Grau

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Point of View Victor

Es war ein surreales Gefühl plötzlich mit Mitchell Barrow vor dem Haus der potenziellen Entführer zu stehen. Er wirkte so ganz anders als ich ihn mir vorgestellt hatte. Mitchell schien sich an unserer Zusammenarbeit im Gegensatz zu mir kein bisschen zu stören. "Kein Auto." Verkündete Henry der zusammen mit Holly gerade eine Runde um das Haus gelaufen war. Ich und Mitchell nickten synchron.

Es war beinahe erschreckend wie schnell Holly's Bruder mit den wenigen Informationen dieses Haus ausmachen konnte. Doch ihr Onkel Mitchell war derjenige, der mich mehr verunsicherte. Er strahlte eine wirklich beeindruckende Aura aus.

"Dann sollten wir uns mal innen umsehen." Verkündete Mitchell mit einer festen Stimme. Als er einfach in Richtung der Tür lief und die Türklinke herunterdrückte, konnte ich unser Glück nicht fassen. "Nicht abgeschlossen?" Fragte ich überrascht, und ernte eine Lachen von den beiden Männern und Holly. "Genau." Meinte Mitchell trocken mit einem schiefen Lächeln und ging nach innen. Ich war verwirrt, aber irgendetwas sagte mir, dass es mit seiner Savantkraft zu tun hatte.

Doch ich konnte nicht lange darüber nachdenken. Henry zog eine Waffe und drückte sie Holly in die Hand. Höchstwahrscheinlich hätte ich mich bedroht fühlen sollen. Doch der fürsorgliche Blick den Henry seiner Schwester zu warf, nahm mir jeden Zweifel. Bei diesen Leuten war Familie wichtig, und Prudence war ein Teil davon. Ich konnte nur hoffen ihnen war klar, dass ich sie bei der Suche nicht behindern würde. Wir standen auf einer Seite. Holly umklammerte nun die Pistole fester, und richtete ihren Blick auf Mitchell.

"Los." Flüsterte ihr Onkel. Der schon zu warten schien. Auf ein Nicken ihres Bruders folgten wir alle. Ich war erstaunt wie zielstrebig Holly und Henry die Räume absuchten. Dabei darauf achtend sich immer gegenseitig zu schützen. Mitchell und ich waren ebenfalls erstaunlich effektiv. Mein Blick glitt über die spärliche Einrichtung, die ihre beste Zeit auch schon hinter sich hatte. Mitchell schien solche Aktionen schon öfters gemacht zu haben. Er war sehr routiniert und wir arbeiten zusammen schneller als erwartet.

Als wir das Erdgeschoß gesichert hatten gingen Henry und Holly nach oben und Mitchell und ich nach unten. Der Keller war kalt und nicht sehr einladend. Die leergeräumt Ecke mit einer alten zerrissen Decke auf dem Boden sprach aber Bände. Ich musste kein Genie sein, um zu erkennen für was dieser Keller genutzt wurde. Doch was noch schlimmer war: Prudence war nicht hier. "Henry und Holly, haben auch niemanden gefunden." Flüsterte Mitchell. Fuck. Nun waren wir wieder ohne Spur.

Als wir die Treppe nach oben gingen erwartete uns das reinste Chaos. Henry wühlte sich gerade durch alle Schränke im Flur, und nahm keine Rücksicht auf Ordnung. Holly jedoch war etwas besonnerer und rief uns aus Richtung des Arbeitszimmer's zu sich.

"Mitch, der PC hat ein Passwort, übernimm du. Ich durchsuche hier die Regale." Mitch setzte sich einfach an den PC. Auf dem leuchtete der Balken in dem das Passwort eingeben werden sollte. Ohne Umschweife legte er seine Finger auf die Tastatur. Er schloss kurz die Augen und fing an zu tippen. Wie durch ein Wunder öffnete sich das Startmenü.

"Wie?" Murmelte ich verwirrt. Ich fühlte mich nutzlos, den ich stand einfach nur in dem Raum ohne etwas beizusteuern. Holly lachte während sie einen Kalender durchblätterte.

"Mitch bleibt eben nichts verschlossen." Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Die Tür und auch das Passwort waren eigentlich nicht zugänglich. Mitchell kam also überall herein, und vermutlich auch heraus. Fuck. Für eine Syndikatschef sicherlich von Vorteil. Ich musterte Mitchell der am PC vertieft schien. Dieser schien dies zu bemerken. "Mach dich nützlich FBI Wiesel und schau die Ablagenfächer durch." Murrte mich Mitchell an der keineswegs erfreut darüber zu sein schien, dass ich nur untätig daneben stand. Bevor ich Holly überhaupt helfen konnte, drehte diese sich schwungvoll mit dem Kalender in der Hand.

"Heute steht hier 'Greys Peak' umkringelt. Und ich vermute kaum dass diese zwei Irren mit Prudence eine Wandertour gestartet haben."
Ich spürte wie Adrenalin durch meine Adern rauschte.

Mitchell schien davon unberührt und konzentrierte sich weiter auf den PC. "Langsam Holly, lass uns erst alles genau durchschauen, vielleicht ist dass nicht mehr aktuell."

Ich konnt spüren wie Holly's und meine Freude über eine Spur gedämpft wurde. Und das war seltsam, den eigentlich war ich von Berufswegen nie sonderlich erwartungsvoll oder leicht zu deprimieren. Doch bei Prudence stand die Sache anders.

Wenn an der Vermutung von Crystal was dran war, und mein Gefühl mich nicht täuschte, war mein Seelenspiegel nun gerade wirklich in der Gewalt von zwei Killern. Ich musste alles daran setzen Prudence zu helfen. Da ich auch nichts besseres wusste durchwühlte ich mit Holly das Zimmer. Wirklich viel gab es nichts zu sehen. Fotoalben, Steuererklärungen, Versicherungsunterlagen und noch viele weitere Unterlagen. Es gab unglaublich viele Ordner und dazwischen immer wieder Privates. An den Jugendfotos der zwei mutmaßlichen Entführer blieb ich tatsächlich ein bisschen länger hängen. Sie sahen so harmlos aus. Gerade als ich mich weiter durch die Unterlagen wühlen wollte, erhaschte ich einen Blick auf ein Bild mit mehreren Jugendlichen. Vielleicht ein Zeltlager? Gerade als ich danach griff, ertönte hinter mir ein Poltern.

Henry war wieder zu uns gestoßen, und war tatsächlich über einige der Ordner gestolpert, die den Boden bedeckten. Als er sich wieder aufrappelte, lagen alle Augen auf ihm. Er überspielte den peinlichen Moment. "Nichts besonderes gefunden, ich denke wir sind hier fertig, oder wie sieht es bei euch aus?"

"Lass mich noch kurz ihre letzten gedruckten Dateien durchsehen. Meistens ist da was dabei." Als kurz darauf der Drucker anfing zu arbeiten, waren die Geräusche unglaublich laut. Keiner von uns sagt etwas während Mitchell sorgsam alles zusammenpackte. Seltsam wenn man bedachte, was für eine Unordnung wir geschaffen hatten. Ich war mit meinen Gedanken schon wieder deutlich weiter. In mir nagte das ungute Gefühl mich nun wirklich zu beeilen, und mein Instinkt riet mir unbedingt nach Grey's Peak aufzubrechen.

Holly machte sich schon daran die frisch gedruckten Blätter zu greifen.  "Victor, ruf deinen FBI Kumpel an. Er soll sich erkundigen ob jemand vermisst wird, der beim Bauamt arbeitet." Als ich fragend eine Augenbraue hob, reichte sie mir die Blätter. Und tatsächlich genügten wenige Sekunden um zu verstehen um was es ging. Hier waren   Büropläne des Bauamt. Dazu hatte sich einer der Männer offenbar die Mühe gemacht die Öffnungszeiten und Arbeitspläne inklusive Außendiensteinsätze auszudrucken. Fuck. Sowas tat man nicht einfach so.

Ohne große Umschweife zog ich mein Handy aus der Tasche und rief Steve an.

Persuading PrudenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt