jennifer sieht mit einem verzweifelten Lächeln an mir herunter. „ Annie, du bist ja noch gar nicht angezogen, deine Haare sind noch nicht gemacht und du hast ja noch nicht einmal Make-up aufgelegt. Es sind nicht mal mehr zwei Stunden bis zum Beginn des Weihnachtsballes und du stehst hier noch in Jeans. Sag mir bitte, dass du schon duschen warst."

„Ja war ich."

„Gott sei Dank", kommt es nur zurück, während sie mich rückwärts zurück in mein Zimmer schiebt, „was haben Matthew und du eigentlich für ein Kleid ausgesucht, du wolltest ja gestern noch gar nichts verraten. Hier, ich hole schon einmal das Kleid aus der Hülle und du fängst mal an dir Make-up aufzulegen. Es werden eine Menge wichtiger Leute hier erscheinen von denen du nicht einmal einer auch nur eine Pore im Gesicht hat. Jedenfalls die weiblichen Anwesenden."

Leicht verwirrt gehe ich ins Badezimmer und fange an mich zu schminken, bis aus dem Nebenzimmer auf einmal ein Schrei ertönt. Mit meinem Kleid in der Hand kommt Jennifer ins Bad gelaufen. „Das ist nicht dein Ernst, Annie."

„Was ist nicht mein Ernst?"

„Dieses Kleid", sagt sie und hält es mir vor mein Gesicht.

Ich lasse den Pinsel in meiner Hand sinken. „Ist mit diesem Kleid irgendwas falsch?"

„Annie, es ist der Hammer. Du wirst allen die Show stehlen."

Erleichternd aufatmend haue ihr leicht gegen die Schulter. „Ich dachte schon, dass ich gegen irgendeinen Dresscode verstoßen habe. Deine Mutter hätte mich achtkantig aus dem Haus geschmissen und Claire hätte mir das nie verziehen."

„Ach, du willst nicht wissen, was Mrs Wilson vor zwei Jahren angezogen hat", winkt Jennifer ab und hängt das Kleid an einen Haken an der Wand. Dann setzt sie sich auf den Badewannenrand. „Es war ein pinkes Bonbondress. Es sah aus, als hätten sie eine Magersüchtige in einen Wattebausch gepackt. Furchtbar sage ich dir da nur. Eigentlich wollte sie nur Eindruck bei Mr Duffelbee schinden, da sie ihm sehr zugeneigt ist, was Mr Wilson natürlich niemals erfahren darf, also erwähne in seiner Anwesenheit nichts mit Fremdgehen, Ehebruch oder sonstigem. Lass deine Haare offen. Deine Locken sind wunderschön", unterbricht sie ihren Redefluss und nimmt mir die Pinsel aus der Hand. „Du musst dezent sein. Dein Kleid ist schon sehr auffällig, da darfst du nicht auch noch dein Make-up übertreiben. Wir wollen ja nicht, dass du wie eine Discokugel aussieht."

A Christmas Wedding - Adventskalender 2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt