Partnerarbeit

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Ich sehe mich um, unsicher, was ich jetzt tun soll. Die anderen blättern durch Bücher, vor ihnen liegen Papier und Stift - doch unser Tisch ist leer. Einige gehen an die Computer und recherchieren etwas zu ihrem Projekt. 

„Also, ähm...", beginne ich vorsichtig, "hast du dir schon etwas zu dem Thema überlegt?" Er antwortet nicht. Das Mädel gegenüber schaut mich mitleidig an. Ich zucke mit den Achseln und mein Blick wandert zurück zu Ben. 

Er hat meine Geste bemerkt, ballt die Hände genervt zu Fäusten. Ganz toll, jetzt habe ich ihn noch mehr verärgert. Soll ich mich entschuldigen? 

„Ich dachte an irgendetwas aus Europa, Italien oder so...", brummt er, schaut mich dabei aber nicht an. „Okay, ich schaue im Regal, ob ich ein Buch über Italien finden kann.", sage ich und stehe auf. Er holt sein Handy aus der Tasche. Im Vorbeigehen sehe ich einige ungelesene Nachrichten, traue mich aber nicht länger hinzusehen. Ich weiß nicht, wer er ist, aber er schüchtert mich ein. Ich habe auf meiner alten Schule gelernt, solchen Typen aus dem Weg zu gehen. Das funktioniert aber nicht, wenn man mit ihnen ein Projekt erarbeiten muss.

Ich brauche nicht lange suchen, bis ich ein altes Buch über Kunstgeschichte und Florenz entdecke. Als ich mich umdrehe, steht Ben ruckartig auf und verlässt den Raum. Fassungslos schaue ich dem Jungen hinterher, mein Griff um das Buch wird immer fester. 

Den Rest der Stunde habe ich Post-It's an die Seiten mit den Werken geklebt, die realisierbar wären. Als es endlich klingelt, packe ich erleichtert meine Sachen zusammen. Hätte die erste Stunde eigentlich noch furchtbarer werden können?

Das Mädel von gegenüber kommt auf mich zu. „Hey, ich bin Kendra. Mach dir nichts draus, Ben ist ein Arsch und mehr abwesend als anwesend, was für dich und das Projekt wohl das beste sein wird." 

Wir gehen raus und sie nimmt mich mit in die Mensa. Das Essen sieht widerlich aus, also kaufe ich mir einen Müsliriegel am Automaten. „Ich verstehe diese Schule nicht. Wir sind angeblich im Ghetto, aber alles hier sieht viel ordentlicher aus, als an meiner alten Schule. Und dann werfen sie uns so einen Fraß vor. Wie kannst du das nur essen?", frage ich sie ungläubig, als sie sich eine weitere Gabel in den Mund schiebt. „Man gewöhnt sich an alles. Wir sind die Hoffnung hier, weißt du? Die Leute wollen, dass Oakland in ein paar Jahren kein Ghetto mehr ist. Es gibt die Schule in der Madison Street, die ist für die hoffnungslosen Fälle und dann gibt es uns. Wir sollen etwas aus uns machen und diese scheiß Stadt umkrempeln." 

„Klingt wie ein Laborexperiment.", sage ich und wir lachen. Ich erzähle ihr von meinem alten Leben und sie mir ein paar nützliche Dinge über diese Schule. „...und wenn du bei Thomson eine gute Note haben willst, push deine Brüste und zieh dir einen ordentlichen Ausschnitt an." Angewidert verziehe ich mein Gesicht. Solche Lehrer scheint es an jeder Schule zu geben. Ich weiß nicht, was ich schlimmer finde: die Tatsache, dass solche Männer Lehrer sind oder dass Mädchen tatsächlich aktiv versuchen ihren Vorteil daraus zu ziehen.

Um 15 Uhr mache ich mich endlich auf den Heimweg. Durch die Kopfhörer in meinem Ohr dröhnt Musik und ein ungläubiges Schmunzeln breitet sich auf meinen Lippen aus. So merkwürdig dieser Tag auch gewesen sein mag, er war nicht so schlimm, wie das was ich mir ausgemalt habe. Und eventuell habe ich bereits eine Freundin gefunden. Ich mag Kendra und ihre direkte, unverschämte Art. 

Wenige Meter von meinem neuen zu Hause entfernt, fährt ein schwarzer Dodge mit getönten Scheiben an mir vorbei. Irritiert sehe ich dem Wagen nach. Kam der etwa gerade aus der Einfahrt meiner Tante?

Trust me, I am a Bad Boy. / AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt