21 - Farbklekse

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Keir

Sommerferien 1997
Bella sieht viel glücklicher aus, seit wir hier sind. Ich habe in letzter Zeit gemerkt, dass sie sich sehr mit allem beschäftigt, wie sie sich selber mit Fragen durchbohrt, auf die sie keine Antwort hat. Ich kann nicht leugnen, dass ich angefangen habe, sie zu mögen. So oft wie ich kann bin ich in ihrer Nähe, überspiele aber gekonnt alles. Sie übt seit zwei Tagen mit Keylam und es sieht perfekt aus. Komischerweise bin ich fast neidisch auf ihn, weil die beiden so ein harmonisches Paar abgeben. Heute Morgen wache ich früher auf wie sonst, wecke die Jungs und wir beschließen, heute einen Tag blau zu machen. "Hol die Kamera", grinse ich Elias zu, der lachend macht, was ich sage, da er schon ahnt, was ich vorhabe. Vielleicht ist das hier als Trainingscamp gedacht, doch wir werden die Tage nutzen, noch ein letztes Mal aufzuleben, denn wir wissen nicht, wer von uns den Krieg überlebt und wer nicht.

Bei Bellas Bett angekommen, muss ich kurz lächeln. Egal wie stark sie wirkt, im Schlaf ist sie ein Baby, das beschützt werden muss. Als ich sie packe und auf den Rücken werfe, kreischt sie los. Elias schaut schnell, dass sie ihren Zauberstab nicht kriegt, warnt mich aber auch, dass die Kleine das auch ohne hinbekommt. Aber dafür ist es offenbar noch zu früh am Morgen, denn mehr als auf den Rücken schlagen macht sie nicht. Ich renne lachend in die Bucht, Elias und Draco dicht hinter mir. Und dann werfe ich sie in das eiskalte Wasser. Kaum hat sie es geschafft, aufzustehen, spült die nächste Welle sie wieder mit. Wütend rennt sie auf mich zu, als sie es dann geschafft hat und springt auf mich, doch im Sprung appariere ich ins Haus.

"Jetzt brauchen wir drei Eier!", gibt Elias an, der einzige der irgendwie backen und kochen kann. Draco hat es nie gebraucht, Bella ist es definitiv verboten gewesen und naja, ich bin immer zu faul dafür gewesen. Doch der Dunkle Lord hat darauf bestanden, dass wir vor dem Krieg noch lernen, auf eigenen Beinen zu stehen. Keylam steht an den Kühlschrank gelehnt und lacht, als ich mich mit dem Ellbogen anschlage. Er fühlt sich sogar recht wohl in unserer Mitte, hat er selber zugegeben. Und obwohl ich ihn mag, habe ich Angst, dass Bella sich in ihn verliebt, nicht in mich. Ich bin ganz in Gedanken, als ich plötzlich etwas kaltes, nasses an meinem Kopf spüre, dass nach unten rinnt. Zugegeben, ich kreische ziemlich mädchenhaft los, was alle anderen zum lachen bringt. Bella bringt mit einem einfachen Zauber das Mehl zum explodieren und sieht dabei selbst am Schlimmsten aus, lacht aber am lautesten.

Elias

Ich habe eigentlich gedacht, dass Ruhe einkehrt, wenn der Kuchen aus dem Backrohr heraus ist, doch da habe ich offensichtlich falsch gedacht - ich habe einfach nicht mit den Kindsköpfen Keir und Draco gerechnet. Denn Keir wirft ein Kuchenstück nach Draco, der wiederum eines nach Bella wirft. Innerhalb einer Minute ist das ganze Haus ein Schlachtfeld geworden, überall fliegt Kuchen herum. Ehrlich gesagt, ich liebe es. Bella sieht so glücklich und frei aus, so habe ich sie noch nie erlebt. Sie hat mich immer an eine alte Ballettlehrerin erinnert - jetzt lebt sie. Aus purer Freude darüber stehe ich auf, steige auf den Tisch und fange an zu tanzen und zu singen. Bella schwebt neben mir her, Keylam springt neben mir hin und her, tanzen scheint nicht so seins zu sein. Dafür ist seine Stimme schöner wie alle von uns - immerhin sind Kelpies nicht umsonst als Sänger der Seen bekannt. Keir kann tanzen, dass sieht man von der ersten Bewegung an. Draco kann beides nicht wirklich gut, doch er macht einfach mit. Ehrlich gesagt kann ich es auch nicht, doch es fühlt sich in dem Moment so richtig an. Ich tanze ab und zu mit Keir, dann wieder mit Keylam. Irgendwann hören wir auf zu singen und schreien einfach nur noch, doch es ist ein fröhliches Schreien. Das Schreien wird zu Gelächter, als Draco auf einem Kuchenstück ausrutscht und der Länge nach hinfällt. Keir eilt zu ihm und rutscht auf dem exakt gleichen Stück aus, landet über ihm. Bella kann sich nicht mehr im Schwebemodus halten, sie fällt mit einem ziemlich lauten Plumpser auf den Boden und ich muss mich auf den Tisch setzen, weil ich sonst wahrscheinlich vom Tisch gefallen wäre. "Genial", japst sie immer und immer wieder. Dieser Tag wird in unsere Geschichte eingehen. Als der Tag, der wohl einzige Tag, an dem wir so richtig sorgefrei leben konnten. Ich will nicht sagen, dass ich eine schwere Kindheit gehabt habe, denn ich habe die perfekte Kindheit gehabt. Ich will damit sagen, dass ich noch nie dieses wundervolle Gefühl von dieser Freiheit gespürt habe, dieses Gefühl, dass jetzt nur dieser eine Moment zählt, der jetzige Moment. Morgen wird es uns vielleicht wieder schlecht gehen, morgen werden wir vielleicht in eine richtige Depression fallen, doch was morgen ist, ist uns jetzt egal. Denn wir leben jetzt und vielleicht nie wieder.

wir sind nicht da || Harry Potter FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt