Kapitel 19
Gefühlschaos
Detroit, Michigan
7. Mai 2038
21:43 Uhr
„War mal wieder ein schöner Abend mit dir."
„Absolut", stimmte ihr Nigel zu und drückte dabei ihre Hand. Ängstlich hob Celeste den Blick. Sie waren gerade an dem Einfahrtstor der Villa angekommen und irgendwie war es der jungen Frau unangenehm, mit ihm Händchen zu halten. Langsam entzog sie ihm die Hand, um in ihren Jackentaschen nach dem Schlüssel zu kramen.
„Gefunden!", rief sie leise und wedelte grinsend mit dem klimpernden Bund am Finger.
„Was dagegen, wenn ich dich bis zur Haustür begleite?" Hoffnungsvoll sah Nigel sie an.
Ich bin sicher, dass ich den Weg durch meinen eigenen Vorgarten auch alleine finde, wollte sie eigentlich erst sagen, doch die Anspannung schnürte ihr bereits die Kehle zu – mal ganz abgesehen davon, dass sie etwas derart Unhöfliches ohnehin nicht über die Lippen gebracht hätte. Scheiße, was hat er jetzt nur vor?, fragte sie sich und spürte dabei ein sich ausbreitendes Brennen unter ihren Wangen. Die junge Frau zwang sich zu lächeln. „Ähm, ja klar. Wieso nicht?"
„Ist immerhin schon spät und ich will ja, dass du auch wohlbehalten nachhause kommst", scherzte Nigel und setzte dabei sein schiefes Lächeln auf, während Celeste mit zitternden Fingern den Schlüssel im Schloss drehte. Schweigend gingen die beiden danach die Einfahrt entlang. Celeste hatte die Hände bewusst in den Taschen ihrer Jacke vergraben. Mit jedem Schritt, dem sie der Villa näher kamen wurden ihre Beine schwerer und ihr Gang steifer. Aus den Fenstern der Küche und dem Wohnzimmer drang helles Licht und sorgte neben den kleinen Weglaternen für zusätzliche Beleuchtung, als sie sich der Haustür näherten.
„Da wären wir." Sie drehte sich zu ihrem Begleiter um und öffnete wie mechanisch die Arme, um sich mit einer halbherzigen Umarmung von ihm zu verabschieden. Doch bevor sie sich von Nigel anschließend wieder lösen konnte, schlang dieser seine Arme um Celeste und presste sie eng an sich heran. Ihr ganzer Körper wurde urplötzlich von einer Eiseskälte befallen, die ihr Herz beinah zum Stillstand brachte. Das Gesicht des jungen Mannes war ihrem so nahe, dass sie seinen warmen Atem auf ihrer Haut spüren konnte. Ohne zu zögern, wich sie zurück und wandte das Gesicht zur Seite, sodass ihre Lippen sicher vor Nigels waren, jedoch gab er sie nicht frei aus seinen Armen. „Whoa, mach mal langsam", keuchte sie woraufhin er von ihr abließ. Verunsichert sah er sie für wenige Sekunden an und presste die Lippen schließlich zu einem dünnen Lächeln zusammen. „Schlaf gut!", sagte er leise. Noch ein Zwinkern, bevor er sich in Richtung Einfahrtstor entfernte.
Celeste atmete zunächst tief durch. Unwillkürlich zuckte sie zusammen, als plötzlich das Licht in der Küche ausgeschaltet wurde. Was wenn ihre Eltern sie gesehen haben oder schlimmer noch: Was, wenn Alister sie gesehen hatte? Ihr Puls schoss in die Höhe, so als hätte sie gerade einen Marathon beendet. Es kostete Celeste einiges an Mut, nach Drinnen zu gehen. So leise wie möglich, schloss sie die Tür hinter sich und der Eingangsbereich erhellte, ohne, dass sie den Lichtschalter betätigte. Überrascht wirbelte sie herum und erblickte Alister nur drei Schritte entfernt.
„Hallo Celeste."
Vergeblich suchte die junge Frau das übliche Lächeln auf seinen Lippen. Schuldgefühle bescherten ihr einen flatternden Magen und ein Brennen in der Brust, das mit jeder Sekunde, in der der Android sie von oben bis unten musterte schlimmer wurde.
„Ist alles in Ordnung? Du zitterst am ganzen Körper."
Anscheinend hatte er von dem Beinah-Kuss mit Nigel nichts mitbekommen. Ihr Puls senkte sich langsam wieder, doch die Gewissensbisse blieben. „Mir ... ist einfach kalt. Draußen ist es ziemlich kühl", presste sie angestrengt hervor, ohne ihn dabei anzusehen. Obwohl zwischen ihr und Nigel nichts passiert war, wagte sie es nicht in Alisters Augen zu schauen, aus Angst, dass es sie völlig um den Verstand brachte.
DU LIEST GERADE
Binary
FanfictionAls Celeste Chandler 10 Jahre alt ist, erhält ihr Vater, ein renommierter Architekt aus Miami, von einem angesehenen Cyberlife-Mitarbeiter ein einzigartiges Androiden Modell als Geschenk für seine herausragende Arbeit. Der Butler-Android mit dem Nam...