Hausarbeiten

32 5 0
                                    

Die nächsten Tage verliefen reibungslos. Es gab keine weiteren Vorfälle und ich schaffte es mich endlich wieder auf die Schule zu konzentrieren. Leider wurde ich von Tyler weitestgehend ignoriert, auch wenn er mir versprochen hatte mein Geheimnis zu wahren, so wollte er anscheinend nichts mit mir zu tun haben. Frustriert saß ich auf meinem Platz in der vorletzten Reihe. Jared war heute ruhiger als sonst, auch wenn er mich trotzdem ständig von der Seite aus anquatschte. Nachdem ich es die ersten drei Stunden über mich ergehen lassen habe, fuhr ich ihn in der vierten genervt an: "Hast du's dann bald mal oder kommst wenigstens zum Punkt?!" Ohne auf meinen Einwand einzugehen setzte er sein fast Selbstgespräch fort. Dennoch schien es als würde er es abkürzen und kam bald darauf zum Hauptthema.

"Also da wir zusammen eine Hausarbeit schreiben müssen und ich bei mir die passenden Materialien hab, könnten wir uns ja am Wochenende bei mir treffen...", setzte er seiner Erzählung fast schon befangen hinten an. Ich wäre sicher nicht das erste Mädchen das bei ihm zu Hause war, doch schien ihm die Frage unerklärlicherweise unangenehm zu sein. Vielleicht hatten die anderen Mädchen mit denen ich mich recht gut verstand ja doch Recht und unser Störenfried neben mir hatte sich in mich verknallt? Das bezweifelte ich jedoch sehr stark, wieso sollte er sich unbedingt in mich verlieben von allen Mädchen an unsrer Schule? Egal was es war, in diesem Moment war es mir egal. Ich stimmte zu, denn etwas Abwechslung würde mir sicher guttun und meine Gedanken von Tyler ablenken, auch wenn es nur für kurz war. Wir vereinbarten Samstag für unser Treffen, ehe wir wieder schwiegen um dem Unterricht zu folgen. Ich beschloss es vor Fiona geheim zu halten, weil sie sich sonst unnötig Sorgen machen würde. Schließlich war Jared dafür bekannt Leute schnell auf die Palme zu bringen oder schlimmeres. Bei mir wäre das nicht von Vorteil, jedoch bezweifelte ich das er etwas hinterhältiges plante. Der Rest des Schultages lief entspannt, bis auf eine Arbeit war nichts los. Den Nachmittag verbrachte ich mit lernen und sammeln von Informationen für die Hausarbeit.

Der Samstag kam schneller als gedacht und so stand ich am Nachmittag pünktlich wie ein Uhrwerk vor Jareds Haustür. Etwas nervös war ich schon, denn das war erst das zweite Mal seit dem Kindergarten das ich bei einem Jungen zu Hause war. Doch das andere Mal zählte nicht wirklich da dieser eher so etwas wie ein Bruder für mich gewesen war. Leider war er vor einem Jahr dann plötzlich mit seinen Eltern weggezogen und unser Kontakt war abgebrochen.

Als sich die Eingangstüre vor mir öffnete wurde ich aus meinen Gedanken gerissen.

//Ups ich sollte mir echt mal abgewöhnen ständig und überall abzuschalten. Das könnte mich noch einmal in Teufelsküche bringen\\, mahnte ich mich selbst in Gedanken.

Dann betrat ich das Haus und wir gingen in ein großes Wohnzimmer, welches sehr gemütlich eingerichtet war. Die nächsten zwei Stunden saßen wir über dem Projekt und lachten viel über irgendwelche Missverständnisse oder Scherze. Die Stimmung zwischen uns war total angenehm, doch kam ich nicht umhin dauernd aus dem Fenster zu schauen.

"Hach, draußen ist so schönes Wetter und wir sitzen hier fest", seufzte ich leise. Anscheinend hatte mich Jared aber verstanden und schlug vor die Arbeit für heute für beendet zu erklären und stattdessen uns draußen etwas zu vergnügen. Logischerweise stimmte ich wild mit dem Kopf nickend zu. Kurz darauf standen wir auch schon draußen und ich lief einfach mal los in Richtung des kleinen Waldes in der Nähe.

"Los komm! Wer als erstes an der Baumgruppe da vorne ist!", schrie ich ihn entgegen während ich rückwärts schon mal loslief. Das ließ er sich nicht zweimal sagen und nahm die Verfolgung auf. Auch wenn ich versuchte ein normales Tempo anzuschlagen, so hatte er doch keine Chance gegen mich. Schwer atmend kam er an dem Baum an, an den ich mich gemütlich lehnte. Überlegen grinste ich ihn an: "Ah auch schon da? Du warst auf einmal sooo weit hinten!"

Lachend boxte er mir gegen die Schulter: "Wenn ich gewusst hätte das du Flash bist, hätte ich das Rennen abgelehnt."

Sofort stimmte ich mit ein und ehe ich mich versehen konnte lief er tiefer in den Wald hinein.

Anscheinend sollte ich ihn diesmal fangen. So jagten wir uns eine ganze Weile gegenseitig durch das Geäst. Ich hatte lange nicht mehr so viel Spaß gehabt, da war es mir egal ob das was wir machten kindisch war oder nicht. Als wir beide außer Atem an einer großen Tanne ankamen, beschlossen wir eine letzte kleine Challenge zu starten. Wer es schaffte am schnellsten zu dem abgebrochenen Ast zu klettern musste nichts mehr für die Hausarbeit machen. Eigentlich war es unfair da ich wusste das ich schneller war, doch wollte ich mir nicht die Chance entgehen lassen Jared eins auszuwischen. Nachdem wir wieder bei Kräften waren, gab ich das Startsignal und wir kletterten drauflos. Schon nach wenigen Sekunden war ich fast doppelt so hoch wie er. Ich konnte mir dazu leider kein Kommentar verkneifen: "Oh wo bist du denn? Du bist noch soo weit unten?! Da lernt ja ein Pinguin schneller fliegen!"

Lachend drehte ich mich um als ich sah wie er versuchte sich mehr zu beeilen, da hörte ich ein leises knacken. Erschrocken fixierte ich Jared und den Ast auf dem er sich gerade stellen wollte. Doch es war zu spät, ehe er sich versah gab der Ast unter ihm nach und er fiel in die Tiefe. Ohne weiter nachzudenken sprang ich ihn hinterher und erwischte ihn gerade noch so und zog ihn auf einen der letzten Äste bevor der Boden ihn erwartete. Wir begaben uns sofort auf den sicheren Grund und als sich der Schock löste, fiel mir auf das ich etwas Unmögliches getan hatte. Als ich aufsah trafen meine Augen seine, doch anstatt Dankbarkeit standen darin nur Unverständnis und Angst.

Nein, nicht nur Angst, es war der blanke Horror den er sah.

Wie sollte ich das jetzt bloß erklären?

Eine außergewöhnliche Verwandlung #waveaward19Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt