Cinq.

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Es war kühl. Sehr kühl. Fröstelnd öffnete Hermine die Augen und stellte fest, dass es dämmerte und die Temperatur ihrer Wohnung beträchtlich gesunken war. Aber warum? Sie hielt sich ihren dröhnenden Schädel während sie sich aufrichtete und sah das weit geöffnete Fenster über ihrer Küchenzeile. Wollte Malfoy meinen Tod? Dachte sie zynisch. Schwankend erhob sie sich und tapste zu dem geöffneten Fenster. Mit zusammengekniffenen Lippen griff sie danach, schloss es und drehte den Griff senkrecht, damit es einrastete. Gleich darauf realisierte sie, was sie gerade gedacht hatte. Malfoy hat mich nachhause gebracht. Als ihr plötzlich klar wurde, was er gestern, als sie im Vollrausch war, getan hatte, musste sie ihre Augen weit aufreißen. Er hat mich die Treppe nach oben getragen. Da sehe ich eine Person aus meiner Vergangenheit zufällig wieder und mir fällt nichts Besseres ein, als mich volllaufen zu lassen, damit mich anschließend eben jene Person aus der Vergangenheit nachhause tragen darf. Sehr schön. Boden tu' dich auf. Augenblicklich musste sie sich errötend die flache Hand vor die Stirn schlagen. Einen Moment verharrte sie in dieser Position. Spärlich bekleidet, in ihrer voll gemüllten Küche, mit Kopfschmerzen und hängenden Schultern dastehend. Wie kam sie nur auf die, wortwörtliche, Schnapsidee zu versuchen sich mit Malfoy anzufreunden. Sie hatte keine Zweifel daran, dass nur der Alkohol schuld an dieser Misere gewesen war. Eigentlich war es ganz nett gewesen. Gleichzeitig konnte sie es nicht fassen. Sie hatten sich normal unterhalten und das sogar an zwei Abenden in Folge. Und es war sogar nett. Nett mit Draco Malfoy! Peinlich berührt ließ sie ihr Gesicht in den Händen ruhen, gleichzeitig hoffend, dass sie ihm nie wieder begegnen musste. Er war ein Slytherin, ein Todesser und absolut tabu. Oder sollte er doch eine zweite Chance verdient haben? Dieser Gedanke blieb in der Luft hängen, denn andere Bedürfnisse drängten sich in den Vordergrund ihres Bewusstseins.

Alkohol habe ich noch immer keinen hier, was für ein trauriger Tag. Stellte sie zitternd fest. Sie ließ die Hände von ihrem Gesicht sinken, drehte sich um, ging zu ihrem Sofa und setzte sich ermattet. Dann griff sie nach der Schachtel Zigaretten auf ihrem Sofatisch und steckte sich eine davon an. Hermine lehnte sich in das bequeme Sitzpolster, schloss ihre Augen und nahm tiefe Züge. Als sie ihre Augen öffnete sah sie den blauen Rauch durch den Raum schweben. Es sah aus wie der Nebel im verbotenen Wald. Bei dieser Erinnerung wurde ihr Blick glasig, sie musste daran denken, wie sie, Harry, Neville, Draco und Fang im ersten Schuljahr nach einem verletzten Einhorn suchten und auf Voldemorts geschwächte Gestalt gestoßen waren. Sie dachte an die Nebelschwaden, die den Hogwartsexpress umgaben, als die Dementoren sie angriffen. An den aufgewirbelten Staub, der sie bei der Schlacht in Hogwarts umgab, hervorgerufen durch die einstürzenden Mauern. Dann sah sie Hagrid, wie er den scheinbar leblosen Harry zurück zum Schloss trug. Sie dachte es wäre aus gewesen. Die Gedanken, die ihr in diesem Moment durch den Kopf gerast waren, waren unvorstellbar. Wie Voldemort sie alle nacheinander hinrichten würde, sie hätte sehen müssen, wie alle ihre geliebten Menschen von diesem Planeten verschwinden. Bis es sie selbst trifft. Umso größer war natürlich die Erleichterung darum, dass Harry noch am Leben war und das ganze letztendlich beenden konnte. Dennoch ließ der Sieg nicht ihre toten Freunde auferstehen. Und ihre Erinnerungen an die verbissenen Kämpfe auch nicht.

Eine einzelne Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel als sie an Fred, Lupin, Tonks und all die anderen denken musste. Sie hatte sie so lange gekannt. Besonders Freds Tod nahm sie mit. Sie konnte nur ahnen, wie schlecht es George damit ging. Hektisch wischte sie die Träne mit ihrem Arm weg, daraufhin fiel ihr die Asche ihrer fast heruntergebrannten Zigarette in den Ausschnitt. Trotzig sah sie auf ihr Dekolleté und fischte mit der anderen Hand die Flocken aus ihrem BH. Verdammte scheiße. Kann ich nicht einmal einen guten Tag haben? Fragte sie sich missmutig. Dann beschloss sie, sich wenigstens eine Flasche irgendwas zu besorgen und stand vom Sofa auf. Hermine begab sich in ihr Badezimmer, den Blick zu ihrem Spiegelbild mied sie. Nachdem sie ihre Zähne geputzt, ihre Haare gebürstet und ihr Gesicht gewaschen hatte, ging sie zurück in ihr Wohnzimmer, zog sich bis auf ihren Slip aus und warf ihre nach Zigaretten riechende Kleidung auf den Wäschehaufen, der sich auf ihrem Bett türmte. Sie griff nach der letzten Jeans in ihrem Schrank und schlüpfte hinein. Locker umgab sie ihre dünnen Beine. Dazu nahm sie sich einen weiten Pullover, den sie direkt ohne irgendwas drunter anzog. Auf dem Weg nach draußen nahm sie ihr Portemonnaie aus ihrer Handtasche, zog sich ein paar Schuhe an, öffnete energisch die Tür, ging rückwärts und gleichzeitig die Tür zuziehend aus ihrer Wohnung. Als sie sich von der Tür wegdrehte stand plötzlich ein blonder junger Mann vor ihr, der die Hand erhoben hatte, um zu klingeln.

Erinnerungen [Dramione]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt