One Drink

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Maria POV

Die erste Woche des Praktikums ist geschafft. Ich habe so viel Glück mit meinem Platz, denn die Kollegen sind alle super nett und ich brauche keine Unmengen an Überstunden machen. Ich werde behandelt wie eine ganz normale Mitarbeiterin. Einige Freunde von mir hatten nicht so großes Glück und verbringen ihren Freitagabend im Büro. Da mir Kendra kurzfristig abgesagt hat und krank im Bett liegt, habe ich leider keine Beschäftigung für diesen Abend. Selbst Melinda ist bei einer Freundin. Deshalb nutze ich den Abend sinnvoll und gehe in das Fitnessstudio, was fußläufig zu erreichen ist und werde mich danach in eine Decke einwickeln und einen Film schauen.

Ich habe nach dem Unfall angefangen Sport zu machen. Erst war es gezwungenermaßen, denn ich musste wieder auf die Beine kommen, doch dann fing es an mir Spaß zu machen, gerade weil ich deutliche Veränderungen an mir sah. Ich habe mehr Selbstbewusstsein als zuvor und fühle mich nicht unwohl damit, einen Rock oder ein Kleid zu tragen.

Als ich frisch geduscht in einer Jeans und einem weißen Pullover aus den Studio komme, ist es bereits dunkel. Ich will gerade meine Kopfhörer anschließen, als ein Wagen neben mir hält. „Na so ein Zufall.", sagt die vertraute Stimme. „Ben.", sage ich überrascht. „Warst du trainieren?", fragt er neugierig. Ich nicke. „Ja, meine Pläne für heute Abend wurden gecancelt, also habe ich die Zeit sinnvoll genutzt." Wieso sage ich das? „Cool. Ähm... hast du Lust etwas trinken zu gehen, jetzt wo deine Pläne gecancelt sind?" Ich habe mir die Möglichkeit einer billigen Ausrede selbst genommen. „Klar, wieso nicht.", sage ich. Er signalisiert mir ins Auto zu steigen und ich werde nervös. Seine Anwesenheit für sich beinahe unerträglich an und macht süchtig zugleich. Ich setze mich auf den Beifahrersitz und lege meine Sporttasche auf meinen Schoß, mein Handy behalte ich in der Hand. Es ist das erste mal, dass wir uns auf Augenhöhe befinden und ich nicht nur in sein Auto spähe. Sofort rieche ich sein Parfum, es ist noch das selbe.

Ben POV

Ich möchte mit ihr ins Sammys fahren, der alten Zeiten Willen. Als ich sie vorhin ins Studio habe laufen sehen, habe ich gewartet... die ganze Zeit, bis sie da wieder rauskam. Ich habe mir vorgestellt, wie sie trainiert und bin in meinen Gedanken ganz schön abgeschweift. Sie macht mich verrückt, ich drehe vollkommen durch. Sie ist so anders und doch so gleich und ich will alles von ihr wissen. Ich will wissen, wieso sie plötzlich weg war. Sie ist nervös, genau wie ich, aber der Alkohol wird die Anspannung gleich lösen.

Ihr Handy leuchtet auf und ich erkenne den Namen darauf sofort. Dieser Aaron ruft sie an. Wut steigt in mir auf und ich würde gerne das Handy nehmen und Aaron sagen, dass er sich verpissen soll. Sie geht nicht ran, zeigt keine Reaktion, sondern starrt auf die Straße.

Maria POV

Mir ist sein Blick nicht entgangen. Ausgerechnet jetzt ruft Aaron an und Ben denkt sich seinen Teil. Auf eine gewisse Art und Weise finde ich es gut, dass er den Anruf gesehen hat, er kann ruhig eifersüchtig sein. Ich werde Aaron später zurückrufen. 

Natürlich, wir biegen auf den Parkplatz des Sammys. Es ist wie immer ziemlich voll und ich hoffe, dass wir niemanden treffen, den wir kennen. Es wäre merkwürdig. Wir setzen uns an einen Tisch am in der Mitte, alle anderen sind besetzt. Als der Kellner kommt und nach unserer Bestellung fragt, bestellt Ben für sich ein Bier und für mich einen Weißwein. Er tut es immer noch, er bestellt einfach für mich mit. Als der Kellner gegangen ist, herrscht kurzes Schweigen. "Es ist schön, dich nach so langer Zeit zu sehen.", sagt er schließlich und sein Unterton ist leicht vorwurfsvoll. "Ja, finde ich auch.", sage ich bloß. "Was hast du so gemacht, die letzten Jahre?" Eine ziemlich offene Frage. Ich überspringe die ersten Monate meines neuen Lebens und erzähle ihm direkt von San Diego, von meinem Schulabschluss, der Uni, meinen Freunden, meinem Job als Kellnerin, den ich schnell wieder aufgab, weil ich zu ungeschickt bin. Er hört gespannt zu, aber ich weiß genau, dass er das meiste davon schon weiß. "Und wie ist es dir ergangen?", beende ich meinen Monolog. Er setzt sich aufrecht, trinkt einen Schluck von seinem Bier, das in der Zwischenzeit gebracht wurde. "Bei mir hat sich nicht so viel verändert. Eigentlich ist alles so geblieben, nur dass es ruhiger geworden ist, so wie ich..." Er schaut mich an und wartet auf eine Reaktion. "Was meinst du damit?", frage ich. "Ich weiß, was für ein Arschloch ich war. Ich habe es erst verstanden, als du weg warst und mir niemanden sagen konnte oder wollte, wo du bist." Wow, mit so viel Ehrlichkeit hätte ich nicht gerechnet. "Ben, das ist lange her..." "Nein, für mich nicht. Ich meine es ernst. Ich war damals viel zu jung und mein Ego war enorm. Ich dachte, ich könnte mal eben so alles von Lio übernehmen und besser machen als er. Dabei habe ich alles, was zuvor war aus den Augen verloren, besonders dich." Seine Stimme klingt traurig und aufrichtig und Tränen steigen mir in die Augen. Ich wünschte, ich könnte ihm alles erzählen, doch ich vertraue ihm nicht, nicht mehr. Um von all dem abzulenken, frage ich, wie es Lio geht. "Naja, wie soll es einem schon gehen, wenn man für 18 Jahre ins Gefängnis muss?" Er hat recht, eine doofe Frage. "Und Cleo?" Da lächelt er das erste Mal. "Ihr geht es gut. Sie hat einen Jungen bekommen, Leon. Er ist super." Er holt sein Handy raus und zeigt ihn mir voller stolz. Leon hat genau so dunkle Haare und braune Augen wie sein Vater. Er schaut frech in die Kamera und mein Herz zieht sich zusammen. Ich bekomme keine Luft mehr und entschuldige mich. Ich renne fast auf die Toilette und versuche mich mit kaltem Wasser zu beruhigen.

Ben POV

Ich könnte ihr ununterbrochen zuhören. Sie ist so viel erwachsener geworden und ich bin stolz auf sie. Sie hat es hier raus geschafft und studiert jetzt. Als sie von ihrem Studium erzählte, leuchteten ihre Augen. Leider genau so, wie als sie von ihren Freunden sprach. Ich hätte sie am liebsten gefragt, ob sie einen Freund hat, aber das wäre nicht angebracht gewesen. Ihre Wangenknochen schauen mehr hervor und sie betont ihre Brüste mehr. Ich würde am liebsten sofort mit ihr zu mir nach Hause fahren, um den Schmerz der letzten Jahre kurz vergessen zu können.

Als sie wiederkommt, trinkt sie ihr Glas aus und fragt, ob wir uns langsam auf den Weg machen können. Ich hatte gehofft, noch länger mit ihr hier sitzen zu können, doch ich willige ein. Als der Kellner kommt, holt auch sie ihr Portemonnaie heraus und ich schaue sie ermahnend an. Ihr Blick kämpft gegen meinen, doch sie weiß selbst, dass sie nicht gegen mich ankommt. Und auch nach fünf Jahren, mit mehr Selbstbewusstsein, gibt sie nach und verstaut ihr Geld wieder in ihrer Tasche. Wir steigen ins Auto und fahren los. Ich fahre extra langsam und versuche mir so viel wie möglich von ihr einzuprägen.

Ihr Handy leuchtet. Es ist wieder dieser Aaron und wieder macht sie keine Anstalten, ans Telefon zu gehen. "Das ist dein Freund, richtig?", brumme ich. Ich kann nicht anders. Sie schaut mich an, schaut wieder zur Straße. "Richtig?", wiederhole ich. Dann seufzt sie. "Wirklich? Muss das jetzt sein?" Ihre Reaktion macht mich noch wütender, weil ich mir sicher bin, dass er es ist und sie es mir nicht sagen möchte. Ich greife fester um das Lenkrad. "War ja klar...", sage ich. Nun funkeln ihre schönen Augen mich wütend an. "Du kannst mich an der Ecke rauslassen." Ich schüttle den Kopf. "Ben, lass mich da vorne raus oder ich springe aus dem fahrenden Auto." Ich überlege, halte dann aber widerwillig an. Sie steigt aus. "Danke.", sagt sie enttäuscht.

Fuck. Ich habe es vermasselt.

Trust me, I am a Bad Boy. / AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt