7. Kapitel

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Bea Miller - Like that☀

K a t h a r i n a

„Schritt nach rechts. Eins, zwei, drei, vier... Stopp. Versuch' dich mehr nach hinten zu lehnen, Kath." Scott dreht sich zu mir um. Die Choreographie kann ich mir sehr gut merken, aber es ist schwierig für mich ohne Musik zu tanzen.

Entgeistert sehe ich Scott an. Unser Verhältnis hat sich in den letzten vier Stunden sehr verbessert und es kommt mir vor, als wäre ich jetzt schon ein Teil einer großen, verrückten Familie. Auch, wenn ich die blondhaarige Tussi, namens Diana, nicht leiden kann. Nein, wenn ich eine Person auf diesem Erdreich hasse, dann wird es wohl Diana sein. Nicht, weil ich Blonde hasse. Auf keinen Fall. Wenn man in Finnland aufwächst, dann gibt es nicht viele Mädchen die nicht blond sind. Nein, ich hasse Diana nicht wegen ihren Haaren, sondern wegen ihrem Charakter. Sie ist furchtbar anstrengend und lässt kein gutes Haar an mir.

Wie jetzt gerade.

„Vergiss' es doch, Scott. Die lernt es doch niemals", erklärt sie abschätzig. Ich möchte darauf gerade etwas erwidern, aber Jillian kommt mir zuvor. „Erinnerst du dich eigentlich an deine ersten Versuche, die Choreo hinzubekommen, Hampelmann? Einem Hund hätte man diese Choreo schneller beibringen können als dir, also komm von deinem hohen Ross runter, denn dein Niveau befindet sich unter der Erde!" Die rothaarige Asiatin scheint ihr an den Hals zu wollen und Scott greift schnell ein, bevor sie Diana ihre blonden Haare ausreißen kann. Diana scheint am Boden zerstört zu sein und es beginnen sich dicke Krokodilstränen in ihren blauen Augen zu bilden. „Scheiß' Asiatenhure! Du solltest froh sein, dass du als Stripperin höchstens gelernt hast zu tanzen!"

Etwas in Jillian scheint zu platzen. Mit wutverzerrtem Gesicht schlängelt sie sich aus Scotts Armen und läuft auf Diana zu. Der breitgebaute, blonde Mann rennt der wütenden Frau hinterher, schafft es aber nicht sie zu erwischen. Bevor meine Augen es begreifen können, wirft Jillian Diana zu Boden und holt mit ihrer Faust aus. „Halt' deine Fresse, Barbie!"

Gefesselt vom Schauspiel vor uns, können Ian, Scott und ich uns nicht bewegen. Ich glaube, wenn James nicht in diesem Moment zur Tür hereingestürmt käme, dann hätte Jillian ihr eine gebrochene Nase beschert.

„Was ist hier los?!" Scott scheint der Erste zu sein, der sich wieder bewegen kann. Er reißt Jillian an sich und schleift die strampelnde Frau ans andere Ende des riesigen Raums. „Jilli, beruhig' dich."

Ein erbärmlicher Schluchzer kommt aus dem Mund der Rothaarigen. Um Privatsphäre zu wahren, drehe ich mich um und starre aus Diana, der dicke Tränen über die Wangen rinnen und James schluchzend berichtet, was genau geschah.
Dass sie ihre Provokationen plötzlich vergessen zu scheint, um sich mehr als Opfer darzustellen, macht mich wütend. Wie erbärmlich. Außerdem klammert sie sich an James, als würde sie gleich von einem Hochhaus fallen, vergisst dabei aber nicht, ihr Tanktop schön weit runterzuziehen. Um nicht die Nächste zu sein, die Diana ihr Gesicht einschlägt, drehe ich mich zu Ian um. Der Schwarze sieht mich aus dunkelbraunen, fast schwarzen Augen an und ich komme nicht umher mir ein Schmunzeln aufzusetzen, so wie ich es gewohnt bin, wenn ich das Gefühl habe, dass Menschen durch mich hindurch schauen können.

„Passiert das öfters?", frage ich Ian, um ihn davon abzuhalten, in die tiefsten Abgründe meiner Seele zu sehen. „Eigentlich nicht. Ich meine, es wurde schon oft knapp, aber es gab nie eine Schlägerei. So eine Situation hatten wir bis heute nicht." Ich atme tief ein, hebe meine Hand und versuche meine Schläfen etwas zu entspannen, indem ich über sie reibe. Kopfschmerzen schlagen über mich ein, als würde ein Gewitter in meinem Kopf wüten. Als würden immer weitere Blitze einschlagen. Na toll, meine Migräne ist wieder da. Juhu.

Ich räuspere mich und befeuchte meine trockenen Lippen mit meiner Zunge. „Ian, dürfte ich bitte ein Glas Wasser haben?", frage ich den Mann vor mir. „Sicher", antwortet er mir. „Geht es dir gut? Du bist sehr blass", stellt er fest. „Mir geht es gut", erkläre ich ihm und setze mein bestes Lächeln auf. In sowas habe ich ja Übung. „Aber, ich bin wirklich durstig." Unsicher schaut Ian mich an und sagt dann: „Ich zeige dir die Küche."

Ian führt mich zielstrebig durch das große Gebäude, zeigt mir wie James ein paar Stunden zuvor verschiedene Räume, aber durch meinen pochenden Schädel und den dadurch entstehenden Schmerz, kann ich mich nur darauf konzentrieren, dass ich gleich Wasser bekomme. Muss wirklich jetzt wieder meine Migräne einsetzen? Hätte es nicht gestern sein können? Das wäre wahrscheinlich nicht so unterhaltsam gewesen.

Als wir endlich die spektakuläre Küche erblicken, kann ich mich nicht auf all die Details konzentrieren, sondern schaue mich nur schnell nach einem Glas um, das ich mit Wasser füllen kann. Ian kommt nach mir in die Küche und bevor ich etwas sagen kann, schubst er mich auf die mit Leder gepolsterte Bank, die neben einem großen Eichenholztisch steht, an der man die verschiedenen Hölzer und Adern des Baumes immer noch sehen kann. Der Tisch ist nicht schön rechteckig, sondern scheint einfach aus einem riesigem Bauch hergestellt zu sein. Sogar ein Loch, das früher einem Baum gehörte, ist in den Tisch integriert. Während ich den Tisch bewunderte, füllte Ian mir ein riesiges Glas mit Leitungswasser ein. Nun steht es vor mir. In binnen ein paar Sekunden habe ich die kühle Flüssigkeit in meinem Mund. Wie ein Verdurstender trinke ich aus und knalle es versehentlich danach auf den Tisch.

Lieb lächle ich Ian an. „Danke, Ian. Kannst du mir bitte noch eines füllen?" Ian erwidert mein Lächeln und nickt. Mit einem Seufzer lasse ich mein Gesicht in meine beiden Hände fallen. Gott sei Dank sind die Kopfschmerzen etwas abgeschwächter. Im nächsten Moment stellt Ian wieder ein befülltes Glas mit Wasser auf den Tisch. „Danke", meine ich und Ian setzt sich gegenüber von mir auf einem ebenfalls mit weißem Leder überzogenen Stuhl. Ich trinke nun langsam zwei Schlucke, als Jillian und Scott in der Küche auftauchen. Die taffe Asiatin hat ihre feuerroten Haare zurückgebunden und mustert mich mit ihren braunen, verheulten Augen. Auch Scott sieht mich über einen längeren Zeitraum an. Seine grünen Augen scheinen aufzupassen. Dann stellt er fest: „Du siehst scheiße aus."

Nach der Aktion und trotz meiner Kopfschmerzen muss ich lächeln. Diesmal ist es nicht erzwungen und falsch.

„Vielen Dank, aber du auch."

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