Deux.

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Kopfschmerzen holten sie aus ihrer erholsamen Bewusstlosigkeit, in der sie einfach an nichts denken musste. Sie blinzelte, setzte sich auf und sah schließlich über die Sofalehne zu einem der Fenster, die neben der Küche waren. Die Sonne ging bereits wieder unter. Na großartig und ich habe nichts zu trinken hier. Dachte sie pessimistisch. Sie griff zu ihrem Couchtisch und nahm die Schachtel Schmerzmittel, die sich darauf befand, um sie zu öffnen, zwei Tabletten aus dem Blister zu drücken und sie sogleich in ihren Mund wandern zu lassen. Normalerweise hatte man als Zauberer oder Hexe die Möglichkeit selbst einen Trank gegen Schmerzen zu brauen, allerdings war Hermine in der letzten Zeit nicht dazu in der Lage gewesen, die notwendigen Zutaten zu besorgen, geschweige denn den Trank auf Vorrat zu brauen. Wer konnte auch ahnen, dass sie ihn naher Zukunft Kopfschmerzen übermannen würden.

Sie versuchte genug Spucke für die Tabletten in ihrer Mundhöhle zu sammeln, aber es wollte nicht funktionieren, sie war ausgetrocknet. Schnellen Schrittes erhob sie sich und wurde so gleich mit einem heftigen Stechen in ihrer Stirn bestraft, während sie zum Waschbecken eilte, denn langsam verbreiteten die Tabletten einen unangenehm bitteren Geschmack auf ihrer Zunge. Hektisch öffnete sie den Wasserhahn und hielt ihren Mund darunter, damit sie die Pillen endlich in ihren Magen befördern konnte. Erleichtert wischte sie sich mit der Hand über den nassen Mund. Stirnrunzelnd warf sie einen Blick in ihr Waschbecken, sah das aufgeweichte Brot und verzog ihren Mund zu einer Grimasse. Ekelhaft. Dachte sie. Da es nun bereits 17:00 Uhr war und die Geschäfte in der Winkelgasse bereits 18:00 schlossen, machte sie sich fertig, um am Abend auszugehen. Irgendwoher musste sie schließlich etwas zu trinken bekommen und vielleicht würde sich noch eine nette Bekanntschaft ergeben. Also schlürfte sie in ihr kleines Bad, dass sich im Gang neben der Kommode befand, an dessen Ende die Eingangstür war. Erstaunt stellte sie fest, dass auf dem Waschbecken eine Whiskyflasche stand, in der sich verlockendes drei-Finger-Breit hohes, braunes Gold befand. Wie paralysiert griff sie nach der Flasche, entkorkte sie, warf den Korken unachtsam auf den Boden und nahm einen tiefen Schluck. Rauchig-Süßer Geschmack benetzte ihren Mundraum und lies ein angenehmes Brennen zurück, als es in ihrem Magen ankam und sie von innen wärmte. Mit einem Klirren stellte sie die Flasche wieder auf den Waschbeckenrand und begann sich auszuziehen. Mit schmerzenden Armen zog sie den Pullover über ihren Kopf und enthakte anschließend ihren BH. Danach öffnete sie die Schlaufe in ihrem Hosenbund und augenblicklich rutschte sie von ihrer Hüfte. Mit traurigen Augen musterte sie ihr Spiegelbild. Sie sah furchtbar aus. Hermine konnte ihre Rippen zählen, ihre Hüftknochen sehen und hatte eine viel zu große Lücke zwischen ihren Beinen. Schnell wandte sie den Blick ab und unwillkürlich sah sie die Narbe auf ihrem Unterarm, die sie als Schlammblut betitelte. Ihr Blick verschwamm, plötzlich fühlte sie sich, als könnte sie nicht mehr atmen und ihr Herz begann zu rasen. Schweiß bildete sich auf ihren Handflächen und sie begann zu zittern. In ihren Ohren hörte sie das verrückte Lachen von Bellatrix, die Stimme von Voldemort in Hogwarts als sie von den Wänden widerhallte. Spürte den Atem des Todessers, der sie in der Mysteriumsabteilung festhielt und seinen Zauberstab an ihren Hals drückte. Ihre toten Freunde, wie sie blass und unbeweglich in der Halle lagen. Ihr wurde schwindelig und übel. Fahrig raufte sie sich ihr Haar und drehte sich zur Toilette um. Gerade so schaffte sie es, rechtzeitig den Deckel zu öffnen, bevor sie sich erbrach. Zitternd und schweißgebadet kniete sie auf dem Boden, während sie immer wieder von Krämpfen geschüttelt wurde. Bis es irgendwann aufhörte. Sie sah die halb aufgelösten Tabletten in der braunen Flüssigkeit schwimmen. Danach drückte sie den Abzug und alles wurde weggespült. Vorsichtig erhob sie sich und sah zur Dusche. Ob das jetzt so eine gute Idee war? Aber es wurde höchste Zeit mal wieder zu duschen, also überwand sie sich, stieg aus ihrem Slip und ihren Socken und drehte das Wasser auf. Als es warm wurde betrat sie die Dusche und wusch den Schmerz von sich.

Ungefähr eine halbe Stunde später war sie fertig und verließ die Dusche und sah sich klitschnass nach einem Handtuch um. Allerdings war kein großes mehr sauber, also ging sie, Fußabdrücke auf dem Holzboden hinterlassend, in ihren Wohnraum, nahm ihren Zauberstab von der Kommode und trocknete ihren Körper und ihre Haare magisch. Danach ging sie zu ihrem Kleiderschrank, nahm einen der wenigen noch sauberen Slips und die vorletzten sauberen Socken, um sie anzuziehen. An anderer Kleidung hatte sie leider auch nicht mehr viel Auswahl, aber wenn sie heute jemanden nachhause begleiten wollte, konnte sie sich nicht so nachlässig kleiden, wie in ihrer Wohnung. Sie nahm sich einen schwarzen Minirock, eine leicht durchscheinende Strumpfhose und ein rotes Top, das ähnlich einem Korsett aussah und mit Spitze besetzt war. Dazu eine Jeansjacke und eine kleine schwarze Tasche. Damit sie nicht mehr so krank aussah, beschloss sie ein wenig Makeup aufzutragen und ging dementsprechend zurück ins Badezimmer. Sie nahm großzügige Pumpschübe ihrer Foundation, verschmierte sie in ihren Handflächen und verteilte sie anschließend im ganzen Gesicht. Eyeliner wollte sie ebenfalls auftragen, aber nachdem sie es zwei Mal versucht hatte und ihre zittrigen Hände es immer versauten, lies sie es bleiben und wischte die Versuche von ihren Augen. Es mussten Wimperntusche und ein roter Lippenstift ausreichend sein. Mit dem Zauberstab zauberte sie ihre Haare zu einer Hochsteckfrisur und als das getan war, war sie sogar recht zufrieden mit sich. Lächelnd griff sie nach der Whiskyflasche vom Waschbecken und nahm einen Schluck. Inzwischen war es dunkel geworden und die Uhr über der Tür sagte, dass es bereits 20:00 Uhr war, also wollte sie sich auf den Weg in den tropfenden Kessel machen. Da der restliche Whisky ihr aber bereits zusetzte, entschied sie sich, die viertel Stunde zu laufen, da sie disapparieren wohl nicht mehr heil überstehen würde. Nachdem sie ihre schwarzen Stiefeletten angezogen hatte, schloss sie die Tür hinter sich und ging die Treppe nach unten vor die Haustür. Es war in den letzten Wochen schon um einiges kühler geworden, aber das störte Hermine wenig, da der Alkohol sie von innen wärmte. Auf dem Weg zum tropfenden Kessel zündete sie sich eine Zigarette an und inhalierte den Rauch mit tiefen Zügen in ihre Lunge. Als sie zu trinken begann, hatte sie auch angefangen zu rauchen. Das war allerdings in der Zauberwelt nicht besonders üblich, deswegen musste sie jedes Mal nach Muggel London, um sich neue Schachteln zu kaufen. Sie würde im vorbeigehen von einigen alten Zauberern lüstern angeglotzt, die sie jedoch gekonnt ignorierte. Nach einem kurzen Spaziergang kam sie schließlich an der Kneipe an und als sie die Tür öffnete und sah, wie viele Zauberer sich hier aufhielten, wurde ihr schlagartig bewusst, dass Donnerstag war und an diesem Tag im Jahr ein Kongress im Ort zu neuartigen Zaubertränken stattfand. Eigentlich hatte sie gehofft, dass nur wenige anwesend waren, damit sie in Ruhe betrunken werden konnte. Den Raum sondierend stellte sie fest, dass an der Bar noch ein Platz frei war, den sie nun zu ihrem machen wollte. Direkt an der Quelle des flüssigen Glücks. Drängelnd ging sie an einigen Menschen vorbei und stieg auf den Barhocker. Gleich darauf sprach sie den alten Tom an, um etwas zu bestellen:

„Hey Tom, schönen Abend, würdest du mir einen doppelten Jameson geben, bitte.", quasselte sie, schon etwas angeschickt vom ‚vorglühen'.

„Natürlich, Miss Granger, natürlich, sofort.", sagte er, als er sie erkannt hatte und füllte sofort ein Glas, um es vor ihr auf die Theke zu stellen.

„Danke, Tom.", nuschelte sie, nahm das Glas in ihre Hand und beobachtete wie die Eiswürfel begannen zu schmelzen. Bitter lächelte sie und trank das halbe Glas leer.

„Man, was ist denn mit dir passiert?", hörte sie eine raue Stimme neben sich murren. Überrascht über diese ungeschönte Aussage wandte sie ihren Kopf nach links, um zu sehen, wer sie von sich gegeben hatte. Sie konnte ihn allerdings nicht genau erkennen, die große Kapuze eines langen Umhangs verdeckte seinen Kopf und sein halbes Gesicht, welches halb zu ihr gedreht war.

„Entschuldigung, aber ich glaube kaum, dass wir uns dazu gut genug kennen, dass du dir solche Aussagen über mich erlauben darfst.", antwortete Hermine missmutig und etwas beleidigt. Im Grunde wusste sie, dass er recht hatte. Sie sah schrecklich aus. Die Folgen des Krieges hatten ihr sehr zugesetzt. Sie hatte Alpträume, Panikattackten und betrank sich. Schuldig sah sie zurück zu ihrem Glas. Die Person neben ihr trank ebenfalls einen Whiskey und beschäftigte sich nun damit das Glas in ihren Händen zu drehen.

„Ich glaube ich kenne dich dazu lang genug, Granger. Außerdem, so fertig wie du aussiehst, würde es sogar Leuten auffallen, mit denen du nie etwas zu tun gehabt hast.", sprach der Unbekannte weiter. Etwas in ihrem Unterbewusstsein sagte ihr, dass sie die arrogante Tonlage dieses Mannes schon oft gehört haben musste.

„Hör mal, trotzdem ist es einfach unhöflich, dass jemandem so an den Kopf zu werfen, und", leicht wankend zeigte sie mit dem Zeigefinger auf ihn und dann auf sein Glas, „du bist gerade genauso hier um Alkohol zu trinken. Drittens würde ich gern wissen wer du bist, dass du behauptest mich schon so lange zu kennen.", schloss sie ihre verschwommenen Gedanken. Der Mann neben ihr griff mit seiner rechten Hand an seine Kapuze und zog sie ein Stück bei Seite. Geschockt sah Hermine wer neben ihr saß. Die grauen Augen und das weißblonde Haar würde sie überall erkennen. Nur zwei Sekunden blickte er sie mit einem neutralen Blick an und ließ dann die Kapuze wieder in sein Gesicht fallen.

„Malfoy?!", brach es erschrocken aus ihrem Mund.

Erinnerungen [Dramione]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt