14 - Patt

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Bella

Ende Schuljahr 1996
Noch nie habe ich mich so gefreut, dass ein Schuljahr endet, wie dieses Jahr. Denn jetzt werde ich heimkommen und zuhause werde ich nicht nur täglich lernen und einmal die Woche Abends auf ein Todessertreffen gehen. Ich kann endlich Zeit mit meiner Mutter, meiner leiblichen Mutter verbringen. Auch für Draco werden diese Ferien anders, denn er darf eine Woche lang zu Cassy und Amelia nach Nordirland fahren, anschließend kommen die beiden Mädchen dann zu uns. Ich bin schon gespannt wie es wird, ein Haus mit Todessern und dann eine Gryffindor und Ravenclaw. Hoffnung habe ich schon, dass es irgendwie okay wird, doch ich weiß nie, wie Lucius reagiert. Aber am meisten Angst habe ich vor der Reaktion meiner Mutter. Sie würde alles für meinen Vater tun und der wird es sicher nicht toll finden, wenn ich mir mit zwei Halbblütlern das Haus teile. Naja, irgendwo sind ich und Elias ja auch Halbblütler, doch das sind wir gewohnt totzuschweigen. Von mir denken sowieso alle, dass ich Reinblut bin und bei Elias ist es auch bekannt.

Die Zugfahrt sitze ich neben Elias, wie in letzter Zeit so oft. Ich würde gern mehr Zeit mit Draco verbringen, doch er hängt nur noch mit Cassy, Amelia und Luna ab. Aber gut, wenn er will, dann soll er eben auch. Und doch habe ich ein komisches Gefühl bei den dreien. Ich sehe jeden Tag, wie Draco aufblüht, wenn er nicht täglich bei den Slytherins abhängt, doch da ist etwas an der Art von Cassy, die mich so verwirrt. Ich habe mich auch schon mit El darüber unterhalten und auch er meint, dass sie mir irgendwie ähnelt. Doch es kann nicht sein, denn sie kommt aus Nordirland und wird ganz sicher nicht mit mir verwandt sein. Eli und Kyle blödeln herum und Louis starrt meinen Bruder ständig an. Generell ist mir aufgefallen, dass er in letzter Zeit oft abwesend ist und dabei immer Elias anschaut. Fast würde ich die Vermutung aufstellen, dass er auf meinen Bruder steht, doch ich habe den Gedanken schnell wieder verworfen, als ich gesehen habe, wie er Pansy hinterher schaut.

Als der Zug endlich in London am Kings Cross stehen bleibt, springe ich gleich hinaus, denn mir ist während der Fahrt richtig schlecht geworden. Zum ersten Mal seit ich diesen Weg fahre. Und ich weiß, dass es nicht vom Fahren kommt, sondern weil ich eine Vorahnung habe. Ich entdecke meine Pflegeeltern am Bahnsteig und gehe schnellen Schrittes auf sie zu. "Hallo meine Liebe", lächelt Lucius und nimmt mich kurz in seine Arme. Dann wende ich mich meiner Mutter zu und drücke sie fest. Sie hat sich verändert in diesem Jahr. Sie ist schmaler geworden und ihre Haut wirkt fahler als sonst. "Zuhause", flüstert sie und ich zucke kurz zusammen. Elias kommt kurz nach mir an und er wirkt wieder ein wenig traurig. Ich weiß, dass er Andromeda, Ted und Dora vermisst. Es ist auch verständlich, immerhin ist er bei ihnen aufgewachsen. Doch sie wird jetzt auf einmal wieder als Blutverräterin angesehen und er darf sie nicht mehr sehen. Ehrlich gesagt würde auch ich gerne mal meine Tante kennenlernen, doch ich bleibe stumm. Draco verabschiedet sich kurz, dann geht er mit den Mädels mit. Ich schaue ihnen ein wenig wehmütig hinterher. Ein Sommer ohne Draco hatte ich noch nie, es wird ungewohnt. Wir drehen uns um und steigen in unser Auto.

Es ist eine stille Autofahrt, niemand spricht, der Radio läuft sowieso nie. Das einzige was zu hören ist, ist das ständige Geräusch unseres Autos. Jeder hängt seinen Gedanken nach und als ich einen kurzen Einblick in Lucius bekomme, stockt mir der Atem.

"Dein Essen", sage ich gehässig und werfe dem Jungen vor mir ein paar Brotkrümel hin. Der blonde Junge vor mir senkt seinen Blick nur noch mehr, was gut ist, denn ich ertrage es nicht, das Gesicht meines Sohnes darin spiegeln zu sehen. Wie konnte Narcissa mir dies antun?

Schnell versuche ich, meine Atmung unter Kontrolle kriegen, ich darf mir nichts anmerken lassen. Doch darin bin ich sowieso Profi. Meine Schutzmauern fallen nicht. Niemals. Wir kommen endlich am Malfoy Manor an. Davor steht ein kleines Mädchen mit wehenden blonden Locken in einem luftigen weißen Kleid. Sobald das Auto hält springe ich heraus und renne auf die Kleine zu, sie auf mich. Ich nehme sie in meine Arme, sie krallt sich an mir fest. "Hey, Kleine. Hast du viel gelernt?", frage ich sie und sofort beginnt sie mir begeistert zu erzählen, was sie neu gelernt hat in dem Jahr, in dem wir nur Abends zu den Treffen kamen. Bei diesen Treffen ist sie nicht dabei gewesen, denn sie ist die Geheimwaffe, falls ein Spion in unseren Reihen ist.

Am Abend werde ich endlich wieder etwas lockerer, wir spielen immer abwechselnd Zauberschach. Am Ende vom Tag ist Delphini die Gewinnerin und als Preis schenke ich ihr einen Kuschelhasen, den ich in Hogsmeade gekauft habe. Sie strahlt und benennt ihn dann auch nach mir. Aideen. Elias und ich spielen noch ein kleines Stück vor, dass wir dieses Jahr in der Schule gelernt haben und bringen den anderen einen Wiener Walzer bei. Es ist eine freie und lustige Stimme im Haus und ich tanze abwechselnd mit Lucius, Delphini, Narcissa, Bellatrix und Elias. Und eigentlich, wenn man mal unsere Herkunft ignoriert, und den Fakt, dass in diesem Raum zwei Frauen sind, die ich als Mutter sehe, könnten wir eine komplett normale Familie sein, die ein bisschen Spaß hat.

Doch Nachts spüre ich nichts mehr von der Glücklichkeit, die nur noch zwei Stunden zuvor so prägend gewesen ist. Ständig muss ich an den Jungen denken, der ausgeschaut hat wie Draco. Und im nächsten Moment fällt es mir wie Schuppen von den Augen. In derselben Sekunde renne ich zu Elias ins Zimmer und versuche ihn so leise wie möglich zu wecken. "Warum weckst du mich mitten in der Nacht, spinnst du?!", faucht er giftig. Wäre die Situation nicht so ernst, würde ich etwas zurücksagen, doch stattdessen antworte ich: "In unserem Keller ist Cassys verlorener Bruder, Patt."

wir sind nicht da || Harry Potter FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt