Betrunken

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Als ich so früh nach Hause komme, schaut Melinda mich besorgt an.

"Keine Sorge, ich bin nicht von der Schule geflogen. Der Regen kommt nur durch die Decke und sie haben uns nach Hause geschickt." Auch wenn sie versucht, es zu unterdrücken: Ich sehe die Erleichterung in ihren Augen. 

"Das trifft sich gut, heute ist es wieder ziemlich voll hier, wie du siehst. Kannst du mich unterstützen?", fragt sie. Ich nicke und gehe hinter den Tresen, um mir die Bestellungen anzusehen. 

Fünf Stunden später bin ich fix und fertig.

Ich weiß wirklich nicht, wie Menschen das ihr Leben lang machen können, es ist so anstrengend immer den Überblick zu behalten, die Leute zu bedienen, Kaffee am laufenden Band zuzubereiten und dann noch nett zu sein. 

Der letzte Gast sitzt an einem Ecktisch am Fenster und wartet auf seinen Kaffee. Melinda ist hinter in der Küche und bereitet alles für den morgigen Tag vor. Ich gehe an seinen Tisch und stelle ihm den Kaffee hin. Als ich mich umdrehe, trinkt er den ersten Schluck und spuckt ihn wieder aus. "Was ist das für eine scheiße? Ich habe Kaffee bestellt!", schreit er mich an. Ich atme tief durch, drehe mich um und erkläre ihm freundlich, dass sich Kaffee in seiner Tasse befindet. Anscheinend fühlt er sich durch meine Reaktion provoziert und steht ruckartig auf.

Ich schaue ihm ins Gesicht, sein Unterkiefer bebt vor Wut. Ehe ich etwas sagen kann, kommt er auf mich zu und packt mich am Arm. Ich schreie auf vor Schmerz. "Halt die Fresse, du vorlaute Bitch. Wenn ich dir sage, dass der Kaffee scheiße schmeckt, dann hast du mir gefälligst einen neuen zu bringen, alles klar?!" 

Ängstlich und vollkommen überfordert nicke ich. Melinda betritt in diesem Moment das Café. "Was zum Teufel ist hier los?", schreit sie den Typen wütend an. "Ich gebe deiner kleinen Aushilfe hier einen gut gemeinten Rat, wie sie mit Kundschaft umzugehen hat", antwortet er mit einem ekelhaften Lächeln. "Raus, Ramond, verschwinde und lass dich hier nie wieder blicken!" Mit einem letzten, bösartigen Blick lässt er mich los und geht. 

Melinda beobachtet ihn und jeden seiner Schritte; als er aus der Tür ist, schließt sie schnell ab und stürzt auf mich zu. Sie drückt mich fest in ihre Arme. Ich kann nicht mehr an mich halten und weine los. "Es tut mir so Leid, ich wusste nicht, dass er wieder betrunken ist. Ramond ist ein furchtbarer Mensch, wenn er trinkt. Wenn er nüchtern ist, weiß er nicht mehr, was er getan hat." 

Nachdem ich ein warmes Bad genommen und mich in meine Decke eingewickelt habe, schaue ich auf mein Handy. Nachricht von Kendra. Sie fragt, ob ich Lust habe mit ihr am Wochenende feiern zu gehen. Seufzend schüttle ich den Kopf und starre auf das Handy. Es ist gerade erst Montag und dieses Mädel denkt jetzt schon daran, wie und wo sie sich am Wochenende volllaufen lassen kann. Ich antworte ihr, dass wir das morgen mal besprechen sollten und lege mein Handy beiseite.

Ich habe mir meine Schulsachen neben mein Bett gelegt und hole das Buch über Florenz raus. Ich hätte es eigentlich nicht mitnehmen dürfen, aber ich hatte keine Lust, nochmal zurück in den Klassenraum zu gehen. Mein Stundenplan fällt irgendwo zwischen den Seiten heraus. Auf einer Randnotiz steht: *Bitte beachten Sie, dass in der Zeit vom 11. bis zum 14. April täglich von 8 bis 11 Uhr Kunst & Kultur im Rahmen Ihres Projektes stattfinden wird. 

Mit einem genervten Seufzer rolle ich mich zur Seite und reibe mir die Stirn. Warum ist denen dieses scheiß Fach nur so wichtig? Ich würde jedes andere Fach bevorzugen, in dem ich nicht mit diesem wandelnden Aggressionsproblem arbeiten muss. Englisch, Französisch, Geographie... ich nehme alles.

Als meine Augen schwerer werden, räume ich die Sachen beiseite. Ich denke an meine Eltern, an mein altes Zimmer und meine Freunde... alles, um die Gedanken an diesen furchtbaren Ramond zu vertreiben. 


Trust me, I am a Bad Boy. / AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt