Verschwitzt, ausgelaugt aber vollkommen glücklich lag ich in Noels Armen und lauschte seinem gleichmäßigen Atem.
Meine Lippen waren zu einem leichten Lächeln geformt, die Augen hatte ich geschlossen. Mein Kopf ruhte auf Noels Brust, die sich bei jedem Atemzug ein wenig anhob und kurz darauf wieder senkte.Es war wie ein Traum. Dieser Mann war ein Traum. Man konnte mit ihm Lachen, Weinen, Streiten, Küssen und Lieben.
Wo ist der Haken?
Ich überlegte, doch als ich nichts fand, was gegen ihn sprach, musste ich mir eingestehen, dass er wirklich perfekt war. Mein perfekter Mann mit den grünen Augen und den blonden Haaren.Meine Hand lag in seiner, sie verschwand beinahe darin, so groß war seine. Noels Daumen streichelte zärtlich meinen Handrücken.
Müde schloss ich meine Augen und wusste, dass ich heute von etwas Wundervollem träumen würde.
**
Etwas Grelles weckte mich. Ich hielt meine Augen noch geschlossen und doch sah ich nicht die Schwärze meiner Lider, sondern eher ein feuriges Rot. So, als würde jemand mit einer Taschenlampe direkt auf meine Augen zielen.
Langsam öffnete ich sie und versuchte gegen das strahlende Sonnenlicht, das die Ursache dieser Helligkeit war und sich erbarmungslos durch das Fenster aalte, anzublinzeln. Ich scheiterte jedoch kläglich und musste gleich darauf niesen. Dies war eine schreckliche Angewohnheit meines Körpers. Sobald es zu hell für mich war, konnte sich jeder sicher sein: Gleich würde Juna niesen.
„Wa...?", schreckte Noel aus dem Schlaf.
Ich musste kichern. „'Tschuldigung."
Müde ließ sich Noel wieder auf die Matratze sinken und fuhr sich mit einer Hand durch die zerzausten Haare. „Dann sind wir beide wenigstens schon mal wach", seufzte er, um das Beste daraus zu machen. Als Antwort gab mein Magen ein knurrendes Geräusch von sich.Peinlich berührt presste ich meine Hand auf meinen Bauch, um ihn so zum Stillschweigen zu zwingen.
Noel lachte jedoch nicht, sondern sah mich eher mitleidig an. „Ich habe auch einen Bärenhunger. Am liebsten würde ich jetzt ein saftiges Steak essen", sagte er und leckte sich kurz über die Lippen. „Zum Frühstück?", rief ich mit einem angeekelten Gesichtsausdruck. Doch wenn ich so überlegte, würde ich es auch essen. Gestern gab es nur einen Apfel und einen Müsliriegel. Über den ganzen Tag gesehen war dies eindeutig zu wenig, aber wir hatten ja nichts.Ich wäre jetzt mit allem zufrieden gewesen. Es hätte Tunfisch mit einem Marmeladenbrot geben können und ich hätte es vermutlich köstlich gefunden.
Der Gedanke an Nahrung machte die Situation noch unerträglicher. Ich hatte richtige Bauchschmerzen vor Hunger und nach Noels Befinden zu schließen, erging es ihm nicht einen Deut besser. „Komm. Wir kochen uns etwas Gutes."
„Aus einer Hand voll Nudeln und was noch? Einem Hirsch vom Wald?", fragte ich sarkastisch. „Du wirst staunen. Ich zaubere dir ein großartiges Menü aus besten deutschen Spaghetti, gewürzt mit einem Hauch von Nichts, abgeschmeckt mit einem Mü aus Luft und serviert mit einer großen Prise Liebe."
Er gab mir einen Kuss auf die Stirn. Ein Funkenschauer regnete auf mich herab und ich schloss kurz meine Augen, um diesen Augenblick zu genießen.Dann ließ er von mir ab und ich lachte ein wenig über seine Darstellung unserer kommenden Mahlzeit.
Noel stand auf und zog sich an. Ich wusste gar nicht, wo ich hinschauen sollte. Gestern hatte ich ihn ja auch vollkommen entblößt gesehen, doch da habe ich nicht über mein Schamgefühl nachgedacht. Gestern hatte ich anderes im Kopf.
Ich starrte an die Decke, mit dem blöden Gefühl, ganz schön dämlich dabei auszusehen.Ich beschloss, mich ebenfalls anzukleiden, so hatte ich eine Beschäftigung und würde ihn nicht dauernd anstarren.
Fertig angezogen stand ich auf und geriet plötzlich ins Wanken. In meinen Augen explodierten kleine schwarze Punkte und raubten mir nach einer Sekunde vollkommen die Sicht. Mir brach der Schweiß aus.
„Juna? Geht's dir gut? Du wirst ganz blass", Noels Stimme drang von irgendwoher an mein Ohr. Ich begann zu Schwanken und suchte mit meinen Händen Halt. Ich griff jedoch nur ins Leere. Panik brach aus. „Ich sehe nichts mehr", keuchte ich, meine Stimme hörte sich an wie von einem anderen Stern. Viel zu hoch, viel zu piepsig. Das starke Rauschen in meinen Ohren verstärkte den Schwindel. Oh Gott, gleich kippe ich um!

DU LIEST GERADE
Gefangen im Schnee
Teen FictionTeil 1 - A B G E S C H L O S S E N „Hey!", rief Noel von hinten. Wir drehten uns zu ihm um. „Denkt ihr, dass.." Klatsch! Noels Mütze, Gesicht und Schultern waren komplett weiß. Eine riesige Ladung Schnee war von der Tanne über ihm gerutscht und auf...