Kapitel 6

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Ich wurde, mal wieder, von einem Klopfen geweckt. Murrend drehte ich mich im Bett um und stand auf.

Meine schwarze Schminke war von meinen Tränen wahrscheinlich über meine gesamten Wangen verteilt worden. Ich rief der Person hinter der Tür entgegen dass ich gleich käme. Daraufhin nahm ich ein Tuch, das auf einem Beistelltisch lag, tunkte ihn in das kalte Wasser der Schale daneben und wischte mit grob über die Wangen und unter den Augen entlang. Etwas wiederwillig blickte ich in mein Siegelbild im Wasser. Dort konnte ich kein schwarz mehr erkennen.  Schnell zog ich einen Umhang aus dem Schrank, warf  mir die Kapuze über und öffnete die verschlossene Tür. 

Draußen stand Jason, der mir ein Tablett mit Essen entgegen hielt. „Guten Morgen Captain Cat." meinte der junge Mann freundlich. „Dir auch." grummelte ich etwas zurück. Er sah mich grinsend an. Manchmal fragte ich mich wo er ständig seine gute Laune herzog. Seine Freundlichkeit lies mich meine schlechte Laune fast komplett vergessen, wie ich im Nachhinein erstaunt feststellte.

„Ich habe euer Frühstück." Nickend ließ ich ihn eintreten. Bis jetzt war noch niemand meiner Crew, außer ihm, in meiner Kajüte gewesen. Der große Raum war nur karg, und um einigeres weniger prunkvoll eingerichtet als der Raum über mir. Jason trat ein, und trotz dessen das er hier schon einige Male war, sah er sich immer noch um wie am ersten Tag. „Etwas leer ist es hier schon."

Ein kaum sichtbares Lächeln huschte auf meine Lippen. Ich kannte ihn jetzt schon seit gut zehn Jahren. Manchmal sprach er einfach seine Gedanken ungewollt laut aus. Ich hatte mich daran gewöhnt. Allerdings ließ ich es nur ihm durchgehen. 

„Wie spät ist es?" fragte ich müde als ich meine Schultern knacken lies. Ich war einfach keine Morgenperson. „Halb neun! Euer Treffen ist also in einer Stunde."

Ich zeigte auf den Tisch, auf dem er das Essen abstellte. Ich ließ mich auf eine der beiden Stühle sinken und griff nach einer Scheibe Brot. Jason stand immer noch im Raum. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ihn etwas beschäftigt. Ich nahm einen großen Bissen, dann lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück und blickte ihn eindringlich an, ein Stück gebratenes Fleisch in der Hand. Er bemerkte es und wendete den Blick ab. Durch meine roten Augen, sah mein Blick sicher eindringlicher aus als er tatsächlich gemeint war.

„Spuks aus, was ist los?" fragte ich und sah ihn erwartend an als ich einen Bissen nahm. "Ich...Also-" brach er ab. Ich grinste leicht. „Jetzt sag schon. Wir kennen uns lange genug, dass du mittlerweile wissen solltest, dass ich dir schon nicht den Kopf abreißen werde."

Mein erster Maat seufzte. „Seid ihr sicher, dass diese Reise eine gute Idee ist? Ihr habt ebenfalls die Geschichten und Gerüchte um Barbossa und die Pearl mitbekommen, und sie selbst gesehen. Wie soll man Piraten bekämpfen, die dazu verflucht sind, weder tot noch lebendig zu sein." Ich legte kauend meinen Kopf schief und betrachtete ihn. Warum druckste er bei der Frage so herum. „Es gibt in diesem Spiel Spielregeln und Spielsteine von denen du nichts weist, Jason. Hättest du mich vor zwei Tagen gefragt, wie ich gegen Barbossa vorgehen würde, wenn wir aufeinander träfen, hätte ich dir keine genaue Antwort geben können. Heute scheint ein ganz neues Licht auf das Spielbrett."

Ich nahm breit grinsend einen Schluck Wasser aus dem Becher. Er sah mich immer noch etwas skeptisch an, ehe er jedoch zögerlich nickte. ,,Ich hoffe ihr wisst was ihr tut, Captain." sagte er nachdenklich und kratzte sich an der Wange, auf der sich einige Bartstoppel gebildet hatten. Schließlich erhob er sich und verschwand aus der Tür. ,,Das hoffe ich auch mein Lieber, das hoffe ich auch." murmelte ich als sich die Tür hinter ihm verschlossen hatte.

Jason hatte immer noch gewirkt, als würde ihm etwas auf der Zunge liegen doch ich beschloss es zu ignorieren. Wenn es wichtig gewesen wäre, hätte er etwa gesagt. Schnell aß ich fertig, zog mich um, frischte mein Make-Up auf, und ging ebenfalls an Deck. Das Schiff war blitzblank. Die Waschlappen hatten sich dran gehalten. Gut für sie.

„Alle Mann an Deck!" rief ich. Sofort stürmte die ganze Besatzung aus allen Ecken und Enden des Schiffes herbei und blickt mich erwartungsvoll an. Jason stellte sich auf seinen Platz, schräg hinter mir. „Ich muss etwas wichtiges erledigen. Es kann einige Zeit dauern bis ich wieder zurück bin. Bis dahin hat Jason hier das Kommando. Und jeder der seine Befehle missachtet, bekommt die selbe Strafe als würdet ihr meinen Befehl missachten. Ist das angekommen?" fauchte ich in die Runde.

Sofort kam ein zustimmendes Gemurmel von allen, und ich konnte einige nervös hüpfende Kehlköpfe erblicken. Ich drehte mich um und beugte mich zu meinem ersten Maat und flüsterte ihm zu. „Werd die Schwachköpfe so schnell wie möglich los." Seine pinken Wangen gekonnt ignorierend drehte ich mich um und stolzierte zur Planke um an Land zu gehen.

Kurz drehte ich mich nochmal um. „Und wehe ihr verpulvert mein ganzes Gold. Dann werdet ihr euch wünschen niemals auch nur vom Namen Red Eye Cat gehört zu haben." sagte ich mit kaltem, drohenden Unterton und verschwand in den Straßen Richtung des anderen Hafens.

Red eye Cat - The curse of the Black PearlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt