Sieben

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Point of View Prudence

Freitag, 19:29 Uhr, Southwest Denver




Ich konnte nicht fassen, dass ich hier wirklich in einem knappen blauen Kleid stand und darauf wartete dass Holly mich abholte. Sie wollte heute Abend mit mir in meinen Geburtstag hineinfeiern.

Eigentlich war ich erfreut sie wieder zu sehen. Doch ihre Beweggründe machten mir Sorgen. Was Holly wollte, bekam Holly. Ärgerlicher Weise wusste ich nicht was es war, dass sie wollte. Und vor allem wusste ich nicht ob es in meinem Sinne war.

Holly war das Nesthäkchen in ihrer Familie gewesen. Ihre älteste Schwester war 18 Jahre älter als sie, und auch ihre anderen Geschwister waren älter. Wir lebten damals nicht weit auseinander und Holly war eher wie eine Schwester als wie eine Cousine.
Da wir im gleichen Alter waren, beschäftigten wir uns auch viel miteinander. Wir verbrachten außergewöhnlich viel Zeit miteinander.

Natürlich war die Beziehung von mir und meiner Zwillingsschwester innig, doch irgendwie hatte Holly es geschafft sich dort noch einen Platz zu schaffen. Holly war jemand den man gerne um sich hatte. Etwas frech, schlagfertig und immer eine Idee wie man sich die Zeit vertreiben konnte. Auch wenn dass uns in manchen Fällen eine Menge Ärger einbrachte. Doch Holly brachte auch immer alles wieder ins Lot, zumindest fast immer.

Da unsere Eltern uns recht häufig bei unserer Oma "ablieferten", verbrachten wir auch dort regelmäßig viel Zeit miteinander. Val, Holly und ich wurden so zu den besten Spielkameraden. Wobei Val und ich sonst eigentlich lieber nur zu zweit waren. Doch bei Holly war das anders. Holly war wie wir besonders, ein Savant. Ein Kind bei dem unsere Eltern keine Angst hatten, wir könnten uns verplappern. Das hatte uns zusammen geschweißt.

Wobei die Fähigkeiten von Holly im Gegensatz zu meinen wirklich nützlich waren. Holly hatte ihren Namen zu Recht. Holly, bedeutet Stechpalme, und dass passte. Man sah es ihr nicht an, doch sie war schon als Kind in der Lage gewesen erwachsene Männer zum Weinen zu bringen.

Meine Mutter hatte uns, als wir älter waren, von einem Vorfall auf einer Familienfeier erzählt. Ich glaube der Anlass war ein Geburtstag. Jedenfalls waren Holly, Vale und ich fast vier Jahre. Unser Onkel George alberte gerne mit uns herum. Er war ledig, doch er liebte es mit Kindern herumzualbern, uns Kindern gefiel das natürlich. Daher verbrachte er auf Familienfeiern meist viel Zeit damit, mit uns Kindern herum zublödeln.

Doch Holly war an jenem Tag enttäuscht, als er sich von uns Kindern abwandte um mit den Erwachsenen zu reden. Trotzig hatte sie protestiert als er sich abwand. Doch es half alles nichts. Wütend hatte sie mit ihren Kinderärmchen nach ihm gegrabscht, und als sie ihn berührte, war es zum ersten Mal passiert.

Onkel George schwör dass es sich anfühlt als würde man in eine Dornenhecke gepresst. Ein unglaublich stechender Schmerz. So als würden die Nervenbahnen überall, am ganzen Körper, wie von Nadeln gereizt. Seitdem wurde Holly immer stärker. Viele andere Savantkinder bekamen ihre Fähigkeiten erst wenn sie älter wurden. Aber sie war nun mal das siebte Kind in ihrer Familie, und eine 7 zu sein, bedeutet für einen Savant starke Fähigkeiten zu besitzen.

Doch als wäre Holly mit ihren Fähigkeiten nicht so schon eine mächtige Savant und einer sieben mehr als würdig, wurde sie noch reicher beschenkt. Holly war die, die Menschen vergessen ließ. Und zwar nicht durch ein charmantes Lächeln, sondern durch ihre Kräfte. Ich will nicht wissen wie oft sie uns verschwiegen hatte, dass sie Gebrauch davon gemacht hatte. Ein sanftes Lächeln von ihr mit dem Willen, dass Vergessen wurde...

Abermals strich ich mein blaues Kleid zu Recht. Holly würde jeden Moment kommen. Ein Gefühl von Vorfreude und Panik überkam mich. Wie sie sich wohl verändert hatte?

Persuading PrudenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt