42. Kapitel - Ben?

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"Morgen", begrüßte ich eine lächelnde Emilia am nächsten Tag, als ich in der Früh die Küche betrat. Die Blondine fuhr zu mir herum, strahlte mich freudig an.
"Morgen, Rosaly!", ergriff sie das Wort etwas zu laut und mein Trommelfell hätte am liebsten seine Koffer gepackt und wäre schön, friedlich aus der Küche herausspaziert. Blöd nur, dass nicht einmal mein Trommelfell den Ausgang aus dem Labyrinth gewusst hätte.
"Und, gut geschlafen?", erkundigte sich Emilia, als ich bei ihr angekommen war und mein Frühstück entgegennahm.
"Ja, eigentlich schon", äußerte ich mich und nach etwas Smalltalk verabschiedete ich mich kurz darauf. Ich wollte niemanden aufhalten.
"Guten Morgen", schmatzte Chuck am Tisch und wie er mit vollem Mund sprach, war nicht gerade ein erfreulicher Anblick. Sein Kiefer schien das Essen zu Wasser verarbeiten zu wollen und dabei besaß er nicht die Güte, seinen Mund ganz geschlossen zu halten. Ich verzog mein Gesicht, trotzdem setzte ich mich gut gelaunt gegenüber vom braunhaarigen Jungen hin und begann, mein Frühstück zu vertilgen.
"Morgen", ich nahm einen Schluck von meinem Glas Wasser, "Na, heute 'mal nicht im Doppelpack unterwegs?", fragte ich ihn provokant und er sah mich ziemlich irritiert an. Als es dann langsam anfing, in seinem kleinen Kopf zu rattern begann und es klick machte, sah er mich gespielt böse an.
"Ja, bin ich. Thomas ist gerade mit Alby bei der Mauer, um seinen Namen hinein zu meißeln", sprach Chuck und reckte sein Kinn provozierend in die Höhe.
Ich freute mich für Chuck, denn endlich, und hoffentlich blieb es so, hatte er jemanden in Thomas gefunden, der ihn nicht wie einen Haufen Klonk behandelte. Thomas schien anders zu sein und ich hatte bereits eine gewisse Sympathie für ihn entwickelt. Jeder Freund von Chuck war auch meiner.
Wir frühstückten zusammen zu Ende, wobei ich langsam, gut, sehr zögerlich wach wurde, anschließend gingen wir beide an unsere Arbeit, wobei Chuck sich jeden Tag um allerlei Aufgaben kümmerte.

"Hey!", rief ich Newt zu, als ich ihn im Garten erblickte. Ich winkte ihm grinsend zu und lächelte den blonden Jungen breit an. War es mir eigentlich schon erlaubt, ihn als meinen Freund zu bezeichnen? Ich wusste es nicht, aber eigentlich war es mir egal.
Ich gesellte mich zu Newt, der mich kopfschüttelnd begrüßte und leicht lächelte. Tja, ich war eben anders. Besonders, einzigartig und Newt konnte sich glücklich schätzen, mich an seiner Seite zu haben.
"Und was steht heut' so an, Chef?", fragte ich ihn, riss verschwörerisch meine Augenbrauen nach oben. Newt, wartet, mein Freund. Ja, das klang viel besser. Mein Freund kniff mir in die Seite und nachdem ich mein Japsen beendet hatte, ergriff er das Wort: "Was ist heute denn los mit dir?", er zog seine linke Braue nach oben, "Was auch immer in deinem Frühstück drinnen war, will ich auch haben."
Ich zuckte als Antwort mit meinen Schultern und sprach: "Keine Ahnung", gab ich kund, "ich bin einfach nur gut gelaunt."
Newt musterte mich noch ein paar Sekunden skeptisch, jedoch ließ er es bald bleiben und erklärte mir, was heute so alles an der Tagesordnung stand. Wenn Thomas an der Mauer fertig war, hatte Alby beschlossen, dass er seinen ersten richtigen Tag im Garten verbringen sollte. Also war der Plan für heute ganz simple, einfach nur dafür sorgen, dass der Frischling nichts anstellte und alle seine Fragen beantworten.
Ich wog meinen Kopf von rechts nach links. Ja, das konnte sogar ich schaffen und gerade, als ich das gedacht hatte, torkelte ein verschlafener Thomas in den Garten. Der Anführer der Lichter war nirgends zu sehen, also hatte Alby ihm wahrscheinlich nur den Weg gezeigt. Bei uns angekommen, begrüßten wir ihn und Newt erklärte dem Neuen alles.

Am Anfang war Thomas' Neugier noch nicht geweckt gewesen. Er schien über irgendetwas nachzudenken und ich ließ ihn denken. Denken war hier auf der Lichtung etwas, was viele zu selten taten, also sollte er nur machen. Man musste jedoch einwenden, dass diese Ruhe nicht lange andauerte, denn so gegen Mittag hatte Thomas seine Arbeit ganz vergessen und begann Newt, wie eine Weintraube, auszuquetschen.
"Ich meine, habt ihr schon einmal probiert, den Efeu zu benutzen, um einen Ausgang zu finden?", fragte er neugierig und musterte für einen kurzen Moment die Mauern, die zahlreich von der grünen Pflanze bedeckt waren.
Als Newt das bestätigte, öffnete der Frischling abermals seinen Mund: "Und was ist mit der Box?", Thomas stellte sich jetzt aufrechter hin und schien der Überzeugung zu sein, das Rätsel gelöst zu haben. Nun schnaubte Newt belustigt und lehnte sich gegen seine Schaufel.
"Glaub' mir, jede Idee, die dir einfällt, haben wir versucht", sprach er und jetzt war ich diejenige, die den nächsten Redefluss von Thomas unterbrach: "Wirklich, es bringt nichts. Es beschert dir nur unnötige Kopfschmerzen", meinte ich, wobei ich wehleidig an meine ersten Tage zurückdachte, und der Frischling seufzte laut.
"Hm", war sein geistreicher Kommentar, infolgedessen überlegte er weiter. Eine Zeit lang stand er da. Seine Arme waren vor seiner Brust verschränkt und mit seiner rechten Hand fuhr er sich über sein Kinn.
Ich benutzte die Zeit, um den Frischling zu mustern. Er war ein normaler Junge, mehr von der hübscheren Sorte, doch nicht allzu auffallend. Thomas hatte dunkle Haare und braune Augen, die hell genug waren, um seine pechschwarzen Pupillen zu sehen. Als ich ihn betrachtete, fiel mir sein fesselndes Gesicht auf. Seine Augen strahlten vor Entschlossenheit und Neugierde. Sie wirkten lebendig, als ob sie unzählige Geschichten zu erzählen hätten. Ein leichter Schatten unter seinen Augen deutete auf vergangene Abenteuer und Herausforderungen hin. Seine Brauen waren zusammengezogen, als ob er Rätsel in seiner Umgebung zu entschlüsseln versuchte.
Seine Haare waren von einem dunklen Braun. Sie waren leicht zerzaust und einige Haarsträhnen fielen ihm auf seine Stirn. Seine Augen waren normal geformt, seine Augenbrauen von der buschigen Sorte und seine Lippen dünn, doch symmetrisch geformt. Thomas' Kinn war kantig, doch wieder nicht. Er war genauso groß wie Newt, also auch wie Minho. Und wie der Läufer hatte auch Thomas eine athletische Statur, was man durch den dünnen Stoff seines blauen Oberteils erkennen konnte. Dazu trug Thomas eine braune Hose, die gleichzeitig grau wirkte.

Zwei Monate und ein gefühlter Augenblick | Newt Ff / Teil 1 ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt