Mädelsabend

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Ich bringe gerade einen Kaffee an Tisch Nummer 7 als mein Handy vibriert. Es ist eine Nachricht von Kendra, ob wir heute Abend einen Film schauen wollen. Eigentlich möchte ich mich, genau wie die letzten drei Tage, nur in meinem Bett verkriechen und über alles nachdenken, aber ein bisschen Ablenkung würde mir wohl mal ganz gut tun. Ich habe die letzten Tage weder etwas von Ben gehört, noch mich bei ihm gemeldet. Ich bin einfach froh, dass die Ferien begonnen haben und ich ihm nicht in der Schule begegnen kann. Der Nachteil an den Ferien ist, dass ich ununterbrochen im Café arbeiten muss.

Als ich um 20 Uhr das Café schließe, steht Kendra schon vor der Tür. 

„Hey Süße, da komme ich ja genau richtig." Sie umarmt mich und ich weiß schon jetzt, dass es eine wunderbare Idee war, Zeit mit ihr zu verbringen. Ich weiß ohnehin nicht, wieso ich das Glück hatte, von ihr angesprochen zu werden. 

Als wir in mein Zimmer gehen, ziehe ich mir eine Jogginghose und ein Shirt an. „Harter Tag, was?", fragt sie belustigt. 

„Du hast ja keine Ahnung", seufze ich und verdrehe die Augen. "Heute waren ein paar Junkies da, die Melinda ab und zu durchfüttert. Ich weiß wirklich nicht, wie man so undankbar sein kann, wenn man Essen umsonst kriegt." 

„Und ich weiß nicht, wieso deine Tante sich so um diese Leute kümmert. Sie hätte sicherlich eine gute Chance gehabt, aus diesem Drecksloch Oakland rauszukommen" Kendra hat vollkommen recht, aber aus irgendeinem Grund wollte sie das nicht. Und sie scheint nicht gerne darüber zu reden... 

Der Mädchenabend könnte klischeehafter nicht sein. Während einer romantischen Komödie essen wir jede Menge Süßigkeiten, kommentieren den Film und lachen ohne Ende. 

Gerade als meine Augenlider schwerer werden, springt Kendra vom Bett auf und schaut mich erwartungsvoll an.

„Sollen wir noch was trinken gehen im Sammys?" 

„Ohh, ich weiß nicht, ich bin echt suuuper fertig vom Tag." Sie rollt mit den Augen und öffnet meinen Kleiderschrank. „Na komm schon! Du kannst morgen wieder um Punkt 20 Uhr ins Bett gehen, aber nicht heute, heute ist Mädelsabend angesagt." 

Als sie mir einen schwarzen Rock und ein blauen kurzen Pullover zuwirft, gebe ich mich geschlagen. Ich ziehe die Sachen an und bin überrascht, wie gut die Klamotten zusammen aussehen. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, sie zu kombinieren.

"Ich wusste, das steht dir super", grinst sie frech. 

Als wir am Sammys ankommen, ist es ziemlich voll. Wir ergattern den letzten Tisch und bestellen zwei Cocktails. Kendra erzählt mir gerade davon, dass Jason jetzt in einer Band spielt, als ich sehe, wie hinter ihr die Tür aufgeht und zwei Typen reinkommen. 

Sie gehen an den großen Tisch für 10, der auf der anderen Seite steht und gesellen sich zu den anderen 8, die bereits dort sitzen. Sie lachen und umarmen sich und bestellen die nächste Runde. Kendra folgt meinem Blick. „Oh Gott, ist das da drüben Ben?" Ich antworte ihr nicht. 

„Was ist mit euch beiden eigentlich? Habt ihr Kontakt?" 

„Nein, nicht wirklich. Ich glaube, wir brauchen beide gerade Zeit um herauszufinden, was wir wollen" Kendra schürzt nachdenklich die Lippen. Dann prostet sie mir zu. "Auf die Männer, die uns den Kopf verdrehen"

Wir kriegen gerade unseren zweiten Cocktail serviert, als Ben und zwei weiteren Typen an uns vorbei zu den Toiletten gehen. Er sieht mir direkt in die Augen, sagt jedoch kein Wort. Seine Mimik ist wie versteinert und gleichzeitig so böse, dass ich mich nicht traue, ihn anzusprechen. 

„Scheiße, was war das denn gerade?", sagt Kendra.

„Ich habe keine Ahnung. Vielleicht hat er mich schon abgehakt, weil ich mich die letzten Tage nicht mehr gemeldet habe", schnaube ich und genehmige mir einen großen Schluck aus dem neuen Glas. 

Einer der Typen bleibt vor der Männertoilette stehen, der andere folgt Ben durch die Tür. 

Kendra, die genau so neugierig ist wie ich, dreht sich auffällig um. „Sieht nach Drogendeal aus", sagt sie trocken. 

„Ben dealt doch nicht.", sage ich wenig überzeugend und Kendra zieht lediglich eine Augenbraue in die Höhe. 

„Schätzchen, was glaubst du eigentlich, was Gangs so treiben, mh? Schutzgeld ist nur ein Bruchteil von dem ganzen." Ich habe mir ehrlicherweise noch nie wirklich Gedanken darüber gemacht. 

Dann kommt Ben wieder raus - allein. Er flüstert dem anderen Typen etwas zu und sie gehen wieder zu ihrem Platz. Wieder ignoriert er mich und ich spüre, wie sein Verhalten mir einen kleinen Stich ins Herz versetzt. 

Der dritte und der vierte Cocktail bringen mich dazu, wieder lockerer zu werden. Die Wut und die Verunsicherung werden einfach weggespült und Kendra und ich verfallen in lautes Gelächter über die banalsten Dinge. 

Kendra schafft es sogar, dass die Typen neben uns zwei Shots ausgeben und als die Musik lauter gedreht wird, können wir kaum noch still auf unseren Plätzen sitzen. 

"Lass uuuuuns tanzen!", schreit Kendra. Mein betrunkenes Ich kann ihr noch weniger ausschlagen, als mein nüchternes, also stehen wir auf und begeben uns zur Tanzfläche. 

Während wir in der Menge tanzen, singen und lachen spüre ich dieses Brennen, was ich bereits so gut kenne. Ben beobachtet uns von seinem Tisch aus. Ich traue mich kaum, rüberzusehen, doch als ich es tue, treffen sich unsere Blicke für einen kurzen Moment. 

Sein Kiefer bebt und er scheint kein einziges Mal zu blinzeln, bis er seinen Blick von mir abwendet. 

Ein paar seiner Freunde stehen auf und begeben sich auch auf die Tanzfläche. Nach einer Weile tanzen sie unmittelbar neben uns und verstecken ihre Blicke nicht. 

"Hey, hast du Lust mit mir zu tanzen?", fragt mich einer von ihnen und zieht mich an sich heran. 

 "Sorry, nein", ich schüttle vehement den Kopf und winde mich aus seinem Griff.  

"Ach komm schon, wieso denn nicht? Du siehst toll aus", sagt er mit einem schelmischen Grinsen. Ehe ich antworten kann, steht Ben neben mir. "Sie will nicht, weil sie mit mir tanzt", knurrt er und als der Typ realisiert, dass Ben vor ihm steht, entschuldigt er sich mit großen Augen.  

Er steht vor mir, bewegt sich leicht im Takt und ich schaue ihn fragend an. "Was? Wir tanzen jetzt", lächelt er und und zieht mich ein wenig zu sich heran. Unsicher schaue ich mich um, doch Kendra ist bereits verschwunden und unterhält sich mit dem Barkeeper. 

Trust me, I am a Bad Boy. / AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt