11. Kapitel - Machst du dir etwa Sorgen um mich?

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Die nächste Woche hatte ihren Lauf genommen. Nach dem Zwischenfall mit Liv hatte sich auch Minho bei mir entschuldigt und ich hatte beiden vergeben. Anschließend war das Leben normal vergangen, wenn man es so nennen konnte. Den folgenden Tag hatte ich noch bei den Hackenhauern verbracht, dann hatte ich mich weiter durch die verschiedenen Beschäftigungen probieren müssen.
Zuerst war ich bei den Schlitzern für drei Tage gewesen, wobei ich die Tiere süß gefunden hatte, doch danach hatte ich ihn Erwägung gezogen, Vegetarierin zu werden. Klar, die Arbeit war interessant gewesen, vor allem die vielen Tiere, doch sie war nichts für mich gewesen.
Die Arbeit in der Küche war besser gewesen und ich hatte mich mit Emilia und Pfanne angefreundet. Neben den beiden gab es zwei weitere Jungs in der Küche, die sich großteils um den Abwasch kümmerten oder beim Schneiden von Essen halfen.
Die Küche war also ein Ort, der keine weitere Hilfe benötigte, weswegen ich meine drei Tage dort genossen hatte, doch ich hatte selbst entschlossen, dass ich keine Köchin werden wollte.
Aus diesem Grund war es für mich anschließend zu den Sanis gegangen. Leider war in meinen drei Tagen wenig zu tun gewesen. Als Med-Jack war man eben auf Lichter angewiesen, die sich verletzten, um arbeiten zu können. Jeff und Clint waren zwar tolle Arbeitskollegen gewesen, aber ich hatte sofort gewusst, dass ihre Arbeit nichts für mich wäre.
Schlussendlich hatte ich die meiste Zeit im Garten verbracht, als nichts bei den Sanis los gewesen war, doch nach zwei Wochen auf der Lichtung konnte ich sagen, dass ich mich etwas an das Leben hier gewöhnt hatte. Ich hatte mit vielen anderen Lichtern gesprochen, denn als Frischling war ich für alle interessant.

Ich frage mich, wie ich mich fühlen würde, wenn das einzige wirkliche Highlight in meinen Leben wäre, jeden Monat einen Frischling zu bekommen?

Natürlich konnte ich diese Frage nicht beantworten, doch ich konnte sagen, dass ich mich schlussendlich für einen Beruf entschieden hatte. Ich zählte nun als ein vollwertiges Mitglied der Hackenhauer und war glücklich darüber. Ich glaubte sogar, dass sich Newt über meinen Entschluss, ein Hackenhauer zu werden, gefreut hatte. Ansehen tat man es ihm zwar nicht, aber ich hatte so ein Bauchgefühl.
Meine Beziehung zu Liv und Minho wurde ebenfalls stetig besser, auch wenn immer lustige, okay, unangebrachte Kommentare vonseiten Liv und in den meisten Fällen auch von Minho fielen. Aber, wie Newt gesagt hatte, man gewöhnte sich an die beiden Neppdeppen.
Natürlich genossen Newt und ich unsere Auszeit von ihnen, denn sie waren jeden Tag damit beschäftigt, einen Ausgang aus dem riesigen Labyrinth zu finden. Meiner Meinung nach hatten die Läufer meinen vollen Respekt, denn sie riskierten Tag für Tag ihr Leben im Labyrinth, und somit waren sie einer der mutigsten Lichter auf der Lichtung, wenn nicht sogar die mutigsten. Selbstverständlich würde ich das Minho und Liv nie zu Ohren kommen lassen; deren Ego war eh schon viel zu groß und ich wollte dieses nicht noch weiter in die Höhe puschen.
Der Beruf der Läufer interessierte mich, doch ich wusste, dass ich keine Läuferin werden würde. Ich wusste zwar nicht, was die Qualifikationen waren, doch von Emilia hatte ich erzählt bekommen, dass Alby und die Hüter darüber bestimmten. Gleichzeitig war ihr im Gespräch herausgerutscht, dass ich ein ruhiger Frischling war, warum niemand in Erwägung gezogen hatte, dass ich eine Läuferin werden könnte.
In diesem Moment war mir klar geworden, dass ich wirklich ruhig gewesen war, jedoch konnte ich nicht verleugnen, dass ich nicht schnell laufen konnte. Tollpatschig war ich ebenso etwas. Aber, ich konnte zumindest sagen, dass ich in den letzten Tagen angefangen hatte, aus meiner Schale herauszukriechen.

In der Gegenwart waren wir damit beschäftigt, die neue Lieferung an Vorräten zu verstauen, als ich aus meinen Gedanken gerissen wurde. Eine Hand wedelte vor meinem Gesicht herum und ich schüttelte verschreckt meinen Kopf.
"Was soll das? Du erschreckst mich ja zu Tode", schnauzte ich den Verursacher an und erkannte, wer es war. Newt stand grinsend vor mir und hielt eine hölzerne Kiste in der Hand. Er studierte mich amüsiert und begann, leise zu sprechen: "Ich wollte dich nicht erschrecken, das kannst du mir glauben. Es war eher ein tolles Bonusmaterial."
Als er das sagte, überreichte er mir die nächste Kiste, während ich Newt einen fiesen Blick schenkte. Anschließend gab ich die Holzkiste an Zart weiter, der hinter mir stand und schon ungeduldig mit dem rechten Fuß auf und ab wippte. Wir hatten eine Kette gebildet, um die Vorräte aus der Box zu hieven, und ich schaute Zart entschuldigend an, da meinetwegen alles aufgehalten worden war.
"Warum warst du denn so in Gedanken versunken?", wollte der blonde Lichter wissen, als er mir die nächste Kiste gab.
"Ich hab' etwas nachgedacht."
"Wirklich? Ist mir gar nicht aufgefallen", feixte Newt, "Woran musstest du denken? Du warst ziemlich vertieft", fragte er und zog provozierend eine blonde Braue nach oben. Ich gab die nächste Kiste weiter, antwortete auf seine Frage: "Ehrlich gesagt hab' ich über alles Mögliche nachgedacht. Über die Lichtung, dann über die Läufer, das Labyrinth und ob es wirklich einen Ausgang gibt. Ich meine, ihr seid hier schon seit Jahren. Was habt ihr alles probiert?", Newt sah mich überrascht an; er hatte so eine Frage anscheinend nicht erwartet. Ich hatte ebenfalls nicht erwartet, dass ich mich genau jetzt fürs Labyrinth interessieren würde.
"Na ja", äußerte Newt sich und nahm eine weitere Kiste mit Vorräten von seinem Vordermann entgegen, "Zu viel, würd' ich 'mal sagen."
Kurz war eine Pause eingetreten und ich dachte schon, dass ich keine Antwort mehr auf meine Frage bekommen würde, doch ich hatte mich geirrt.
"Wir haben viel ausprobiert. Nehmen wir als Beispiel die Box.", ich sah Newt neugierig an, "Zuerst haben wir uns gedacht, dass man mit der Box wieder hinunterfahren kann, aber das stimmt nicht. Die Box fährt erst wieder los, wenn niemand mehr drinnen ist und somit hatte dieser Vorschlag nichts bewirkt.", Newt schien nachzudenken und bevor er weitersprach, repräsentierte sein Gesicht keinerlei Emotionen mehr: "Dann war da noch dieser eine Vorschlag. Zurückgedacht, ist er der beklonkteste aller Zeiten gewesen. Dadurch haben wir einen Freund verloren", erzählte er und seufzte laut, folgend setzte er fort: "Ich möchte dir zwar die grausamen Einzelheiten ersparen, aber sagen wir es 'mal so: Ein Lichter hat versucht, sich am längsten je von den Lichtern geflochtenen Efeuseil abzuseilen. Du musst wissen, auch wenn die Box stetig wieder bergab fährt, heißt das noch lange nicht, dass sich die Gittertüren, an der Oberfläche des Schachtes, nicht öffnen lassen. Wir haben also die Metalltüren hier geöffnet und der Lichter hat begonnen, sich abzuseilen. Wie gesagt, der Versuch endete tödlich und der Junge kam nicht mehr in einem Stück nach oben", berichtete er ernst. Ich konnte ihm nur schockiert in die Augen sehen.

Zwei Monate und ein gefühlter Augenblick | Newt Ff / Teil 1 ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt