Das Leben der Lilie (Rumtreiberzeit)

22. Ein neues Jahr bringt nicht weniger Probleme

Die Rumtreiber waren der Meinung, dass wir zu ehren des letzten Jahres auf jeden Fall eine Party in ihrem Schlafsaal veranstalten sollten. Nach ziemlich langer Überredungsarbeit seitens James stimmte ich auch zu. Das würde bestimmt lustig werden. Optimismus lässt grüßen. Bereits um 9 Uhr begann die tolle Party mit nur 4 Gästen. Eine Stunde und ein paar Gläser Feuerwhisky später kam James auf die tolle Idee, dass wir doch eine Runde Flaschendrehen spielen könnten. Na das konnte ja heiter werden. Etwas angetrunken saßen wir nun in einem Kreis, eine Flasche in unserer Mitte und James beugte sich gerade vor um die Flasche in Schwung zu versetzten. Zu meinem Glück stoppte die Flasche nicht vor mir, sondern vor Sirius. ,,Wahrheit oder Pflicht, Pad?", fragte der Brillenträger den anderen Schwarzhaarigen.

Nach einigem überlegen entschied er sich schlussendlich für Wahrheit. ,,Wer ist das wichtigste Mädchen in deinem Leben?", wollte James von ihm wissen. ,,Samantha", meinte der Angesprochene schulterzuckend. Ich sah den Jungen stirnrunzelnd an. Was meinte er genau damit? Als er meinen Blick bemerkte hob er entschuldigend die Hände: ,,Was? Du bist halt meine beste Freundin." Erleichtert atmete ich aus. Gut, dass ich 'nur' seine beste Freundin war. Wenn er mehr empfinden würde wüsste ich wirklich nicht, wie ich damit umgehen sollte.

Nach einigen ziemlich uninteressanten Runden, in denen ich nicht ein Mal drangekommen war, blieb die Flasche das erste Mal an diesem Abend vor mir stehen. ,,Wahrheit oder Pflicht?", fragte Remus, der wohl offensichtlich die Flasche gedreht hatte. ,,Pflicht", sagte ich ohne lange überlegen zu müssen. Ich war zwar schon etwas angetrunken, aber ich besaß noch genug Verstand um zu wissen, dass 'Wahrheit' einfach zu riskant war und ich mich bei diesem Spiel nicht einfach aus den Fragen herausreden konnte, die sicher kommen würden. Denn ob bewusst oder nicht würden sie sicher irgendwas fragen, dass in meinem Fall mit den Drachenbund zu tun hatte. Selbst die Standardfragen wie zum Beispiel 'was ist deine größte Angst?' oder 'wovor fürchtest du dich?' würde in meinem Fall mit dem Drachenbund beantwortet werden müssen. Denn meine einzige Angst war, dass ich die falschen Entscheidungen treffe und unzählige unschuldige Menschen nur wegen meinem Versagen sterben würden. Das durfte einfach nicht passieren.

Den Rumtreiber schien, dem Alkohol sei dank, meine überstürzte Antwort nicht aufzufallen, denn Remus meinte auch sogleich:,,Du musst dich auf Sirius' Schoß setzen und dort bleiben." Na wenns weiter nichts ist. Schulterzuckend setzte ich mich auf den Schoß meines besten Freundes und lehnte mich vor um die Flasche erneut zu drehen. Sie blieb dieses Mal vor James stehen, der auf meine Frage hin ebenso mit Pflicht antwortete. ,,Tu so, als wäre Remus Lily und gestehe ihm deine große Liebe", meinte ich und kuschelte mich etwas mehr an meinen besten Freund, der daraufhin seine Arme um mich legte. Nachdem James seine Pflicht ebenso erfüllt hatte, glitt sein Blick zu mir und Sirius und er begann zu grinsen. ,,Was ist?", fragte ich den Brillenträger. ,,Ach nichts. Du und Padfoot wirken für mich mehr wie ein paar als nur Freunde", meinte der Angesprochene, doch als ich ihn immer noch unverständlich ansah wank der Junge nur ab und drehte die Flasche weiter. Sirius und ich wirkten wie ein Paar? Nein, das war einfach nur absurd. Wir wahren nur beste Freunde und nicht mehr, oder?

,,Leute, es ist schon 20 Minuten vor 12. Schnell, wir müssen noch nach draußen", rief James aufgeregt und war schon dabei, sich seinen dicken Winterumhang anzuziehen. ,,Wieso müssen wir denn nach draußen?", fragte ich etwas verwirrt in die Runde. ,,Du willst doch das Feuerwerk nicht verpassen, oder?", fragte Sirius. Feuerwerk? Das ließ ich mir nicht 2 Mal sagen. In Lichtgeschwindigkeit lief ich in unseren Schlafsaal und zog mir meine komplette Wintermontur an. Kaum 2 Minuten später stand ich schon wieder bei den Rumtreibern, die auch schon in ihre Winterumhänge gehüllt waren.

Auf dem schnellsten Weg hetzten wir durch das Schloss raus auf die Ländereien, zu dem Platz, an dem man laut den Rumtreibern die beste Sicht hatte. Wir kamen gerade rechtzeitig, denn als wir den Platz erreichten begann das Feuerwerk und unzählige Feuerwerkskörper in den unterschiedlichsten Farben erleuchteten den Himmel. Es war einfach... unbeschreiblich schön. ,,Frohes neues Jahr", wünschten mir die Jungs beinahe einstimmig und ich erwiderte nur zu gern diese Worte. Während sich James und Remus wieder dem Himmel zuwandten und sich ein Stück von mir entfernten, weil sie dort wohl noch etwas besser das Geschehen betrachten konnten, sah Sirius mich nachdenklich an.

,,Schon schade. Jetzt haben wir gar niemanden den wir ins neue Jahr küssen können", meinte der Junge nach einiger Zeit des Schweigens immer noch in seinen Gedanken versunken. ,,Naja, gegen einen kleinen Neujahrskuss unter Freunden hätte ich nichts einzuwenden'', meinte ich. Im Nachhinein würde ich diese Aussage auf den Alkohol schieben. Der Junge sah mich an und kaum merklich kamen wir uns immer näher bis wir so nahe voreinander standen, dass kein Blatt Pergament mehr zwischen uns gepasst hätte.

Mein bester Freund hob die Hand um mir eine Strähne des lockigen, braunen Haares aus dem Gesicht zu streichen. Seine Hand blieb dabei auf meiner Wange. Langsam kamen unsere Köpfe sich näher und für einen scheinbar perfekten Moment zu dieser furchtbaren komplizierten Zeit trafen seine weichen Lippen auf meine. Es war wirklich kein langer oder sonderlich spektakulärer Kuss, er glich eher einem Kindergartenkuss, aber er war das schönste, was mir je passiert war. Für einen Moment vergaß ich alles um mich herum: das Feuerwerk, die Kälte und sogar den Drachenbund. Doch dieser Moment ging viel zu schnell wieder vorbei und wie gesagt würde ich das alles hier im Nachhinein auf den Feuerwhisky schieben.
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Seit dieser Nacht waren nun schon 2 Wochen vergangen. Ich hatte gleich am nächsten morgen mit Sirius geredet und stark befürchtet, dass sich irgendwas an unserer Freundschaft ändern könnte, doch zum Glück schob der Junge die Geschehnisse auch auf etwas zu viel Alkoholintus und zwischen uns war alles so, als hätte es diese Nacht nie gegeben. James und Remus hatten zum Glück nichts von unserem Kuss mitbekommen und Sirius und ich hatten uns darauf geeinigt ihnen auch nichts davon zu erzählen.

Die anderen Schüler waren am Ende der Ferien, das letzte Woche war, wieder nach Hogwarts gekommen und die Schule hatte wieder angefangen. Die Lehrer hatten wohl mal auf den Kalender gesehen und ihnen war wohl aufgefallen, dass wir schon in anderthalb Jahren unsere UTZ Prüfungen schreiben mussten. Deshalb wahren sie der Meinung, dass sie das Niveau enorm anziehen mussten, damit wir bis zu den Prüfungen auch auf jeden Fall alles gelernt haben würden. Dazu ertränkten sie uns beinahe in Hausaufgaben, weil wir ja sonst nichts besseres zu tun hatten. Sarkasmus lässt grüßen. Zu meinem Glück war ich den anderen Sechstklässlern, was mein Können betrifft etwas überlegen und musste trotz dem Leistungsanzugs nicht mehr lernen. Etwas positives hatte der Privatunterricht wohl doch gehabt. Das einzige Problem war nur, dass die anderen Schüler von meinem eigentlichen Können nichts mitbekommen durften. Das würde nur Fragen aufwerfen und Fragen wahren das Letzte, was ich jetzt brauchte.