Vaters Sachen

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Es war später Nachmittag als ich mich auf den Weg nach Hause machte.

Mit einem mulmigen Gefühl kam ich unserem Haus immer näher.
Nachdem es in Sichtweite gekommen war, blieb ich auf der Hälfte des Weges stehen und lauschte. Hören konnte ich nichts aus der Richtung des Hauses. Entweder war sie nicht da oder ich konnte mit meinem Gehör nicht so kleine Geräusche auf die Entfernung ausmachen.

Zögernd hockte ich mich auf den Rasen und atmete tief ein und aus, ehe ich das Wohnzimmerfenster fixierte und meine Weitsicht einsetzte. Es funktionierte auf Anhieb und ich spähte durch das Fenster ins Innere des Hauses. Mein Blick schweifte über die anderen Fenster, die ich auf dieser Seite sehen konnte.
Jetzt war ich mir sehr sicher, dass sie nicht da war. Erleichtert atmete ich aus. Wahrscheinlich war sie Einkaufen oder sowas, also konnte ich erst einmal unbesorgt das Haus betreten. Bis sie wieder da war hätte ich genug Zeit um mir was auszudenken falls sie mich befragte.

Die letzten Meter, die ich noch vom Haus entfernt war, rannte ich in hoher Geschwindigkeit. Innerhalb von circa einer Minute hatte ich die letzten 50m hinter mich gebracht
und sperrte unsere Haustür auf.

Nachdem ich meine Schuhe im Flur abgestellt hatte, lief ich zügig die Treppe hinauf bis zum Dachboden.
Dieser war an sich mittelgroß und mit einem Teppich, einem altem Sofa, einem riesen Sitzsack und einem kleinen Tisch ausgestattet. Mehr Platz blieb hier auch kaum noch, doch das hier war mein zweites kleines Reich.

Früher hatten hier dutzende von Kartons rumgestanden mit Dads alten Sammelobjekten oder später seine Sachen. Doch mit der Zeit hatten wir uns davon getrennt. Danach hatte ich es zu meinem Eigentum erklärt. Seitdem hatte ich schon oft mit Fiona hier im Zwielicht des kleinen Dachfensters oder der provisorisch aufgehängten Lampe hier gesessen, Geheimnisse ausgetauscht und getratscht.

Doch eine Ecke des Zimmers gehörte zu der Tabuzone. Damit war eine kleine Tür, nicht größer als ein Meter mal einen halben Meter groß und das was dahinter lag gemeint. Nachdem Dad gestorben war, hatte Mum alles was von ihm wichtig war und wichtige Dokumente dort drinnen versiegelt.
Ich sollte sie nicht zu Gesicht bekommen oder gar sie durchlesen.

Doch genau das war es was ich jetzt tun würde. Die Zeit der Lügerei und Geheimniskrämerei waren endgültig vorbei. Ich musste wissen was mein Vater getrieben hatte und inwiefern das auch mich jetzt betraf. Zwar hatte ich das eindeutige Gefühl, dass es mir nicht gefallen würde was ich herausfinden und es meine Ansichten über ihn endgültig ändern würde, aber dieses Risiko musste ich eingehen. Die kleine Türe hatte noch ein uraltes, großes Schloss und diese waren leicht zu knacken. Mit einem langen dünnen Imbusschlüssel und einem dünnen Schraubenzieher hatte ich sie in null Komma nichts auf.

Hustend blinzelte ich der Staubwolke entgegen die nach außen schwang als ich die Luke öffnete.
Als er sich wieder gelegt hatte, machte ich die Spinnenweben beiseite und steckte meinen Kopf hinein.
Da meine Augen sowieso besser waren als gewöhnlich, konnte ich selbst mit den von außen einfallenden Dämmerlicht, alles recht klar sehen. Mit einem kräftigen ruck zog ich die erste große Kiste heraus. Es folgten noch zwei weitere.
Gespannt was sich darin wohl verbarg öffnete ich die Erste.

Es waren alte Fotoalben und ein paar alte Gegenstände, die den Karton füllten. Ich nahm mir das oberste heraus und befreite es vom Staub.
Leider hatte es einen leichten Wasserschaden an der linken Ecke, doch das störte mich nicht. Die Innenseiten waren leicht vergilbt und das Pergament knisterte gefährlich als ich es umblätterte.
Auf fast allen Fotos war mein Dad zu sehen, doch je weiter ich blätterte desto seltsamer wurde es.
Einige Bilder waren herausgerissen worden, andere mit Farbe überstrichen, damit sie unkenntlich waren. Nur zwei der Bilder auf den letzten Seiten waren einigermaßen zu erkennen. Auf dem einen befand sich mein Vater mit einer mir unbekannten Frau. Sie war hochgewachsen, mittlere Körperstatur, halblange rote Haare und sah ziemlich durchtrainiert aus.
Das andere Zeigt ihn in einer Gruppe von hauptsächlich Männern, die zusammen in einem grauen Raum mit großem Fenster standen.

Zu meinem Bedauern kam mir niemand auch nur ansatzweise bekannt vor und so schloss ich darauf das sie Teil dieser geheimen Gruppe waren für die mein Vater gearbeitet hatte.

Die andere kleine Kiste beinhaltete nur ein paar Bücher und Gerümpel.
Auch in der großen Kiste befand sich nichts Besonderes, außer haufenweise Ordner, dachte ich. Von Rechnungen bis hin zu Zertifikaten war alles vorhanden. Doch als ich sie gerade wieder zurücksortieren wollte, segelten ein paar zusammengefaltete Zettel heraus, die mir zuvor nicht aufgefallen waren.

Das erste was mir ins Auge sprang als ich sie öffnete, war das große Logo am rechten oberen Rand.
Es handelte sich nämlich um genau das Logo, welches Fiona mir erst vorhin gezeigt hatte.
Wieso sollte mein Vater Dokumente mit diesen Logo haben? Als ich die Papiere näher unter die Lupe nahm, stellte ich fest dass es sich um einen Vertrag handelte und Auftragsdokumente.

Der Vertrag war etwa 5 Jahre bevor meine Mutter ihn kennengelernt hatte entstanden, dass hieß er war dieser Organisation mit 23 beigetreten. Die anderen Blätter waren voller Aufträge für verschiedene Medikamente, Mittel und Erledigungen. Die Sachen die hier beschrieben waren klangen nicht sehr legal, geschweige denn überhaupt nach irgendwas das Menschen half.

Vor allem aber der letzte Auftrag ließ mich stocken. Der Bericht befasste sich damit das ein neu entwickeltes Mittel an einer Frau getestet worden war, die von den "Monstern" infiziert worden war. Es wurden zwar keine Namen genannt, aber ich war mir ziemlich sicher dass die hier beschriebene Frau meine Mutter gewesen war.

Mein Vater war also wirklich Wissenschaftler bei dieser Organisation gewesen, bis das Forschungsgebäude explodiert ist. Soweit ich das Ausmaß des ganzen erfassen konnten, war das eine große Gruppe von Leuten, die sich damit befassten Mittel herzustellen und alles Wiedernatürliche zu jagen, um es ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen. Ich hatte die Website erst nicht ernst genommen, aber anscheinend meinten sie das wirklich genau sowie es dort geschrieben stand. Jedoch hieß das, dass es für mich sehr gefährlich werden würde, wenn ich versuchte irgendwie dort an Informationen zu kommen. Um herauszufinden was meiner Mutter gespritzt worden war und um mehr über das Übernatürliche, was jetzt auch mich betraf, zu erfahren, war mir jedes Risiko recht. Das Himmelfahrtskommando konnte beginnen!

Eine außergewöhnliche Verwandlung #waveaward19Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt