3. Kapitel - Strünke?

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Gerade legte ich die letzte Tomate in den geflochtenen Korb. Die Gartenschere landete neben mir und ich atmete ein und aus. Während dem Ernten hatte ich mir den heutigen Tag durch den Kopf gehen lassen. Immer noch glaubte ich zum Teil, dass ich mich in einem Traum befand, aufwachen würde, mich an alles erinnern könnte.
Es war ein eigenartiges Gefühl, nicht zu wissen, wer man war. Jedoch, ohne es zu wissen, fühlte ich mich wie ich selbst?
Meine Zeit im Garten hatte ich mit Nachdenken verbracht, während ich vorsichtig geblieben war. War ich auch so in echt, mit meinen Erinnerungen?

Keine Ahnung...

Zumindest Newt und Zart waren überrascht gewesen, dass ich die ganze Zeit über geschwiegen hatte, doch was sollte ich sagen? Worüber sollte ich reden, wenn ich nicht einmal wusste, wo ich mich befand?

Über nichts.

Ebendeswegen hatte ich geschwiegen, doch im nächsten Augenblick trat jemand an mich heran. Es musste sich um Newt handeln, da dieser mich die ganze Zeit über schon angestarrt hatte.
Ich konnte seine Füße links neben mir sehen und ich zog eine Braue weit nach oben. Er schaute mir über die Schulter, und zwar so, als ob er mir nicht vertraute. Vielleicht dachte er, dass ich einen weiteren Fluchtversuch plante.
Ich seufzte in mich hinein, nahm den Korb in eine Hand und stand auf. Schnell war ich auf meinen Beinen und drehte mich im Stand um, sodass ich Newt direkt in die Augen sah. Ich musste mein Kinn etwas heben und hatte eine Braue immer noch weit erhoben.
"Gut, ich bin fertig. Was soll ich jetzt machen?", fragte ich und meine Stimme klang kühl. Wir waren uns so nah, dass sich unsere Nasenspitzen beinahe berührten. Mein Gegenüber riss erstmal etwas überrascht die Augen auf und ging einen Schritt zurück, da wir uns wirklich nahe waren.
"Gut", sagte er langgezogen und schien zu überlegen. Ich sah ihn weiter wartend an, verdrehte innerlich meine Augen.

Wird das heut' noch was?
Gut, vielleicht war ich nicht in der besten Stimmung. Jedoch, wer wäre es nicht gewesen, wenn man sein Gedächtnis verloren hätte und an einem komischen Ort angekommen war?
Lieber war ich kühl als panisch.

"Bring die Tomaten einfach zu Pfanne in die Küche, dann kannst du Zart und mir beim Säen helfen", beschloss Newt nach einer viel zu langen Pause und deutete in die richtige Richtung. Ich nickte knapp und schlenderte mit meinem Korb, der bei jeden meiner Schritte hin und her schwang, in Richtung der Küche.
Zwar hatte ich nichts gegen die Gartenarbeit und es machte mir auch Spaß, aber ich hatte ein Problem mit Newt, dem ganzen Ort hier. Ich wusste nicht, wieso, aber er war mir zu seicht. Vielleicht war es nur mein erster Eindruck von ihm und er war eigentlich ganz anders, sodass man auch Spaß mit ihm haben könnte. Jedoch nervte mich eins tierisch, und zwar, dass er mir nichts zutraute. Mir war bewusst, dass ich gerade erst auf der Lichtung angekommen war, nichtsdestotrotz konnte ich es nicht ausstehen, wenn man mich wie ein Kind behandelte.
Als ich die Küche erreichte, atmete ich tief ein und aus und trat über die Türschwelle. Es war keine richtige Tür vorhanden und somit ging ich durch einen hölzernen Eingang nach drinnen. Die Küche glich eher einem großen Unterstand und es roch intensiv nach Essen. Drinnen angekommen, hörte ich ein helles Lachen. Ich zog meine Stirn kraus.
Und ich dachte, Pfanne wär' männlich?
Ich zuckte nur mit den Schultern und setzte meinen Weg fort. Ich dachte nicht weiter darüber nach, wie ich dem außergewöhnlichen Namen 'Pfanne' keine Beachtung schenkte. Dieser ganze Ort war seltsam.
"Ah, du musst die Neue sein, hm? Ja, ich seh' schon. Jap, du bist du der Neuankömmling", wurde ich gleich von einem quirligen Mädchen begrüßt. Ich lächelte erschrocken und löste mich aus meiner Starre.
"Ähm, ja. Ich bin die Neue und du bist Pfanne?", fragte ich vorsichtig, musterte sie von oben nach unten. Sie hatte blonde, wellige Haare, die vorne zu einem Pony geschnitten waren. Ihre Haare wirkten seidig und waren offen, wobei sich zwei Zöpfe von der Kopfhaut links und rechts abhoben. Das Mädchen vor mir wirkte relativ jung und sah mich aus blauen Glupschaugen an. Kurz darauf fing sie zu kichern an und ich war deutlich verwirrt; ich wusste nicht, dass das ein Witz gewesen war.
"Ach nein, bin ich nicht, das wär' sogar mir neu. Mein Name lautet Emilia und ich arbeite auch hier in der Küche. Aber warte hier 'mal, ich hol' den echten Pfanne", sie deutete mit ihrer Hand nach draußen, "Er ist gerade eben erst gegangen, um die neuen Sachen aus der Box zu holen, aber er ist wahrscheinlich schon auf dem Weg zurück", ratterte sie herunter und verschwand wenige Sekunden nachher hüpfend nach draußen.

Zwei Monate und ein gefühlter Augenblick | Newt Ff / Teil 1 ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt