Spionage

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Immer schneller rannte ich die Straße entlang, immer weiter in die Stadt hinein. Ich nahm keine Rücksicht auf andere Passanten, nur nebenbei bemerkte ich, dass ich hin und wieder mit jemanden zusammenstieß und mir wüste Flüche hinterher gerufen wurden. Zu fokussiert war ich auf mein Ziel. Das große Gebäude in der die Organisation seinen Sitz haben sollte erhob sich jetzt genau vor mir. Sicherheitshalber zog ich meine Jacke zu und setzte mir ein Basecap auf, das ich extra für diesen Zweck mitgenommen hatte. So unauffällig wie es mir möglich schien, schlich ich an den Fenstern und der Tür des großen Gebäudes vorbei um einen Blick ins Innere zu erhaschen.

Es wirkte nicht bedrohlich und als ich am Haupteingang ankam bemerkte ich auch wieso. Inzwischen hatte sich hier eine Bank niedergelassen und eine Filiale mit Büroplätzen daraus gemacht. Niedergeschlagen blieb ich vor der großen Glasfront stehen. Meine Befürchtung war eingetroffen, das was ich eigentlich suchte war umgezogen und hatte ihren Standort hier aufgegeben.

Ich sah keine Möglichkeit nachzuverfolgen wo sie sich jetzt befanden und ob sie überhaupt noch öffentlich agierten.

Enttäuscht trottete ich durch die Straßen, die Hände tief in meinen Jackentaschen vergraben. So ein Mist! Endlich hatte ich eine Spur und die verlief sich im nichts.

Frustriert kickte ich einen Bierdeckel auf die Straße. Klirrend rollte er immer weiter bis er kurz vor dem Bordstein der anderen Seite scheppernd umfiel und liegen blieb.

Doch mein Blick galt schon länger nicht mehr nur ihm. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich die Frau an, die auf der anderen Straßenseite geschäftig in ihr Handy redete. Ihre langen roten Haare waren in einen strengen Dutt hochgebunden, aus dem sich einige Strähnen gelöst hatten, die nun wild in ihr Gesicht hingen und von Wind umspielt wurden. Sie war groß, hatte einen schlanken Körper, wirkte aber durchtrainiert und eigentlich ziemlich unauffällig mit ihren grau braunen Klamotten. Doch mir war sie gleich ins Auge gesprungen als sie dort vorüberging. Ich war mir sehr sicher, dass es sich bei ihr um die Frau auf dem Foto mit meinem Vater handelte.

Auch wenn inzwischen ca 20 Jahre vergangen waren seit das Foto aufgenommen wurde, hatte sich die Frau vor mir kaum verändert. Wenn doch, dann war sie höchstens noch hübscher geworden, was für eine Frau in den Vierzigern nicht selbstverständlich war.

Mit neuem Mut machte ich mich auf ihr zu folgen. In einem passenden Abstand lief ich ihr entschlossen hinterher. Erst ging es an der Hauptstraße entlang, doch je länger wir liefen desto schmaler wurden die Straßen bis wir durch ein Gewirr an kleinen Gassen wanderten.

Je enger es wurde umso mehr stieg mein Misstrauen. Was wenn sie mich entdeckt hatte? Wenn das der Fall war hatte ich ein großes Problem. Sie arbeitete für die Organisation, war trainiert und sicher zu allem bereit.

Ich ließ mich noch etwas weiter zurückfallen um auf keinen Fall entdeckt zu werden, richtete mein Gehör auf ihre Schritte aus um sie nicht zu verlieren und schlich so leise wie möglich weiter.

Endlich lichtete sich das Labyrinth aus Seitengassen und ich trat auf eine kleine Allee hinaus an der sich Häuser reihten. Erleichtert atmete ich aus. Ich hatte umsonst Angst gehabt, denn allen Anschein nach wohnte sie hier irgendwo. Gerade noch so hörte ich Schlüssel klimpern und eine Tür zuschlagen als ich um die nächste Ecke bog. Vor mir war ein langer Schotterweg, etwa um die 20m, der zu einem Haus mit großem Grundstück führte. Staunend trat ich an das Tor heran, dass mich von dem Grundstück trennte. Links und rechts erhoben sich große Hecken, die das Haus vor Blicken schützten, auch wenn die Bäume, die den Schotterweg entlang gereiht waren auch schon einiges abschirmten. Nachdenklich betrachtete ich das Gebäude. Hier also wohnte diese Frau. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich keinen Plan hatte was ich eigentlich tun sollte. Zu klingeln schien mir etwas banal zu sein. Ich konnte mich ja nicht einfach vor ihre Tür stellen, das Foto hochhalten und sagen 'Guten Tag, das auf dem Bild sind doch sie neben meinem Vater. Können sie mir bitte erklären was ihre Firma so treibt?'

Nein, das ging nun wirklich nicht. Gedankenverloren schlich ich um die Büsche herum, bis ich feststellte, dass die Rückseite des Geländes in ein kleines Waldstück mündete. Überrascht zog ich meine Augenbrauen hoch. Das hatte ich von vorne gar nicht gesehen. Doch der Wald kam mir ganz gelegen. Er erleichterte es mir herauszufinden, was in diesem Haushalt vor sich ging. Schnell hatte ich eine passende Stelle gefunden von der ich einen guten Blick hatte. Ohne Probleme kletterte ich geschickt den Baum hinauf und schon sah ich alles ohne selbst gesehen zu werden. Gespannt horchte ich auf die Stimmen, die aus dem Haus klar und deutlich zu mir durchdrangen. Es handelte sich dabei eindeutig um die rothaarige Frau und einen Mann, die sich lauthals zu streiten schienen. Der schiefhängende Haussegen ging mich jetzt nicht wirklich etwas an und so wendete ich mich gespannt der oberen Etage zu. Dort nahm ich deutlich Musik wahr. Der Bass dröhnte so laut aus den Boxen, dass ich ihn sicher auch mit normalem menschlichem Gehör gehört hätte. Wenn ich mich nicht irrte handelte es sich um ein Lied von einer zurzeit sehr beliebten Band bei Jugendlichen in meinem Alter. Leider gab die Person die es hörte keinen Ton von sich, sodass ich nicht identifizieren konnte welches Geschlecht sie hatte. Jedoch vermutete ich, dass sie in meinem Alter sein müsste anhand ihres Musikgeschmackes. Neugierig wie ich war konnte ich es nicht auf sich beruhen lassen. Ich sprang vom Baum und landete unbeschadet auf dem mit Nadeln bedeckten Grund. Als wäre es das natürlichste der Welt, kniete ich mich hin, holte tief Luft, konzentrierte mich auf die Musik und schon konnte es losgehen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 28, 2019 ⏰

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