"Ich habe dich gesucht"

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Kapitel 5 "Ich habe dich gesucht"

Wie ein nervöses Nervenbündel am Ende seiner Grenzen, trommel ich mit meinen Nägel auf das durchsichtige Glas des Tresens. Mein Blick klebt förmlich an der Tür und jedes Mal, wenn die Glöckchen über der Tür ertönen und ein schwarzhaariger Mann den Laden betritt, glaub ich, hört mein Herz mit dem schlagen auf.

Pringsten ist keine besonders große Stadt, falls man es denn als solche bezeichnen kann. Hier reden sich Gerüchte schnell rum. Egal, ob es denn jetzt in den Wohlhabenderen Vierteln ist, oder bei den normalen Bürgern Amerikas.

Neuigkeiten verbreiten sich hier wie die Pest.

Deshalb war es ein leichtes für Pringston die Neuigkeit der verschollenen Paisley Familie kund zu machen. Der Paisley Brüder, um genau zu sein.

Natürlich, während der Verlobungsfeier habe ich das erste Mal von ihrer Rückkehr erfahren.

Aber inzwischen ist diese eine Woche her und ich musste mich bisher nur mit einem der Paisley Brüder auseinander setzen.

Ob es jetzt daran lag, das Pringsten doch größer als erwartet ist, oder doch eher daran, dass ich seit der Feier und meinem Aufeinandertreffen mit Anthony die Wohnung ausschließlich für den Müll verlassen habe, ist fraglich. Wenn es um das Cafe ging, bat ich Clara darum, auszuhelfen, während ich Babysitterin für Leif spielte.

Natürlich ärgert mich mein eigenes Verhalten.

Es Erinnert mich viel zu sehr an die Zeit, kurz nachdem die Paisleys Amerika verlassen haben. In der Zeit, in der ich mich ebenfalls nur versteckt habe. Mich in meinem Zimmer verkrochen habe und mich nur von Schokolade und Gummibärchen Ernährt habe. Meine Freunde und meine Familie von mir abgeschottet habe.

Und daran ist nur er Schuld.

Er ist Schuld und jetzt ist er wieder hier.

Nach  zwei Jahren und trotzdem verstecke ich mich noch vor ihm.

Das Klingeln des Weckers reißt mich aus meinen Gedanken, sorgt für einen kurzen Herzstilstand, bevor ich ihn abstelle, schnell zur Eingangstür eile, und diese mit dem Schlüssel Abschließe.

Die Zwillinge haben heute frei und weder Clara, noch Neomie oder irgendeiner meiner anderen Freundinnen konnte ich dazu beschwätzen, den Laden für mich zu übernehmen.

Deshalb stehe ich bereits seit Zehn Stunden hier, bediene Kunden, backe Cupcakes, oder nehme die neuen Süßigkeiten Lieferungen an. Meine Nerven zum zerreißen gespannt, denn jedes Mal befürchte ich, dass einer der Paisley Brüder den Laden betreten könnte.

Aber jetzt fällt mir diese Last wie schwerer Beton von den Schultern, denn der Laden ist abgeschlossen.

Erleichtert schließe ich die Augen, genieße den kurzen Moment der Ruhe, bevor ich mich umdrehe um Sauber zu machen.

Mit einer Tüte meiner liebsten Süßigkeiten in einer der rosa-weißen Tüten, schließe ich den Laden ab, überprüfe durch die große Glasfront, ob die Alarmanlage wirklich eingeschaltet ist, bevor ich mich umdrehe und mich Richtung nach Hause bewege. Zufrieden lausche ich dem rascheln der Süßigkeiten, freue mich bereits auf zu Hause, wenn ich sie endlich Essen kann.

Immer hat man mir erzählt, es sei keine gute Idee einen eigenen Laden zu eröffnen, der nur Candys, Cupcakes und Kaffee verkauft. Die Gastronomie sei hart, haben sie behauptet. Doch wie toll dieses Gefühl ist, seine eigenen Candys nach einem anstrengenden Arbeitstag mit nach Hause zu nehmen, hat Niemand erwähnt.

Ärzte können sowas nicht. Die können keine Organe am Ende des Tages mit nehmen, um sich einen schönen Abend zu machen.

Und dass der Laden nach beinahe zwei Jahren noch immer so gut läuft, ja, das glaubte auch niemand.

>> Ich glaub ihr Laden hat schon zu. << Verdammt. Augenblicklich drehe ich mich um, laufe schnurstracks in die entgegengesetzte Richtung.

>> Warte, ist sie das nicht? Summer! << Gewissenhaft ignoriere ich Anthonys rufen, beschleunige meine Schritte sogar, doch als er meinen Namen noch einmal ruft, diesmal lauter und energischer und lauter, bleibe ich stehen.

Einen Moment schließe ich die Augen, bevor ich mich mit einem strahlendem Lächeln herum drehe.

>> Anthony hey. << Lächel ich, laufe den beiden Gestalten entgegen. Neben Anthony noch jemand, der zwar ein paar Zentimeter kleiner ist, doch seine Schultern doppelt so breit, wie die seines bebrillten Bruders.

>> Summer Austen. << Lächelnd schaue ich zu dem schwarzhaarigen, lasse seine Augen und sein grinsen auf mich wirken.

Wie er lässig seine Hände in den Jackentaschen vergraben hat, vollkommen locker wirkt, während ich am liebsten Amok laufen möchte.

Wieso ist er so gelassen? Wieso steckt er diese Begegnung so einfach weg, während ich innerlich am ausrasten bin? Das ist nicht fair.

>> Nathaniel, ziemlich lange her. << Einen Teufel werde ich tun, ihm zu zeigen, wie sehr mich seine Rückkehr mitnimmt. Wie sehr ich mir einen Vorschlaghammer wünsche, um ihm dieses Grinsen aus dem hübschen Gesicht zu schlagen. Solange bis nichts mehr außer matschiger Gehirnmasse übrig ist.

>> Viel zu lange. Ich habe dich Gesucht. << Und dann würde ich seine Gliedmaßen mit einem Buttermesser abtrennen. Obwohl nein, das mache ich vorher, er soll leiden.
>> Jetzt hast du mich gefunden. << Langsam wird das Lächeln in meinem Gesicht zu einer schmerzhaften Pein.

>> Das Stimmt. Erzähl mir, wie erging es dir ohne mich. << Ich will ihm weh tun. Ihm solche schmerzen zufügen, das ihm das lausige Grinsen entgeht.

>> Fantastisch. << Ja, denn nachdem du weg warst, konnte ich mich komplett auf mich konzentrieren. Und lieber würde ich mir jeden meiner Fingernägel rausreißen, als zuzugeben, dass ich Nächtelang nicht schlafen konnte. Das es mir dreckig ging, während es ihm offensichtlich besser als jemals zuvor geht. Tausende von Adjektiven würden mir zu meinem Ergehen einfallen, aber keines von ihnen würde ich dir anvertrauen.

>> Hast du mich denn nicht vermisst? <<

>> Was man nicht mag, kann man nicht vermissen. << Rutscht es mir raus und obwohl ich ihm nicht so offensichtlich sagen wollte, das es mir doch nicht so egal war, bin ich nicht unzufrieden mit meiner Antwort. Soll er ruhig wissen dass ich ihn hasse. Mir ist es egal, er ist mir egal.

>> Das trifft mich hart. << Seufzt er theatralisch, doch das Grinsen auf seinen Lippen ist jedoch nicht verblasst. Nur mit einer Menge Selbstbeherrschung kann ich mir ein entnervtes Augenverdrehen unterdrücken.

>> Also sind wir keine Freunde mehr? << Ich stocke, fühle mich wie mit achtzehn, als Anthony  und ich noch Freunde, Nathaniel und ich in einer Beziehung waren. Wir neckten uns häufig, waren Gemein, spielten miteinander.

 Er spielt mit mir. So, wie er es damals bereits tat.

Er hat sich kein Stückchen verändert. Im Gegensatz zu mir.

>> Wüsste nicht, wann wir welche waren. << Entgegne ich, lasse meinen Blick noch einmal schnell über ihn huschen. Einen Augenblick bleibt mein Blick an seinem Hals hängen, an dem ich eine Silberne Kette erkenne. Der Anhänger ist unter seinem schwarzen Shirt versteckt, doch ich weiß genau, welche Kette das ist.

Die habe ich ihm zu seinem vierundzwangzigsten Geburtstag geschenkt.

>> Wir sehen uns Anthony. << Verabschiede ich mich, laufe an den beiden Brüdern vorbei, stoße dabei absichtlich mit meiner Schulter an Nathaniels, was ich jedoch gleich im Augenblicks der Berührung bereue, denn ein beinahe schmerzhafter Stromschlag durchfährt mich.

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