nineteen

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Nach der Dusche trocknete ich mich ab. Ich nahm etwas Toilettenpapier und drückte es auf die Wunden, damit die Blutung stoppen würde. Mit der anderen Hand öffnete ich wieder den Hängeschrank auf der Suche nach Pflastern. Doch ich konnte keine finden, sodass ich es ohne versuchen würde.

Ich hatte nicht daran gedacht, mir neue Sachen mitzunehmen, weshalb ich das große Handtuch um meinen Körper wickelte und schnell in Tylers Schlafzimmer huschte.

Dort öffnete ich meinen Koffer, den Tyler für mich gepackt hatte und zog mir schnell frische Unterwäsche, meine hellgraue Leggings und ein schwarzes Shirt an. Tyler hatte meinen halben Kleiderschrank in meinem Koffer unterbekommen und es war mir ein Rätsel, wie er das geschafft hatte. Ich wollte gerade meine Kulturtasche herausholen, als Tyler mich rief.

"Ja?", antwortete ich.

"Kommst du bitte mal?"

Ich warf meine Kulturtasche zurück in meinen Koffer und erhob mich. Der Stoff meiner Leggings schabte über die frischen Wunden, doch ich genoss den süßen Schmerz.

Ich trat in den Flur und sah Tyler in der Tür zum Badezimmer stehen. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und seine Gesichtsfarbe glich der weißen Wand neben ihm.

"Möchtest du mir etwas sagen?", fragte er nach und ich spürte sofort, dass er wusste, was ich getan habe.

Ich zuckte mit den Schultern.

"Nein?"

"Wieso ist Blut auf dem Badezimmerboden?", fragte er nach und ich presste die Lippen aufeinander.

Ich suchte nach den passenden Worten.

"Sind das die Nebenwirkungen?", sprach er weiter und verwirrt sah ich ihn an.

"Was?"

Ich hatte keine Ahnung, was er meinte.

"Von der Pille danach", sagte er und langsam schien ich zu verstehen, was er dachte.

"Nein", sagte ich erneut und schüttelte den Kopf, "das hat damit nichts zu tun", erklärte ich ihm.

Erleichtert atmete er aus.

"Ich habe schon befürchtet, dass es damit irgendwie zusammenhängt", sagte Tyler, hielt jedoch daraufhin inne. "Woher kommt es dann?"

Ich hätte doch lügen sollen. Ich würde nicht darum herumkommen, ihm die Wahrheit zu sagen. Und wieso sollte ich ihn anlügen?

Tyler tat dasselbe. Er würde am ehesten verstehen, wieso ich mich verletzte. Wieso sollte ich Geheimnisse vor ihm haben?

Ich öffnete den Mund, doch Tyler zog scharf die Luft ein. Ich verfolgte seinen Blick, der starr auf mein rechtes Bein gerichtet war. 

Die Schnitte bluteten doch noch mehr als ich vermutet hatte und es bildeten sich rote Striche auf meiner Leggings.

"Riley...", murmelte Tyler und kam auf mich zu. "Wieso?", fragte er und wollte mich umarmen, doch ich wich einen Schritt zurück.

"Dasselbe könnte ich dich fragen", erwiderte ich und er stockte.

Es herrschte Stille und keiner von uns sagte etwas. Wir sahen uns einfach nur an.

Nach einer gefühlten Ewigkeit rührte ich mich.

"Ich habe es schon vor einiger Zeit gesehen", erklärte ich Tyler und er senkte den Blick. Da er nichts sagte, redete ich weiter:

"Ich wusste nicht, ob und was ich dazu sagen sollte. Ich kann dir garantieren, dass ich genau verstehen kann, wieso du es tust. Und ich bin sicher, dass du daher genau so weißt, wieso ich es tue"

Tyler brauchte noch einen Moment, bis er sich einmal durch das Gesicht strich und dann sagte:

"Lass uns ein paar Pflaster darauf kleben, damit es nicht noch weiter deine Hose ruiniert"

Er ging in die Küche und ich folgte ihm ohne ein weiteres Wort. Ich setzte mich auf den Stuhl und beobachtete ihn dabei, wie er aus einer Schublade eine Packung Pflaster holte. Da hatte er sie also. Das würde ich mir merken.

Mit der Packung in der Hand stand er erwartungsvoll vor mir. Ich zögerte einen Moment, aber mir blieb scheinbar nichts anderes übrig. Ich zog meine Leggings wieder aus und ignorierte die Tatsache, dass ich nur im Shirt und Unterhose vor ihm saß.

Tylers Blick verharrte auf meinem Oberschenkel.

Zehn Schnitte zierten mein Bein und aus einigen traten noch immer kleine Blutstropfen.

Tyler öffnete die Packung und nahm drei Pflaster aus der Packung und klebte sie vorsichtig auf die Schnitte. Seine Berührung ließ meinen Atem stocken. Es sollte mir vollkommen komisch vorkommen. Vor kurzer Zeit waren wir uns noch fremd, doch inzwischen vertraute ich ihm so sehr, dass selbst diese Situation für mich in Ordnung war.

Ich sah auf Tylers Handgelenk und griff danach, sodass er in seiner Bewegung innehielt.

"Du hast dich auch wieder verletzt", bemerkte ich.

Ich konnte erkennen, dass seine Schnitte erst ein paar Tage alt sein konnten. Es waren mehr als letztes Mal.

Er zog seinen Arm zurück und ich ließ ihn los.

"Du hast Recht", sagte Tyler und ich zog mir meine Leggings wieder an. "Ich verstehe genau, wieso du es tust. Und das macht mir irgendwie Angst. Obwohl ich mich verletze, möchte ich nicht, dass irgendjemand den ich kenne, es tut.

Wir schwiegen lange, bis ich lachen musste. Verwirrt sah Tyler mich an.

"Wir beide sind schon ziemlich abgefuckt oder?", bemerkte ich und Tyler zuckte lächelnd mit den Schultern.

"Könnte man so sagen, ja", erwiderte er.

"Danke, Tyler", sagte ich schließlich, "ich kann dir nicht oft genug danken. Für all das, was du für mich tust. Ich habe keine Ahnung, was ich ohne dich machen würde"

Tyler lächelte mich an und seine Wangen röteten sich leicht.

"Ich bin ziemlich froh, dass ich dich damals auf die Bühne geholt habe", sagte er und sein Lächeln wandelte sich in ein gemeines Grinsen.

Ich verdrehte die Augen.

"Erinnere mich bitte nicht daran", stöhnte ich und schlug meine Hände gegen das Gesicht.

"Denkst du nicht, dass du mir noch einen Gefallen schuldest?", fragte er mich und in diesem Moment knurrte mein Magen so laut, dass wir beide gleichzeitig zu lachen anfingen.

Ich hatte vergessen, wie lange ich schon nichts mehr gegessen hatte und dass ich jetzt wieder Hunger hatte, war ein gutes Zeichen oder?

"Vielleicht essen wir erst einmal etwas. Aber dann musst du mir etwas vorspielen!", stellte Tyler klar und ich spürte, dass ich heute nicht mehr darum herum kommen würde.

"Na gut", stimmte ich zu und Tyler grinste triumphierend, während er den Kühlschrank öffnete.

Øur brains are sick // twenty one pilots Fanfiction // germanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt