22. Dezember

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Früh morgens verlassen Claire und ich mit Jennifer, Michelle und Margaret das Haus. „Dieser Tag wird so entspannend", flüstert mir Claire zu und hakt sich grinsend bei mir ein. Sie und die anderen haben sich entschieden den freien Tag vor den zwei nächsten Stressigen damit zu nutzen ins Spa zu gehen und die "Seele so richtig baumeln zu lassen", wie Michelle sagen würde.

„Wir besprechen die Haare der Brautjungfern, also werden die anderen auch kommen und natürlich die der Brauteltern", verkündet Margaret und reicht an jede von uns ein längliches Glas mit Sekt.

Ich winke ab. „Für mich nicht, danke", woraufhin Margaret mir einen komischen Blick zu wirft und das Glas an Claire weiterreichen will, welche aber auch mit der Hand winkend ablehnt.

„Alkohol schlägt mir morgens immer ein wenig auf den Magen."

„Ich nehme das schon", lächelt Michelle und nimmt der verdutzten Margaret das Sektglas aus der Hand und stößt mit den anderen beiden an. „In den nächsten Tagen werden wir für ein gemütliches Zusammensitzen nämlich keine Zeit haben. Und vielen Dank noch einmal, dass Sie mir beim Aussuchen der Kleider geholfen haben, Margaret."

„Aber selbstverständlich, Michelle. Wir werden ja bald eine Familie sein und in der Familie hilft man sich untereinander", antwortet Margaret und lächelt, zu unser allen Erstaunen, in die Runde.

Mit leicht offenem Mund sehen Claire und ich uns an und nehmen ein Glas Orangensaft von Jennifer entgegen. „Auf das Brautpaar. Vor allem auf die Braut." 



„Ich möchte ihre Haare glatt. Glatt und nicht gelockt", sagt Margaret,  als wir mit Handtüchern auf dem Kopf, rosa Bademänteln und mit den Füßen in einem sprudelnden Fußbad sitzen und in Zeitschriften mit Braut- und Brautjungfernfrisuren blättern.

„Ist das nicht ein bisschen langweilig? ", erwidere ich und fahre mit meinen Haaren durch meine dichten Locken. Die zu glätten würde Stunden dauern.

Hailey, welche neben den kichernden siamesischen Zwillingen sitzt, sieht mich zustimmend an und zeigt auf ein Bild in ihrer Zeitschrift. „Wie wäre es mit Hochsteckfrisuren? Diese hier ist besonders schön, mit den kleinen Perlen."

Claire zuckt mit den Schultern und schüttelt dann den Kopf. „Ich will nicht, dass ihr den ganzen Tag die Haare hochgesteckt haben müsst, dass wird mit der Zeit einfach nur anstrengend und schmerzhaft. Und auf meiner Hochzeit sollt ihr euch amüsieren und nicht mit schmerzverzerrtem Gesicht in der Ecke stehen. Also ich schließe mich den offenen Haaren an, aber wir könnten sie an der Haarkrone antoupieren und die Seiten dann hinten zusammenfassen."

„Das ist eine richtig gute Idee", kommt es von Michelle und auch die anderen nicken zustimmend.

„Dürfte ich ihre Nägel machen?", fragt mich eine blondhaarige Frau, mit weißem Kittel und greift nach meiner Hand. Erstaunt sehe ich sie an. Ich habe meine Nägel noch nie machen lassen. „Welche Farbe dürfte es sein?"

Bevor ich überhaupt Luft zum Atmen holen kann zeigt Claire auf eine bestimmte Farbe. „Ich möchte sie in Nude. Nichts aufdringliches, einfach Nude."

Verena und Lorena zucken zusammen. „Wir hatten da eher an zartrosa gedacht, das würde besser zu unserem Weihnachtsballkleid passen. Und natürlich auch zu unserem Brautjungfernkleid."

„Es wird die Farbe, die Claire aussucht. Findet euch damit ab, Ladys", sagt Jennifer streng und lehnt sich dann, die Hände zu beiden Seiten, an denen auch Assistentinnen sitzen um ihre Nägel zu machen, ausstreckend, wieder zurück.

Mit aufgerissenen Augen und Mündern starren die siamesischen Zwillinge Jennifer an, welche aber schon wieder ihre Augen geschlossen hat und sich eine grünliche Maske in ihr Gesicht schmieren lässt. Ich presse meine Lippen aufeinander, um nicht loszulachen und sehe auf mein Handy, dass schon seit einer Stunde vor sich hin blinkt.

'Ich komme um 20 Uhr- Matthew'

Ich blicke nach oben und schlucke. Ganz schön hartnäckig der Typ. Ich schalte mein Handy wieder aus und sehe lächelnd zu Claire, welche ihre Nägel in einem zarten Rosa lackiert bekommt. „Du wirst die schönste Braut aller Zeiten sein."

„Natürlich wird sie das. Ist ja auch meine Tochter", kommt es von Michelle und wir fangen alle an zu lachen. 



'Ich stehe vor der Haustür.'

Schnell ziehe ich meine Moonboots über und werfe James, welcher mir die Tüte mit den Schuhen für den Weihnachtsball morgen entgegenhält und mir aufmunternd zulächelt. „Sie schaffen das schon, Miss Annie. Und wenn er ihnen auf die Füße tritt, sagen sie mir Bescheid und ich lehre ihn Manieren."

„Ich glaube, dass ich eher ihm auf die Füße treten werde und sie uns heute Abend im Krankenhaus abholen können", sage ich lachend. „Und bitte sagen sie nichts zu Claire und den anderen, diese Peinlichkeit möchte ich mir ersparen.

„Natürlich, Miss Annie. Viel Spaß."

Ich trete aus der Haustür und laufe Matthew, der am Ende der Steinstufen steht, entgegen. Lächelnd begrüßt er mich und als ich auf sein Auto zu gehen will, hält er mich am Arm fest. „Wir fahren nicht weg."

Erstaunt drehe ich mich zu ihm um und sehe ihn an. „Wie wir fahren nicht weg? Glaubst du, dass ich mich vor allen blamieren will?"

„Was meinst du, warum ich dir helfe? Genau damit du dich nicht vor allen blamieren musst und jetzt bitte ich dich deine Augen zu schließen", sagt er und zieht meine Bommelmütze über mein Gesicht, um mich danach am Ärmel hinter sich her zu ziehen.

„Eyy, wo gehen wir hin?", will ich protestieren, während wir schon durch den Schnee stapfend die Straße hinunter laufen.

„Warte doch einfach mal ab, Annie", kommt es nur harsch zurück, während er noch immer die Hand an meinem Jackenärmel festhält. Dann bleibt er plötzlich stehen und zieht meine Mütze wieder hoch. „Hier wollte ich mit dir hin."

Vor uns steht ein großer weißer Pavillon, welcher von Laternen bestrahlt wird. Um uns herum ist es komplett dunkel und ich drehe meinen Kopf mit offenem Mund zu Matthew. „Hier willst du mir tanzen beibringen?"

„Aber sicher, zieh die Schuhe an", deutet er auf die Tüte in meiner Hand. Vorsichtig streife ich die goldenen Schuhe über meine Füße und obwohl ich das Gefühl habe, dass sie gleich abfrieren werden, ist mir das vollkommen egal. Matthew stellt sich vor mich und streckt mir die Hände entgegen, welche ich zögerlich ergreife. „Okay, fangen wir mit dem Grundschritt an. Ich führe. Den rechten Fuß nach vorne, linker Fuß nach vorne."

Ich versuche alles so gut wie möglich so zu machen, wie er es mir sagt, aber selbst beim dritten Versuch einfach nur den Fuß gleichzeitig mit ihm nach hinten zu setzen, trete ich auf seine Schuhspitzen. Kopfschüttelnd sieht er mich an und ich beiße mir verlegen auf die Unterlippe. „Sag mir einfach, dass ich unfähig bin und dann ist das geklärt. Ich gehe morgen einfach nicht auf diesen Weihnachtsball. "

„Annie", kommt es nur dunkel und rau von ihm und ich sehe ihn erwartungsvoll an. Er macht einen Schritt auf mich zu und greift in seine Tasche, um sein iPhone herauszuziehen. „Hier." Er reicht mir zwei kabellose Kopfhörer und sofort dringt die Musik, welche er anstellt, in mein Ohr. Obwohl ich nichts mehr von seinem Gesprochenen höre, spüre ich die Musik in meinem ganzen Körper und als er mir erneut die Hand auf die Taille legt, bekomme ich die Tanzschritte auf Anhieb hin. 



Bevor ich die Steinstufen erklimme und ins warme Haus zurückgehe, drehe ich mich noch einmal zu Matthew um, der mit den Händen in den Taschen da steht. „Danke."

„Sieh es als verfrühtes Weihnachtsgeschenk. Bis dahin sind es nämlich nur noch zwei Tage."

A Christmas Wedding - Adventskalender 2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt