48. Kapitel - Veränderungen

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Rosalys Sicht:

Am nächsten Tag befand ich mich im Garten und ging der Arbeit der Hackenhauer nach. Zwischen mir und Newt hatte sich alles geregelt und nun kannte ich ihn besser, um seine Handlungen zu verstehen.
Das Labyrinth und die Lichtung, beides so unterschiedlich, und doch gehörten sie zusammen. Das Leben hier war nicht gut; es waren zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Zum einen hatte man ein beinahe normales Leben auf der Lichtung und zum anderen gab es das Labyrinth, das einen jeden Tag an das Grauen erinnerte. Ein Grauen, welches aus Gedächtnisverlust und Sehnsucht bestand. Die Sehnsucht nach etwas, was man vergessen hatte.
Die Welt war nicht gut, aber der Ort, an dem wir lebten, war nur ein Trugbild. Ein Trugbild, das uns verarschte. Eines, welches nur einen Grund hatte.
Aber dieser Grund, er war unbekannt...

Ich erschrak, als sich zwei Arme von hinten um mich schlangen. Newt.
Gerade hatte ich abwesend in die Leere gestarrt. Newt war anscheinend zu mir getreten, aber wissen warum, tat ich nicht.
"Hm", machte ich nur und drehte mich um, damit ich ihm in die Augen schauen konnte. Ich legte meine Arme auf seine Schultern und verschränkte meine Finger hinter seinem Hals. Seine braunen Augen musterten mich interessiert und er hielt mich an meiner Hüfte fest.
Zwar waren in unserer Nähe keine Hackenhauer, da ich im Maisfeld stand, doch auch so wäre es mir egal gewesen. Die Lichter dachten sich bereits, dass etwas zwischen uns lief.
"Du schienst nicht anwesend zu sein, oder?", es war eher eine Feststellung, anstatt eine Frage und Newts Augen musterten mich intensiv fragend. Ich zuckte mit meinen Schultern, löste meinen Blick von seinen Augen. Mein Blick glitt zu den Mauern und dann wieder zu Newt. Er verstand.
"Heute hab' ich irgendwie einen Tiefpunkt", seufzte ich und sog meine Unterlippe etwas in meinen Mund ein. Newts Blick visierte meine Lippen an, folgend sah er mir wieder in die Augen.
"Weißt du, was gegen solche Tage hilft?"
Ich schüttelte meinen Kopf.
"Das", hauchte Newt und löste seine rechte Hand von meiner Hüfte. Meine Augenbrauen gingen in die Höhe und ich blickte dem blonden Lichter weiterhin verwirrt in seine Augen.
Er legte seine nun freie Hand auf meine linke Wange, anschließend beugte er sich etwas zu mir hinunter. Newt legte seine Lippen ganz sanft auf meine und ich schloss meine Augen. Der Kuss war kurz, viel zu kurz. Wir lösten uns voneinander. Ein Lächeln zierte meine Lippen.
"Schon etwas besser", schmunzelte ich, "aber ich denke, wir müssen das noch einige Male wiederholen.", Newt sah mich amüsiert an, grinste mir entgegen.
"Dagegen hätte ich nichts einzuwenden", erwiderte er, dann trafen unsere Lippen aufeinander, aber leider mussten wir später weiterarbeiten, sehr zu meinem Leidwesen.

"Das kann doch jetzt nicht wahr sein!", wütete Gally, riss die Hände in Luft. Ich musste ein Kichern unterdrücken und musterte Gally, der sich über seinen schmerzenden Kopf rieb.
Mein Blick glitt zurück zum Aussichtsturm hinauf und blitzschnell wurde ich an meiner Taille nach links gezogen. Ich stolperte und knallte gegen eine Brust. Ich sah mich um und an dem Ort, an dem ich bis vor kurzem noch gestanden hatte, kam eine Art Topf polternd zu Boden. Meine Augen weiteten sich, dann blickte ich zu Newt.
"Danke", flüsterte ich geschockt und gleich darauf duckten wir uns gleichzeitig, um dem nächsten Gegenstand auszuweichen, der ein Topfdeckel war und dumpf im Gras landete.
Das neue Mädchen war aus dem Koma erwacht und nun ja, sie sorgte gerade für riesigen Auffuhr. Irgendwie hatte sie es geschafft, aus ihrem Bett zu fliehen, sich mit Gegenständen zu bewaffnen und auf die Aussichtsplattform zu klettern. Wie? Ich hatte keine Ahnung.
Dass auf der Aussichtsplattform sowieso immer unnütze Gegenstände herumlagen, machte die Sache nicht besser.
"Komm, beruhig' dich 'mal wieder!", giftete Gally und funkelte den Holzturm an.
"NEIN!", war die einzige Antwort und als weitere Reaktion gingen mehr Gegenstände in den Reihen der Lichter nieder. Die Versammelten hatten sich provisorische Schilde aus allerlei Dingen gemacht und versuchten, sich so gut wie möglich zu schützen. Es sah ziemlich lächerlich aus.
"Wir wollen dir nichts antun!", versuchte Newt sein Glück, aber die einzige Reaktion war dieselbe wie zuvor.
"Scheiße!", fluchte er und rempelte gegen mich. Newt war an der Schulter mit einem Metallbecher getroffen worden und sein Gesichtsausdruck repräsentierte Überraschung.
"Wir haben sogar ein Mädchen hier!", brüllte jetzt Gally wieder und sein Kopf glich einer Tomate. Nur mehr Rauch, der aus seinen Ohren herauskam, fehlte, um das Bild zu perfektionieren. Er schaute zu mir und wenn wir nicht in dieser komischen Situation gewesen wären, wäre mir der Blickkontakt mit Gally seltsam vorgekommen. Er kam mir auch jetzt noch seltsam vor, doch nicht dermaßen, dass ich ihm vor die Füße kotzen müsste.
Das Mädchen hörte kurz auf und wir atmeten alle einmal kräftig durch.
"Wirklich?", fragte sie von oben. Gally sah mich auffordernd an.
"Ja, wirklich!", rief ich zurück, dann wurde es still.
"Das ist mir egal!", anschließend kamen weitere Gegenstände auf dem Boden auf.
"Das ist mir egal", äffte ich sie nach und Newt kniff mir zurechtweisend in die Seite. Ich zuckte mit meinen Schultern, sah ihn unschuldig an.
"Das kann doch jetzt nicht wahr sein!", Gally stampfte zornig auf und kickte mit seinem Fuß einen Stein weg, "Wer ist dafür verantwortlich?", wollte er wissen. Seine Augen scannten die Masse der Lichter.

Zwei Monate und ein gefühlter Augenblick | Newt Ff / Teil 1 ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt