23 - Schwertkunst

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Draco

Sommerferien 1997
Für mich ist es hier so falsch. Am liebsten wäre ich gerade in Nordirland, dann würde ich jetzt ausreiten auf Pandora, der Shettystute von Amelia, während alle anderen die großen Pferde reiten. Wir würden im Pool baden und so viel Kuchen essen, bis wir das Gefühl hätten, zu platzen. Doch stattdessen bin ich hier. An irgendeiner Küste in Schottland, mit drei weiteren Typen, von denen ich keinen mag und Bella. Auch wenn ich sie wirklich lieb habe, ich wäre gerne woanders. Für Bella mag das hier alles richtig sein, für Bella ist das hier ihre Lebensaufgabe, doch für mich ist es die Hölle. Und ich versuche, das nicht jeden Tag zu zeigen. Ich versuche nicht zu zeigen, wie der Hass auf jeden von ihnen immer größer wird. Keir konnte ich von Anfang an nicht ausstehen, auch Keylam ist mir suspekt. Er verschwindet so oft. Zudem ist er ein Kelpie und ich vertraue ihm nicht, auch wenn er gezähmt ist. Elias ist ein eigenes Thema. Irgendwie mag ich ihn, aber er ist Andromedas Sohn, zumindest von ihr aufgezogen worden. Ich hasse ihn, weil er immer ein Stück besser sein wird als ich. Er wird immer ein Stück mehr gemocht als ich. Er ist immer ein wenig freundlicher als ich. Er ist in allem besser und das hasse ich so an ihm. Und soll ich bei Bella anfangen? Sie ist das perfekte Mädchen, jeder liebt sie. Jeder sieht nur sie, die ganze Kindheit schon. Mein Vater hat dadurch mich vergessen, und wenn er mich einmal gesehen hat, bin ich nur ein Fehler gewesen. Amelia und Cassy sehen mich so, wie ich bin, weil sie auch Fehler haben und meine verstehen. Jeden Morgen schleiche ich auf den Dachboden, um etwas Zeit für mich zu haben. Der Krieg wird wohl bald anfangen, die Spannungen werden immer stärker. Dumbledore ist tot. Und ich stehe auf der falschen Seite.

Mir wird kalt, weshalb ich ein Leintuch von einer Kiste wegreiße. Sie ist offen und als ich sehe, was darin ist, juchze ich kurz erfreut auf. Schwerter. Und zwar wunderschöne, verziert mit Steinen und Kringeln. Vielleicht kann ich etwas Abwechslung in die Sache bringen. Schnell nehme ich fünf Schwerter heraus und renne die Treppen herunter. "Was hast du Draco?", lacht Bella, als sie mich so sieht. Als ich ihr die Schwerter zeige, verdreht sie die Augen. "Wie cool", lacht Keir hingegen und grinst mich an. Lächelnd schmeiße ich ihm eines zu, die anderen lasse ich fallen. Auch die anderen zwei Jungs brauchen nicht lange, bis sie sich Schwerter nehmen und anfangen, freundlich mit einander zu kämpfen. Natürlich, das hier ist der Kindheitstraum von jedem normalen Jungen. Bella steht am Rand, mit verschränkten Armen, doch sie lächelt. Keylam wirft ihr ein Schwert zu, welches sie geschickt auffängt. Dann rennt sie nach draußen, wir folgen ihr alle. Auf einmal heißt es Jungs gegen Mädchen. Bella schafft es tatsächlich, alleine gegen uns vier zu kämpfen und dabei noch gut darin zu sein. Kein einziges Mal trifft ein Schwert sie, sie gleitet einfach hindurch, dann ist sie wieder hinter dir. Natürlich, Bella beherrscht das Apparieren besser als wir alle und dann noch das Fliegen. Doch es sieht auch nicht aus, als hätte sie noch nie ein Schwert in der Hand gehalten, denn es wirkt fast so, als wären sie eins.

Wir haben uns in einer Reihe aufgestellt und Bella zeigt uns, wie man es richtig schwingt. An den Lächeln auf den Lippen der Jungs kann ich feststellen, dass sie gerade genauso viel Spaß daran haben wie ich. "Das war eine Klasse Idee, Draco!", ruft Keylam mir zu. Und das ist der Moment, in dem meine Mauern fallen und mein Lächeln noch breiter wird. Vielleicht sind doch alle ganz ok und sie sind auch nur Menschen, die darunter leiden, was sie hier machen müssen. Abwechslung ist immer gut. Vielleicht sollte ich zur Abwechslung mal versuchen, die anderen zu verstehen, bevor ich über sie urteile, nur weil sie besser wirken als ich.

Am Nachmittag machen wir aber dann doch noch normales Training, es würde ja auffallen, wenn wir viele Trainingseinheiten geschwänzt haben. Wir haben keine Regeln, wir kämpfen hier, als würde unser Leben davon abhängen. Natürlich, wir unterlassen die drei verbotenen Flüche, doch um die restlichen schert sich keiner. Mit Keylam haben wir jemanden, der sich perfekt mit Kräutern besser auskennt als wir, zudem beherrscht Elias die Heilzauber perfekt. Ich möchte auch einmal Heiler werden, deshalb übt Elias auch manchmal mit mir. Auch wenn sich hier jemand verletzt fragt er mich, was zu tun wäre. Natürlich handelt es sich bei den Verletzten nie um Bella, es sind immer Keir, ich oder eben Elias. Bei den Kämpfen mit Zauberstab steht Keylam am Rand und schaut uns zu. Eigentlich schaut er meistens nur Bella zu, wie sie einen Fluch nach dem anderen auf Keir abfeuert, der ordentlich Probleme hat, diese von seinem Körper wegzuhalten. Aber ich verstehe, warum er sie anschaut. Sie wirkt so bezaubernd im Kampf, ihre roten Augen sind dabei einfach unglaublich. Wir haben immer Angst, wenn wir gegen sie antreten müssen, denn auch wenn es nur eine Übungseinheit ist, sie kennt kein Gnade. All ihre Bewegungen sind perfektioniert. Kein Wunder, dass sie immer die beste ihren Jahrgangs ist. Vertrauensschülerin ist sie trotzdem nicht geworden, dazu ist sie ein wenig zu sehr Außenseiter und wirkt wohl unfreundlich. Ich weiß, dass sie in letzter Zeit sogar ihre einzige Freundin weggestoßen hat. Und auf einmal beginne ich, sie zu verstehen. Bella hat nie ein normales Leben gehabt, wie sollte sie denn auch normal sein? Sie ist nur deswegen so perfekt, weil ihr ihre Kindheit genommen wurde. Und auf einmal bin ich dankbar, dass ich immer im Schnee spielen konnte, mit meinen Puppen spielen konnte und auf einem Besen fliegen konnte, während sie und mein Vater im Haus gewesen sind und mir damals unbekannte Dinge getan haben. Bella tut mir Leid.

wir sind nicht da || Harry Potter FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt