Kapitel 6 Ein Neuanfang

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Kapitel 6

Ein Neuanfang

Detroit, Michigan

21. September 2037

11:39 Uhr

Der schwarze Wagen der Chandlers fuhr durch das schmiedeeiserne Tor in die breite Einfahrt ihres neuen Grundstücks. Die Straße aus hellem Kies führte um ein kreisrundes Stück Rasen, in dessen Mitte sich ein riesiger Steintopf mit bunten Blumen befand. Die Familie umrundete ihn zur Hälfte und hielt vor dem Eingang zur Villa an. Celeste streckte ihren Kopf durch das heruntergelassene Fenster und der Anblick ihres neuen Heims sorgte dafür, dass sie sich traurig fühlte. Es war nicht so, dass ihr das große Haus nicht gefiel, ganz im Gegenteil, sie fand es sogar schöner. Im Gegensatz zu der vorherigen modernen Villa, kam diese mit einigen Elementen aus dem viktorianischen Zeitalter daher und erinnerte an ein kleines Schlösschen. Es waren die fehlenden Erinnerungen, welche die junge Frau vermisste. Das Gefühl, daheim zu sein. Alles war hier für sie fremd. Die neue Stadt, die neue Nachbarschaft, das Haus und schließlich auch die Schule, die sie ab morgen besuchen würde. Schule, dachte Celeste und bekam ein flaues Gefühl im Magen. Einerseits war sie froh, ihre alten Mitschüler los zu sein, andererseits plagte sie große Aufregung, was sie in der neuen High-School zu erwarten hatte. Gegensätzlich zu ihrer vorherigen war diese nicht privat, was bedeutete, dass sie nicht mehr bloß von den Kindern reicher Eltern umgeben war. Obwohl ihre Eltern mit allen Mitteln versucht hatten, sie auf einer privaten Schule unterzubringen, war es ihr mehr als recht, dass es dort überall keine freien Plätze mehr gab. Celeste fragte sich, wie die Schüler sie an der neuen Schule wohl aufnehmen und behandeln würden. Damit sie später nicht enttäuscht sein würde, hatte sie sich gleich eingeredet, dass auch dort sie keiner mögen wird. Ihre trüben Gedanken umhüllten sie wie die Dunkelheit der Nacht, bis sich schließlich die Eingangstür des Hauses öffnete und ein vertrautes Gesicht hervortrat. „Alister!", rief sie und stieg ohne zu zögern aus dem Auto. Er war der leuchtende Mond, der hinter den dunklen Wolken um ihr Herz hervortrat und die dort andauernde Nacht erhellte.

„Ich freue mich so sehr, dich zu sehen!", umarmte sie ihn und sie beide lächelten sich glücklich an. Die

Begrüßung von Celeste's Eltern fiel hingegen weniger emotional aus. Nach einem beiläufigen Hallo, Alister baten sie ihn, ihr Gepäck aus dem Auto zu tragen und gingen ins Haus.

Als ob sie das nicht selber können., ärgerte sich Celeste und folgte dem Android zur Heckklappe des Wagens, um ihren dunkelblauen Trolley herauszunehmen.

„Lass nur Celeste, ich kümmere mich darum.", sagte er und wollte ihr das schwere Gepäckstück abnehmen.

„Ich bin schon ein großes Mädchen, Alister. Ich kann das selbst.", erwiderte sie stolz und schleppte den Koffer nach drinnen.

Dass Celeste inzwischen ein großes Mädchen war, mochte man ihr am darauffolgenden Tag in kaum einer Weise anmerken. Wie ein Häufchen Elend kauerte sie auf dem Beifahrersitz, als Alister sie zur Schule fuhr und machte ein sorgenvolles Gesicht.

„Alles in Ordnung?", erkundigte sich der Android. „Wenn du dich krank fühlst, fahre ich dich wieder nachhause."

„Nein, mir geht es gut. Ich... bin nur etwas nervös."

„Der Unterricht beginnt in fünfzehn Minuten. In drei Minuten werden wir die Schule erreichen. Es gibt also keinen Grund nervös zu sein.", befand Alister.

Seine Beifahrerin sah zu ihm herüber und wusste für einen Moment nicht, ob sie lachen oder den Kopf schütteln sollte. War ja zu erwarten, dass er so etwas sagen würde. Typisch Android, dachte sie amüsiert.

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