Akten
Denver
Point of View Prudence
Entspannt öffnete ich die Tür von meinem hübschen weißen Opel Astra GTC. Mittlerweile konnte ich mir sogar eine ansehnliche Wohnung und vor allem ein fahrendes Auto leisten. Kein Gebrauchtwagen. Ein Neuwagen. Und darauf war ich verdammt stolz.
Auf dem Beifahrersitz lag ein Karton mit meinen wichtigsten Büroutensilien. Ich wollte sie zuerst nicht mitnehmen. Ich hatte ja keine Ahnung wie mein neuer Arbeitsplatz aussehen würde.
Mein neuer direkter Vorgesetzter oder Kollege, wie auch immer man es nennen wollte, hatte sich an meinem ersten Tag ordentlich verspätet. Allerdings hatte die Sache auch was Gutes. Das gab mir die Gelegenheit mich ausgiebig mit Steve Fischer zu unterhalten. Bei einer schönen Tasse heißen Kaffee!
Der junge Kerl schien ganz okay zu sein. Es war sein erstes Jahr im Berufsleben, was zur Folge hatte, dass er übertrieben optimistisch zu sein schien. Zwei Jahre dachte ich mir insgeheim, soviel Zeit brauchte es um einen Ermittler zu einem pessimistischen Menschen zu machen. Aber wie gesagt der Junge schien ganz okay zu sein. Auf jeden Fall war er nicht so arrogant und hatte auch nicht diese Ellenbogen Mentalität die ich von FBI-Leuten kannte.
Um zum FBI zu kommen brauchte man eine exzellente Ausbildung, die amerikanische Staatsbürgerschaft und oftmals auch das nötige Kleingeld und die Beziehungen. Oft waren diese Dinge mit einem bemerkenswert reichen Elternhaus und somit mit einem übersteigerten Selbstwertgefühl verbunden. Ob Steve einfach nur Glück hatte, oder immun gegen schlechte Familienangewohnheiten war, wagte ich noch nicht zu sagen.
Ich hob meinen Bürokarton an und stieß die Autotür schwungvoll mit meiner Hüfte zu. Umständlich suchte ich meinen Schlüssel und schloss meinen geliebten Opel ab. Ich lief wieder über den Parkplatz und betrat das erfrischend neue Gebäude das bald mein Arbeitsplatz sein würde. Die ganze Sache war so viel besser als mein alter Arbeitsplatz.
Insgesamt war alles erstaunlich hell, wie mir nur schlagartig auffiel. So stellte man sich ein FBI-Sitz eigentlich nicht vor. Heute Morgen hatte ich zu viele andere Dinge im Kopf gehabt um mich an der Architektur zu erfreuen. Verwundert und zugleich begeistert sog ich die neue Atmosphäre regelrecht auf. Vor der Tür zu meinem neuen Büro stoppte ich und holte kurz tief Luft. Das war meine Chance ein erfolgreiches Berufsleben zu haben. Unabhängig. Außer in meinem Beruf würde ich wahrscheinlich kaum Erfüllung finden. Ob mein neuer Vorgesetzter schon da war? Ob er umgänglich war?
Während dem Kaffeetrinken meinte Fischer ganz klar, dass sein Partner recht schwierig sei, aber eigentlich okay, wenn man ihn näher kannte. Schmunzelnd hatte er hinzugefügt, dass er außerdem in der Regel, eigentlich zuverlässig und pünktlich sei. Ein Anspielung auf sein Zuspätkommen. Vermutlich war er nun endlich eingetrudelt, und ich konnte mich auf den Fall stürzen.
Zuversichtlich klopfte ich an die Tür. Ein forderndes „Herein." ertönte. Entschlossen trat ich ein, und fühlte mich zum zweiten Mal an diesem Tag überrumpelt. Der Blick meines neuen Vorgesetzen, ruhte mehr als einfach nur entgeistert auf mir. Verflucht. Der Typ hatte mich auf dem Gang umgerannt, als ich zu meinem Auto wollte. Ich war in etwa so freundlich gewesen wie er zu mir. Im Prinzip also gar nicht. Dieser Typ, war Victor Benedict von dem alle sprachen? Der Ermittler der eigentlich jeden Fall löste?
Er sah nicht aus wie ein typischer Ermittler. Er war zwar groß, und herrlich durchtrainiert wie es schien, doch er wirkte nicht wie einer der Guten. Sein ganzes Aussehen erinnerte eher an einen spanischen Kriminellen, und seine dunkelbraunen Haare waren alles andere als ordentlich im Moment.
Die Stille in der wir uns befanden wurde langsam unangenehm, und auch Steve Fischers leichtes Lächeln verschwand langsam. Da Mister-Ermittler-ohne-Manieren offensichtlich nicht in der Lage war sich vorzustellen, ging ich zum Tagesgeschäft über. Ich hatte keine Lust hier rumzustehen und zu warten, bis er sich dazu herablassen würde mich zu begrüßen.
„Wir zwei hatten ja schon dass Vergnügen. Victor Benedict nehme ich an." Sagte ich daher recht barsch. Und plötzlich, ganz am Rande verspürte ich, als er mich verärgert anschaute, dieses seltsame Surren der Luft, dass ich immer wahrnahm sobald sich ein Savant in meiner Nähe befand. Fuck. Ich war kurz mehr als perplex, und blinzelte, als ich das ungewohnte Surren wieder intensiver wahrnahm. Dieses Surren hatte ich schon Jahre nicht mehr gespürt.
Seine Stimme verstärkte das Surren, nun da ich es schon wahrgenommen hatte. „Richtig. Also dann. Ich hab ihnen auf ihren Schreibtisch einige Akten gelegt. Wenn sie fragen haben, wenden sie sich an mich oder Fischer." Seine braunen Augen wirkten misstrauisch, als ich ihn so anstarrte. Ich musste mich wieder fassen. Normalerweise war ich nicht leicht aus der Fassung zu bringen. Aber wie konnte ich DAS auf dem Gang nicht merken?
„Okay." Sagte ich knapp und bewegte mich mitsamt meinen Büroutensilien an meinen neuen Schreibtisch. Äußerlich packte ich alles sehr selbstsicher aus, doch innerlich war ich kurz davor aus dem Büro zu stürmen. Ich wollte nichts mehr mit Savants zu tun haben. Deshalb war ich doch erst hier gelandet. Meine Gaben hatte ich bewusst seit Jahren nicht mehr eingesetzt.
Ich drängte das Surren in den Hintergrund, wie ich es früher immer getan hatte. Es fiel mir deutlich schwerer als früher. Ich war aus der Übung. Innerlich am Boden zerstört widmete ich mich den Akten, nachdem ich meine Stifte, und meinen Notizblock akribisch geordnet auf den Tisch gelegt hatte. Ich würde mich voll auf den Fall konzentrieren und nach dem Fall um eine Versetzung bitten. Schon als ich die Akten öffnete fühlte ich mich sicherer. Sofort vergaß ich den Raum, und machte mich daran alles Wichtige in den Akten zu erfassen.
Keiner würde etwas von meinen Savantkräften merken solang ich es nicht wollte, beruhigte ich mich. Zu Beginn las ich mir einfach nur alles durch, beim zweiten Mal lesen machte ich mir Notizen zu den Dingen, die mir wichtig erschienen. Wirklich viele Dinge waren das nicht. Meine Schläfen sanft massierend schaute ich immer noch auf die Akten.
Ich sollte jetzt eigentlich erst ein Opferprofil anlegen, es gab immer Gemeinsamkeiten, aber bis jetzt sah ich sie nicht. Gerade als ich aufschaute, und meinen Blick nochmals durch das kleine Büro mit den drei Schreibtischen und dem riesigen Aktenschrank schweifen ließ, klingelte ein Handy.
Fragend schaute ich in Richtung von Fischer, der nur die Achseln zuckte. Mein Blick ging zu Victor, der gerade sein Handy abnahm. Ich war unsicher, eigentlich dachte ich würden alle Anrufe über das Telefon in unserem Büro kommen.
„Was ist?" Fragte Victor sichtlich genervt in den Hörer.
Sein Gesicht war mir und Fischer zugewandt, und wirkte gereizt und böse. Nach kurzer Zeit lockerte sich seine Haltung und auch sein Gesicht wirkte nicht mehr so gereizt. Der Anrufer musste offenbar ununterbrochen reden, denn nach guten 5 Minuten hörte Victor immer noch einfach zu.
Er wand mir und Fischer den Rücken zu, als er ins Handy fragte. „Wohin soll ich kommen?"
Ein kurzes Nicken mit einem festen "Ja." seinerseits, und er legte auf. Als er sich wieder zu uns umdrehte wirkte er ruhig. „Fischer wir müssen an die Arbeit. Lass uns zum Auto."
„Worum geht's?" Fragte ich als Victor gerade seine Jacke anzog. „Ein neues Opfer, dieses Mal direkt hier in Denver." „Okay, aber warum kam der Anruf dann direkt über dein Handy?" Fragte ich geradeaus, was mich gerade brennend interessierte. „Das ist meine Sache." Gab er unfreundlich zurück, und fügte drängelnd und genauso unfreundlich hinzu. „Fischer, komm schon." Seine Hand lag schon an dem Türgriff des Büros.
Er hatte es verdammt eilig. „Ich komme mit." Sagte ich entschlossen und stand von meinem Schreibtisch auf. Mein neuer Chef schaute mich verärgert an, doch bevor er etwas sagen konnte erklärte ich. „Es ist von Vorteil wenn ich den Tatort auch sehe. Außerdem ergibt sich vielleicht was Neues was mir bei den Profilen hilft." „Aha." War die knappe Antwort. Der liebe Steve war irgendwie langsamer, und so stand ich noch vor ihm an der Tür. Victor öffnete die Tür und ging vor. Im Türrahmen wartete ich auf Steve, er war mir weitaus sympathischer als Mr. Arrogant. Ich lächelte Steve freundlich an, als er endlich fertig war und gemeinsam gingen wir zum Auto.
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Persuading Prudence
FanficVictor ist ein Savant, der vergeblich versucht seinen Seelenspiegel zu finden. Die Tatsache dass er dabei auf voller Linie zu versagen scheint, macht ihm schwer zu schaffen. Er wird immer rauer und abweisender. Prudence will ihren Seelenspiegel nich...