12 - Kriegsbeil vergraben

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Bella

Ende Sommerferien 1995
Elias und ich beraten uns wie jedes Mal, was wir anziehen könnten. Er schlägt mir ein schwarzes Kleid mit Ausschnitt vor und da ich es irgendwie mag, ziehe ich es auch an. Eli studiert nicht so lange wie ich, sondern zieht wie immer das Hemd und eine Veste an, so passt es ihm gut. Doch heute habe ich wieder einen Grund, etwas nervös zu sein, denn heute ist Draco zum ersten Mal dabei. Und er hat noch keine Ahnung, dass ich seine Tochter bin, er hat keine Ahnung von nichts. Ich habe Angst, dass er mich danach anders behandeln wird wie zuvor. Vor allem, da ich weiß, dass er es nicht freiwillig macht.

Ich nehme den Tarnzauber von mir runter und sofort glätten sich meine Haare und im Spiegel erkenne ich zufrieden, dass meine stechend roten Augen wieder da sind. Elias grinst und haut mir spielerisch gegen den Arm. Ich ähnle unserem Vater mehr als er, vielleicht auch, weil ich mit Todessern aufgewachsen bin und Elias eine normale Kindheit gehabt hat, wo er damit nicht konfrontiert worden ist. Dafür hat er sich jetzt über die Sommerferien voll gut an sein neues Leben gewohnt und er hat sich nur ein wenig verändert. Denn jetzt glaubt er an alles, was unser Vater uns mitteilen will und ich bin stolz darauf. Als Vater ankommt, legt er uns jeweils eine Hand auf die Schulter, es ist seine Art, uns zu begrüßen. Dann folgen wir ihm in den Saal. Und ja, Draco sieht aus, als würde er jede Sekunde umkippen, er atmet nicht einmal für die ersten paar Sekunden. Ich senke meinen Blick, doch nur, um dann mit gesammelter Energie wieder in die Augen der Todesser zu schauen. Jeden einzelnen kenne ich und es erfüllt mich mit Stolz, dass sie meinem Vater nicht halb so viel bedeuten wie ich und Elias es tun. Meine Augen bleiben an Sev hängen, der mich sorgevoll mustert. In den Sommerferien habe ich es nur zwei Mal geschafft, ihm einen Brief zu schreiben, denn da unser Vater jetzt wieder da ist, heißt es, täglichen Unterricht.

Nach dem Treffen geht es heiter zu, doch ich ziehe mich nach oben in mein Zimmer zurück. Sobald ich meine blonden Haare und braunen Augen wieder habe, gehe ich zu Draco. Vor der Zimmertüre wartet Elias schon auf mich, wir können uns ja immerhin ohne zu reden verständigen. Wir klopfen an und betreten dann ins Zimmer. Draco ist oberkörperfrei und Elias hält mir die Augen zu, während ich anfange zu kichern: "El, es ist nicht das erste Mal, dass ich ihn so sehe!" Kurz ist ein raues Lachen zu hören, dass unverkennbar das von Draco ist. "Bist du sauer auf uns?", frage ich schüchtern. Es ist das erste Mal in den Jahren, dass ich wirklich Angst habe. Angst, meinen Bruder, Cousin und besten Freund zu verlieren. "Nein", sagt Draco, und dann werde ich umarmt. "Zieh dich an!", faucht Elias und wieder lacht Draco, zieht dann aber wirklich ein T-Shirt über. "Keine Angst", lacht er, "sie ist wie eine Schwester für mich!" Und dann schlagen sie ein und ich muss so übertrieben lächeln, weil ich weiß, dass das Kriegsbeil jetzt einfach so begraben ist. Sie werden sich jetzt vertragen.

1. September 1995
Es ist eine lustige Fahrt bis zum Bahnhof. El und Draco scherzen so herum, dass Lucius sie immer wieder ermahnt und fast einen Unfall baut, weil er sich so aufregt. Narcissa lächelt mir immer wieder zu, verdreht dann lachend die Augen, wenn ich ihren Blick erwidere. Hand in Hand laufen wir alle drei auf die Wand zu und kommen heil auf der anderen Seite an. Wir lachen, doch als ich die anderen sehe, lasse ich Els Hand los. Niemand hier weiß, dass wir Geschwister sind und ich will nicht, dass es so rüberkommt, als wären wir zusammen. Draco begrüßt strahlend drei Mädchen, eine davon kenne ich. Luna Lovegood ist in meinem Jahrgang und hat ein paar Fächer mit mir. Mir fällt auf, dass Draco die Gryffindor richtig anstrahlt und ich bemerke auch, dass sie mir extrem ähnelt. Verwirrt blicke ich nach hinten zu Narcissa und erschrecke regelrecht, als ich sie erwische, wie sie dieses Mädchen anstarrt. Es liegt etwas in ihrem Blick, dass ich als Schmerz identifizieren würde. Ich stupse El an, auch ihm fällt es auf. Lies ihre Gedanken, fordert er mich ohne Worte auf. Doch ich kann nicht, denn Narcissa ist wohl eine der beste in Okklumentik. Auch Lucius starrt das Mädchen an, dann seine Frau und zwar mit solcher Wut, dass es mich fast umhaut. Doch dann werde ich von hinten umarmt - Lou. Ich begrüße sie lächelnd, sehe weiter hinten auch schon Louis, Eli und Kyle, die gerade auf uns zukommen. Ich weiß, dass Eli ein wenig auf Lou steht, deshalb schupfe ich sie in seine Richtung. El und Louis umarmen sich und ich kann ein Gefühl von meinem Bruder kurz erspüren. Flatternde Schmetterlinge. Ich muss ihn mich hineingrinsen, denn offen kann ich es jetzt nicht zeigen. "Kommt, sonst verpassen wir den Zug!", lacht Kyle und geht schon vor. Ich drehe mich zu meinen Pflegeeltern um und umarme beide kurz. Es wird nicht lange dauern, bis wir uns wiedersehen, aber trotzdem ist es ungewohnt, sie nicht mehr täglich zu sehen. Vater hat mir beigebracht, wie ich den Schutz von Hogwarts umgehen kann und trotzdem apparieren kann. Ich werde Draco und El einfach immer mitnehmen, so können wir bei allen Todessertreffen dabei sein.

Im Zug verabschiedet Draco sich, er geht mit seinen drei Freundinnen und Blaise, der lachend den Arm um Luna gelegt hat. Und ich weiß, dass Draco noch viel lernen muss, denn es ist ein leichtes, seine Gedanken zu lesen. Die Gryffindor, die vorhin alle so verzückt angestarrt haben, heißt Cassy Leyner, lebt ihn Nordirland, mit der Ravenclaw, Meli. Cassys Bruder Patt ist verstorben, ihr Vater daraufhin verrückt geworden. Ihre Mutter lebt nicht mehr bei ihnen, sie ist auch ein Muggel. Ich wende mich ab, weil mich mehr nicht angeht. Doch etwas habe ich noch aus ihrem Kopf erhascht, was ich nicht sehen wollte. Diesem Mädchen geht es nicht gut. Ganz und gar nicht.

Ich, Lou und die Jungs sitzen im Zugabteil und ich lausche den anderen, während sie über ihre Ferien erzählen. Kyle und Eli waren mit ihren Eltern in Ägypten und haben wohl ziemlich viel erlebt, Louis ist zuhause geblieben, nur eine Woche auf einem Abenteuercamp. Lou ist mit ihrer jüngeren Schwester Jia und ihren Eltern nach Mallorca gereist, was ihr sehr gefallen hat, denn sie zeigt mir etliche Bilder. Dann kehrt wieder ein wenig Ruhe ein, Lou schläft, an Kyle gelehnt, ein, welcher nun stocksteif dasitzt, dass sie es bequem hat. Eli schlägt den Quibbler auf, Louis irgendein Buch. Elias und ich schauen uns einfach nur an, bleiben stumm, dabei diskutieren wir lautstark in unserem Köpfen mit dem jeweils anderen. Dieses Mädchen, Cassy, geht mir nicht auf dem Kopf. Irgendetwas hat sie an sich, dass ich nicht vergessen kann.

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Was am meisten weh tut?
Merken, dass man langsam ersetzt wird.
losergirl21 x

wir sind nicht da || Harry Potter FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt