18 - Horkruxe

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Elias

Freitag Abend, November 1996
Bella hat mir vorher noch per Gedanken übertragen, dass wir uns heute ganz oben am Astronomieturm treffen. Ich soll Draco nicht Bescheid sagen. Ich habe irgendwie ein ungutes Gefühl, doch es scheint wichtig zu sein. Um Mitternacht schleiche ich mich mit dem Tarnzauber aus dem Schlafraum, nur die Illusion eines schlafenden Ichs bleibt zurück. Wie immer komme ich beim Steigen der Stufen leicht außer Atem, was sich legt, als ich Bella erblicke. Sie schwebt die Treppen hinauf, anmutig und elegant. Ich seufze. Mir hat niemand beigebracht, wie das besenlose Fliegen geht, aber Bella hat mir versprochen, es die nächsten Winterferien zu machen, wenn wir wieder im Malfoy Mannor sind. Oben angekommen schaut Bella mich an und schüttelt grinsend ihren Kopf: "Du ziehst dich nie anständig an, Bruder." Als ich an mir herunterschaue bemerke ich, dass ich noch in meinem Schlangen-Schlafanzug bin, der mir schon vier Nummern zu klein ist, da Dora in mir nach dem zweiten Jahr in Hogwarts geschenkt hat. Mit kurzen Murmeln hext sie mich in meine Alltagsklamotten - ein schwarzes Hemd und Jeans. Doch dann wird sie ernst. "Bevor wir hin apparieren, möchte ich dich noch warnen. Es wird vielleicht gleich ein wenig heftig für dich", dann nimmt sie mich an der Hand und bevor ich noch weiter über ihre Worte nachdenken kann, stehen wir wieder in der Küche des Mannors. "Sie sind da!", ruft eine kleine Kinderstimme. Delphi. Wir folgen unserer kleinen Schwester, was schon ein wenig ungewohnt ist, denn normalerweise ist es Lucius, der uns empfängt und uns zu den anderen bringt. Im Saal bleibt mir erst einmal die Luft weg, denn das Bild das sich uns bietet, ist für mich fast unerträglich. Eine Familie sitzt, in Fesseln, in der Mitte des Saals. Sie drücken sich dicht aneinander und das kleine Mädchen, welches sich fest an ihren Vater drückt, ist höchstens acht. "Kinder", ertönt die beängstigende Stimme meines Vaters und ich schaue in seine Richtung. Er hält in seinen Händen seinen Zauberstab, den ich schon immer bewundert habe und hält damit den Zauber aufrecht. "Bellatrix, stell dich bitte in die Mitte", fordert er unsere Mutter auf und sie tut mit einem Lächeln, was er ihr sagt. "Crucio", ist zu hören und das Schreien einer Frau, die glücklicherweise nicht Bellatrix ist. Gleichzeitig kreischen drei weitere Stimmen mit, die mir wohl immer im Gedächtnis bleiben werden. Die zwei Worte überhöre ich sogar, doch den grünen Blitz lässt mich meine Augen schließen. Doch ich überspiele es und bleibe stocksteif stehen. Was dann folgt, ist beängstigend. Der Dunkle Lord murmelt eine Formel, jedenfalls hört es sich für mich so an und im nächsten Moment löst sich etwas schwarzes von ihm los und schwebt auf unsere Mutter zu. "Elias", bittet er mich in die Mitte. Ich schaffe es nicht, die Schreie der Kinder aus meinem Kopf zu kriegen, als auch der Vater ermordet wird. Das nächste, was ich richtig wahrnehme, ist das schwarze etwas, dass von meinem Vater in mich schwebt und mich besser fühlen lässt. Es übertönt die Schreie, es übertönt das herzzerreißende Bild, dass sich mir zeigt. Ich fühle mich mächtig und vollkommen.

Die ganze Prozedur dauert nicht all zu lange und ich wundere mich nicht, warum Bella auf einmal so zufrieden wirkt. Ich verstehe auch, warum Delphini auf einmal anfängt zu lächeln wie eine Gestörte. "Bellatrix, Delphini", mit einem kleinen Wink weist er die beiden nach draußen, zurück bleiben Bella, ich und er. "Jetzt liegt es an euch." Im nächsten Moment werden zwei junge Muggel hereingeführt, ich weiß, dass es Unschuldige sind. Bella macht den Anfang, wie immer. Zuvor sucht sie sich allerdings eine der fünf Ketten aus, die auf dem Boden liegt. Sie entscheidet sich für einen dunkelblauen Stein, der eingefasst an einem Lederband hängt. Als hätte sie es jahrelang geübt bring sie, ohne mit der Wimper zu zucken, die Frau des Paares um und dieses Mal schwebt dieses schwarze Etwas von ihr aus zur Kette. Vater legt ihr lobend die Hand auf die Schulter und legt ihr die Kette um den Hals: "Verlier sie niemals." Und dann bin ich an der Reihe. Die Kette, die ich mir aussuche, ist weit auffälliger als Bellas, doch sie fasziniert mich beim ersten Anblick. Ein schwarzes Medaillon mit einem Vogeltotenkopf vorne oben. Ich weiß nicht, woher ich die Kraft habe, die Worte auszusprechen und ich weiß nicht, wo ich es gelernt habe. Nur Sekunden später trennt sich etwas von mir und geht in die Kette. Vater lächelt wieder, lobt mich und legt mir, wie vorher meiner Schwester auch, die Kette um. "Geht jetzt", sind seine letzten Worte, dann apparieren wir zurück auf den Astronomieturm.

Samstag Morgen, November 1996
"Hey El, sollen wir zusammen am See lernen gehen?", fragt Louis mich und er wirkt, wie so oft in letzter Zeit, nervöser als früher. Ich nicke und packe ein paar Bücher an. Seit ich den Sommer im Malfoy Mannor verbracht habe, muss ich nicht mehr lernen, da ich dort schon alles gelernt habe, was noch gefehlt hat. Bis auf das Schweben. Wir spazieren gemeinsam hin und ich stutze kurz, als ich weiter hinten Bella mit Keir erblicke. Mir gefällt nicht, wie er sie behandelt. Irgendwie vertragen die beiden sich absolut gar nicht, und andererseits könnte man fast sagen, dass die Chemie doch stimmt. Doch ich wende meinen Blick ab und konzentriere mich wieder auf Louis, der mir gerade erzählt, dass ich unbedingt Mal im Sommer zu ihm auf die Farm kommen soll. Ich wünschte, ich könnte das machen. Doch leider kann ich ihm nicht erzählen, dass meine ganzen Sommerferien des nächsten Jahres aus Lernen bestehen werden. Mit töten. Und mit so komisch abgefahrenen Dingen wie heute Nacht.

Wir sitzen schon seit einer Stunde am See, mit dem lernen haben wir aufgehört und reden über belanglose Dinge. Wie die ideale Farben eines Regenschirms und warum Donuts Löcher in der Mitte haben. Wir brechen immer wieder in Lachen auf, bis ich die Stille durchbreche und schnell einen Schutzzauber ausspreche: "Kannst du dich noch an den Tag erinnern, an dem du meine Hände abgesucht hast, weil du dachtest, ich verletze mich?" Natürlich ist die gute Stimmung weg und ich könnte mich dafür umbringen, doch ich muss mit jemandem drüber reden, der nicht Bella heißt. "Du bist jetzt also...?", er schaut sich um, ob jemand da ist, doch ich beruhige ihn, indem ich ihm sage, dass ich den Anti-Spionen-Zauber schon angewendet habe. "Ja. Ich bin ein Todesser", murmle ich und er nimmt mich in seine Arme: "Hast du IHN den schon getroffen?" Entweder ich rücke jetzt mit der kompletten Wahrheit heraus, oder ich werde es nie mehr tun, weil mir der Mut fehlt. "Ja, er ist..", ich schlucke nochmals, "Voldemort ist mein Vater." Ich habe erwartet, dass er mich wegdrückt, habe erwartet, dass er mich schlägt, dass er wegrennt und es allen erzählt, doch stattdessen drückt er mich noch fester. "Das ist vollkommen okay, du bist immer noch mein Elias", murmelt er. Ich drehe mich um und schaue ihn an. Und bevor ich etwas sagen kann, liegen seine Lippen auf meinen. Ich kann an nichts mehr denken und das einzige, was ich bemerke, sind seine weichen Lippen, die Hände, die mein Gesicht halten und das Feuerwerk im Bauch.


wir sind nicht da || Harry Potter FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt