Tatort

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Point of View Victor

Ich saß am Steuer meines Wagens, mit meinen zwei Kollegen auf der Rückbank, und schlängelte mich durch den morgendlichen Verkehr. Als ich an einer Ampel halten musste, trommelte ich auf dem Lenkrad herum. Ein genervtes Schnaufen, ließ mich in den Rückspiegel blicken. Steve saß ganz entspannt da, doch unsere neue Profilerin schaute sichtlich genervt.

Entweder wegen dem schlechten Verkehr oder wegen meiner Trommelei. Zufrieden schaute ich nach vorne und trommelte weiter, sie sollte keine Freude an der Sache haben. Wie frech sie sich einfach angeschlossen hatte. So war das definitiv nicht geplant gewesen. Eigentlich hatte ich keine Lust diese Zicke mitzunehmen. Sie war mit Abstand, die Krönung der letzten Wochen. Das Glück hatte mich wirklich verlassen.

Als die Ampel wieder grün wurde, ging ich mit meinem Fuß von der Kupplung und fuhr weiter. An uns rauschten die hohen Gebäude von Denver vorbei. Bald würden wir beim Stadtpark sein.

„Hast du schon mal eine Leiche gesehen, also ich meine nicht nur von Bildern?" Fragte Steve in der Bemühung ein lockeres Gespräch in Gang zu bringen. Ich musste schmunzeln, weil es für eine Frau mit Sicherheit, kein lockeres Thema war. Steve war manchmal ein Small-Talk-Krüppel.
Die Stimme von Mrs. Thorndike-Zicke war unsicher aber freundlich. „Ja, aber noch nie in einer derartigen Mordserie." „Dann übergib dich am Tatort doch bitte nicht." Warf ich von vorne zuckersüß ein und zerstörte wieder die sich bessernde Stimmung.

Durch den Rückspiegel sah ich, wie sie sich verärgert dem Fenster zu wand. Trotz der miesen Stimmung, versuchte Fischer es dennoch weiter. „Woher kommst du eigentlich?" Fragte er nun, und ich dachte mir, es wäre noch ein eindeutig besseres Smalltalk-Thema. Die Sache mit dem Smalltalk-Krüppel sollte ich zurücknehmen. Doch ihre Reaktion war anders als erwartet. Ihre Stimmlage war gereizt und wirkte abwehrend. Als hätte man ein wundes Thema angesprochen. „Wir sollten uns auf andere Dinge konzentrieren. Ich will jetzt nicht reden und schon gar nicht über mich." Und schon wieder war Steve der Anti-Smalltalker.

Plötzlich war ich aber interessiert. Wieso reizte sie das? Steve wurde stiller. Wir kannten uns erst einen Tag, und schon jetzt war klar das wir kein gutes Team sein würden.

Steve meinte beschwichtigend. „Ach komm schon Prudence, das ist belangloser Smalltalk."
Er nannte sie schon beim Vornamen. „Lass die Frau doch in Ruhe. Ich will in Ruhe fahren." Meinte ich von vorne, obwohl ich eigentlich gerne erfahren hätte woher unsere neue Profilerin stammte. Zur Abwechslung sollte ich vermutlich mal für ein gutes Teamklima sorgen. Ich wollte nicht dass sich Prudence nun auch noch mit Fischer anlegte. Wir wären ein unproduktives Team. Außerdem war Stille doch auch gut. Vielleicht würde sie die ganze Fahrt anhalten.

In der Tat herrschte bis zum Stadtpark Stille in unserem Auto. Als ich den Motor abstellte meinte ich locker. „Absitzen." Als ich ein letztes Mal in den Rückspiegel blickte, sah ich wie Fischer seine Augen verdrehte.

Gleich würde ich meinen Bruder Trace sehen. Meine Stimmung wurde besser. Wenn er vor Ort war gab es immer gute Hinweise.

Wir waren nicht die Ersten vor Ort. Die Polizei war schon fleißig bei der Arbeit. Die Polizisten sperrten den Tatort ab, sammelten Spuren und schossen Fotos. Der Anblick der sich uns im Park schon von Weitem bot, war alles andere als schön. Der abgeschlagene Kopf einer Frau mittleren Alters lag in einem Vogelbad aus Stein.

Ihre dunklen Haare, die nass wie schwarz wirkten, gaben einen heftigen Kontrast zu ihrer leichenblassen Haut. Als ich mit meiner kleinen Mannschaft näher trat, merkte ich wie sich unsere „starke" Profilerin verkrampfte.

„Du warst noch nicht mal nahe dran." Meinte ich daraufhin gleich um sie zu ärgern. Anders als erwartet gab Mrs. Thorndike keine freche Gegenantwort. Sie sagte nichts, und schaute nur angewidert.

„Alles okay?" Fragte Fischer besorgt. Sie antwortete mit schwacher Stimme.
„Ich bin nur geschockt. Alles okay Steve." Sie klang dabei aber nicht sehr ehrlich.
Doch Steve Fischer war nicht umsonst beim FBI, er bemerkte es.
„Wenn du nicht hier sein willst kannst du zurück zum Auto. Wir bekommen ja Bilder du musst dir dass nicht ansehen." „Ich wollte mit und wenn ich schon hier bin sollte ich auch meine Arbeit machen." Sagte sie bestimmt, doch noch immer war ihre Körpersprache verkrampft.

Diese Frau war stur und stolz. Als sie ihren Blick wieder nach vorne richtete, schauderte sie leicht. Es war wohl doch nicht das Gleiche Akten anzuschauen mit den Bildern, wie diese Bilder einem realen Tatort zu sehen. Ich und Fischer gingen näher zu dem ganzen Geschehen und auch Thorndike folgte uns. Während ich den abgeschlagenen Kopf der Frau genauer ansah, nun da ich näher war, vernahm ich direkt hinter mir ein erschrockenes nach Luft schnappen, drehte mich jedoch nicht um.

„Du musst das nicht tun Prudence." Vernahm ich Fischers sanfte Stimme. Irgendwie ärgerte mich das. Ich wollte zwar ein gutes Arbeitsklima. Aber nicht so ein gutes Arbeitsklima. Beziehungen zwischen Kollegen waren das Letzte. Fischer sollte die Finger von ihr lassen. Kaum hatte ich den Chef der Spurensicherung gesehen, winkte ich ihn zu mir. Während er näher kam zog ich meinen Notizblock hervor.

„Spuren vom Täter?" Fragte ich direkt als der schlaksige Mann mit den grauen Haaren uns erreicht hatte. „Fehlanzeige. Bis jetzt zumindest." „Weiß man schon wer das Opfer ist?" Fragte ich. „Noch nicht, aber wir haben schon zwei Beamte darauf angesetzt. Vermutlich wissen wir es innerhalb der nächsten Stunden." „Hat man schon nach Zeugen gesucht, die das Ganze gesehen haben könnten?" „Wir sind dabei. Es wird aber wie immer dauern." Ich drehte mich von ihm weg und meiner ziemlich bleichen Kollegin zu.

„Mrs. Thorndike, wenn Sie etwas wissen wollen ist jetzt der richtige Zeitpunkt dafür." Ich sah sie direkt an und machte mir ernsthaft Sorgen ob sie das Ganze verkraftete. Es war lachhaft. Diese Frau verdiente ihr Geld damit solche Dinge zu analysieren. Sie musste es verkraften.
Doch sie sah jetzt schlimmer aus, als noch vorher. Sie wirkte als würde sie gleich zusammenbrechen.Dennoch nickte sie schwach und trat näher zu dem Chef der Spurensicherung.

Ich selber lief nun zu Fischer der bei einem dicken Polizisten stand, und kurz etwas abklärte.
Da Thorndike fürs Erste nun ziemlich beschäftigt sein würde, sollten wir nun schnell zu Trace.
Ich gesellte mich genau zu Fischer als der Polizist ging. „Wir sollten uns zu Trace begeben."
Meinte ich leise zu Steve. Ich wollte nicht das Prudence sah wohin wir gingen, ich wollte nicht dass sie von meinem Bruder erfuhr, oder von den Savants und deren Gaben.

Fischer wusste von den Savants und unsere Gaben. Wie auch einige andere Leute beim FBI, aber der Neuen traute ich nicht über den Weg. Sie hatte etwas Arglistiges an sich. „Er hat einige Infos und Hinweise, die uns vielleicht helfen könnten." Fischer verstand den Wink mit dem Zaunpfahl offenbar nicht, da er einmal auf Prudence schaute und dann wieder zu mir. „Sie kommt nicht mit. Sie ist hier bestens aufgehoben." Fischers skeptischer Blick glitt zu Prudence, die aussah als würde sie gleich zusammenklappen, meinte überraschender Weise aber. „Okay, lass uns zu Trace gehen."

Trace, mein Bruder, trug seine Polizeiuniform und stand schon wartend neben seinem Polizeiwagen als wir beide kamen. Die Uniform passte zu ihm wie die Faust aufs Auge.
Er war der geborene Polizist. Seine Ausstrahlung hatte etwas dass ihn gerecht aber hart wirken ließ. Er war ein recht ruhiger Kerl, der immer wusste was zu tun war. Vermutlich auch weil er der Älteste von uns sieben Geschwistern war.

Seine dunkelbraunen Augen fixierten uns schon von Weitem als er uns sah. Als wir bei ihm angekommen waren, reichte er mir die Hand und zog mich in eine kumpelhafte Umarmung.
„Hey kleiner Bruder." Diese Bezeichnung war nicht gerade zutreffend, den ich war mittlerweile 26 Jahre und etwa 5cm größer als er. Okay, ich war auch ziemlich groß mit meinen 1,86 Meter.

„Hey Trace." Steve ließen wir außen vor, und er stand einfach nur etwas abseits von uns.
Trace fuhr sich einmal mit der Hand durch seine kurzen schwarzen Haare und erklärte. „Ich habe meinem Partner gesagt, ich gehe einen Kaffee mit meinem Bruder trinken. Wir haben aber nicht lange Zeit." Es war noch immer früh morgens und ich hatte irgendwie Lust auf einen richtigen Kaffee.

„Wir könnten ins Mollys gehen. Die haben den besten Kaffee und sind gerade mal 5 Minuten mit dem Auto entfernt vor hier entfernt." Schlug ich vor. „Gute Idee Vic. Hallo übrigens Steve."

Persuading PrudenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt