Meine Füße bewegten sich übers Gras hinweg, während mir die Sonne auf den Kopf schien. Zum Glück trug ich das blaue Tuch von Emilia, trotzdem spürte ich das Verlangen, mich heute am Abend zu waschen.
Ich war auf dem Weg zum Garten und zu meinen lieben Kollegen, den Hackenhauern. Zuvor war ich bei Clint und Jeff gewesen, um mir meine Hand neu verbinden zu lassen. In den letzten drei Tagen war der Schnitt gut verheilt, trotzdem dürfte ich noch keine schweren Aufgaben erledigen, was mich nicht störte. Newt war in den letzten Tagen ein überaus netter Chef gewesen und ich wollte gar nicht mehr Erde herumschaufeln.
Er schien seine Worte, dass er sich um mich sorgte, ernst gemeint zu haben, was mir bewies, dass die Lichtung ein Ort der Gemeinschaft war. Auch bewies es mir, dass ich Newt mochte. Zu Anfang hatte ich ihn nicht gemocht, doch ich hatte alles nicht ausstehen können.
Nach etwas mehr als zwei Wochen konnte ich behaupten, dass ich mich an mein neues Leben gewöhnt hatte. Zumindest hatte ich aufgehört, darüber nachzudenken, wer ich vorher gewesen war. Ich hatte aufgehört, darüber nachzudenken, welches Leben ich bis vor etwas mehr als zwei Wochen geführt hatte.
Stattdessen hatte ich begonnen, mich auf die Gegenwart zu konzentrieren. Ich lebte auf einer Lichtung mit Teenager und wir alle hatten unser Gedächtnis verloren.Ich werde mich daran gewöhnen, beschloss ich bestimmt.
Mit diesen Gedanken setzte ich meinen Weg fort. Mein Blick schweifte über die Lichtung und jeder war beschäftigt. Ein paar Wolken waren auf dem Himmel zu finden und es war angenehm warm. Ein normaler Tag, wie die letzten Tage ebenfalls. Ich schlief auch besser, schien keine Alpträume mehr zu haben, was mir bestätigte, dass Newt recht behalten hatte. Dem Anschein nach war mein Kopf nur mit meinem Gedächtnisverlust überfordert gewesen.
Ich schüttelte meinen Kopf jedoch, um mich von meinen Gedanken zu befreien, und setzte den Rückweg weiter fort. Es war Nachmittag und die Sonne war Gott sei Dank nicht mehr so brodelnd heiß wie noch zur Mittagszeit.
Meine Füße bewegten sich über den Erdboden hinweg. Kleine Staubwolken bildeten sich deswegen. Wenige Augenblicke später trat der Garten langsam in mein Blickfeld und ich musste meine Augen aufgrund der Sonne etwas zusammenkneifen. Ich sah mich suchend um und suchte einen ganz bestimmten Jungen. Als ich ihn gefunden hatte, beschloss ich, mich anzuschleichen. Ich machte einen größeren Bogen um den Garten herum. Nun kam ich von der anderen Seite und hielt abermals nach Newt Ausschau. Er befand sich im Maisfeld und war damit beschäftigt, Maiskolben zu ernten.
Ich grinste hinterhältig und schlich auf Zehenspitzen näher heran. Darauf bedacht, keine verräterischen Geräusche zu verursachen, machte ich einen Schritt nach dem anderen. Newt stand mit dem Rücken zu mir und hatte keine Ahnung, dass ich schelmisch grinsend hinter ihm stand. Auf jeden Fall würde er das gleich erfahren, denn ich stand jetzt ganz nah hinter ihm. Ich beugte mich nach vorne und ich war ihm so nah, dass ich mein Kinn auf seine Schulter ablegen hätte können, dann flüsterte ich neben seinem rechten Ohr: "Naaa?"
Der Lichter zuckte augenblicklich erschrocken zusammen und ließ mehrere Maiskolben fallen. Es war nur ein dumpfes Geräusch zu hören, als sie zu Boden gingen und in der Erde landeten. Im Anschluss darauf erhob Newt seine Stimme: "Was für'n Klonk!", fluchte er.
Ich ging blöd lachend zwei Schritte zurück. Anschließend drehte er sich zu mir um. An seinem Gesichtsausdruck erkannte ich, dass er sich so richtig erschrocken hatte.Gut für mich.
Ich grinste ihm schadenfroh entgegen und er verschränkte seine Arme, mit erhobenen Augenbrauen, vor seiner Brust.
"Lauf", sprach er drohend und mit einer Ruhe in der Stimme, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Seine Augen funkelten gemein. Mir verging mein Grinsen auf der Stelle.
"Was?", fragte ich verwirrt nach und musterte ihn skeptisch. Ich hatte eine böse Vorahnung.
"Ich sagte: Lauf!"Nicht gut für mich...
Nun fragte ich nicht noch einmal blöd nach, sondern nahm meine Beine in die Hände und sprintete los.
Leider war ich nicht die Schnellste, somit brauchte ich eine andere Taktik, und zwar sofort. Denn, wenn ich die ganze Zeit geradeaus rennen würde, dann hätte ich überhaupt keine Chance, dem brodelnden Lichter zu entkommen.
Meine Füße flitzten über den Boden und ich wagte einen knappen Blick über meine Schulter, was ich im Nachhinein nicht tun hätte sollen. Ich quiekte erschrocken auf, denn Newt lief mir wirklich hinterher!
Es brachte mich zum Schmunzeln, denn ich hatte gedacht, dass es vielleicht nur ein blöder Scherz gewesen war, aber ich hatte Unrecht gehabt.
Schnell machte ich einen Bogen und rannte einfach in den Wald hinein. Das dichte Blätterdach befand sich inzwischen über mir und die dichten Baumkronen ließen die Sonne nicht hinein. Sie war ein ungebetener Gast.
Durch die Abwesenheit der Sonne spürte ich sofort die kühle Waldluft um mich herum, doch ich konnte ihr nicht viel Beachtung schenken. Ich sprang über Wurzeln und wich etlichen Baumstämmen aus, welche wie zum Stolpern gemacht waren. Das Knacken von Geäst verriet mir, dass mir Newt weiterhin dicht auf den Fersen war. Ich rannte einfach weiter und mein Orientierungssinn hatte sich längst verflüchtigt. Meine Atmung war beschleunigt und ich keuchte.
In der nächsten Sekunde tauchte der kleine See, eher ein Teich, unerwartet vor mir auf. Ich stolperte und versuchte, abzubremsen, was mir zum Glück gelang. Mit fuchtelnden Armen blieb ich am Ufer schwankend stehen und konnte mein Spiegelbild als Reflexion im Wasser erkennen.
Doch nicht einmal eine Millisekunde später kam Newt den Abhang hinab gestolpert und knallte voll in mich hinein. Natürlich kam mir diese Situation bekannt vor und irgendwie hatte ich es auch erwartet. Ich schrie abgehackt auf und verabschiedete mich von der trockenen Welt.
Im nächsten Moment umgab mich nichts außer Wasser und ich riss meine Augen erschrocken auf.
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Zwei Monate und ein gefühlter Augenblick | Newt Ff / Teil 1 ✔
FanfictionWicked ist gut. . . Das wird uns beigebracht. In jeder Sekunde müssen wir uns hinter einer Maske verstecken. So tun, als ob wir ihre Gräueltaten gutheißen, obwohl tief in unserem Inneren ein Kampf tobt. Jedoch, wer wird diesen Krieg für sich entsch...