twenty seven

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Ich falle.

Und falle.

Und falle.

"Nein, Tyler"

"Doch. Und du weißt es"

"Das ist so naiv von dir"

"Das hat nichts mit Naivität zu tun"

"Du hast dich verändert"

"Ach ja? Vielleicht bist du ja derjenige, der sich verändert hat, Josh"

"Nein. Seit du sie kennst, erkenne ich dich kaum wieder"

"Du bist nicht der erste, der das sagt"

"Vielleicht solltest du dir deswegen mal Gedanken machen"

Langsam wurde mir bewusst, was hier vor sich ging. Ich öffnete langsam die Augen und war geblendet von der Helligkeit.

"Ich denke, du verstehst es nicht"

"Tue ich auch nicht. Erklär es mir"

"Ich würde alles tun. Ich glaube, dass ich wirklich-"

Tyler hielt inne. Erst Sekunden später wurde mir bewusst, dass ich wach war und weinte. Das hatte Tylers Aufmerksamkeit auf mich gezogen. Tyler hatte mit Josh am Ende des Krankenhauszimmers gestanden.

"Nein", krächzte ich und mit einem Satz war Tyler auf mich zugekommen.

"Wie auch immer", hörte ich Josh nur noch sagen und damit verließ er das Zimmer.

"Nein, nein, nein", wiederholte ich und schluchzte laut. Tyler hielt mich fest, doch ich versuchte ihn von mir zu schütteln.

"Lass mich los!", schrie ich ihn an und weinte bitterlich.

"Pscht",machte Tyler, doch ich schlug seine Hände weg. 

"Lass mich! Lass mich in Ruhe! Wieso bin ich nicht tot? Ich wollte sterben, Tyler, wieso bin ich noch hier?"

Als ich bemerkte, dass ich gegen Tyler keine Chance hatte, sank ich in mich zusammen und weinte stumm. Mein Blick war an die weiße Decke gerichtet.

Ich war so wütend. Ich schaffte es nicht einmal, mir das Leben zu nehmen.

Tyler zog sich einen Stuhl neben das Bett und setzte sich darauf. Er hielt noch immer meine Hand fest und strich sanft darüber.

"Ich wollte es dir erklären, weshalb ich dich nicht vor meiner Mutter verteidigt habe", begann Tyler mit leiser Stimme zu erzählen. "Ich habe mir Sorgen gemacht, weil du ohne weiteres zurück in deine Wohnung gegangen bist. Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich dir hinterher gehen soll oder ob du Zeit für dich brauchst. Aber ich war so besorgt, dass ich es nicht einmal eine Stunde ausgehalten habe und zu dir gefahren bin. Die Musik war so laut, dass ich dachte, du hörst das Klingeln nicht, weshalb ich mit deinem Ersatzschlüssel in die Wohnung gekommen bin. Ich..."

Tyler hielt inne und schluckte hörbar. Er sah mich nicht mehr an.

"Ich habe dich auf dem Boden gefunden und..."

Wieder schluckte Tyler.

Er holte tief Luft.

"Man hat dir den Magen ausgepumpt. Wäre ich nur fünf Minuten später gekommen, würdest du nicht hier liegen, sondern in der Leichenhalle"

"Das war auch eigentlich mein Ziel", flüsterte ich und erst jetzt blickte Tyler mich wieder an.

"Sag so etwas nicht"

Angst stand in seinen Augen.

"Wieso nur hast du mich gerettet? Ich wollte endlich, dass dieser Schmerz aufhört"

Eine weitere Träne rollte über meine Wange, doch Tyler wischte sie schnell schweigend weg.

Ich drehte den Kopf und bemerkte erst jetzt, dass mein linker Unterarm in einen Verband gewickelt war. Ich fühlte mich so leer.

"Worüber hast du mit Josh geredet?", fragte ich und erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich Josh noch niemals privat kennengelernt hatte, sondern nur von der Bühne kannte.

"Das ist nicht so wichtig. Viel wichtiger ist, dass du mir versprichst, dir nie wieder etwas anzutun"

Ich schüttelte den Kopf.

"Das kann ich nicht"

"Wieso nicht?"

"Weil ich mich hasse, Tyler. Ist das so schwer zu verstehen?", meine Stimme wurde wieder lauter.

"Nein, ist es nicht. Ich verstehe dich sogar sehr gut"

"Dann kapiere ich nicht, wieso du mir das Leben gerettet hast"

"Weil du mit deinem Verhalten die Menschen verletzt, die dich lieben", sagte Tyler mit ruhiger Stimme.

"Niemand liebt mich!", fuhr ich ihn an, doch Tyler blieb weiterhin ruhig.

"Doch"

Ich schnaubte und schüttelte fassungslos den Kopf.

"Ich", flüsterte Tyler.

Schnell drehte ich mich wieder zu ihm und sah ihn ungläubig an. Hatte ich das richtig verstanden?

"Wie bitte?", fragte ich nach.

"I-ich liebe dich, Riley. Ich weiß gar nicht, wie ich ausdrücken soll, was ich für dich empfinde. Ich könnte mir niemals verzeihen, wenn dir irgendetwas passiert. Ich kann nicht mehr ohne dich. Ich brauche dich bei mir. Du bist etwas besonderes. Du bist... unbeschreiblich. Vermutlich hätte ich es dir schon viel eher sagen sollen, aber ich habe mich nicht getraut. Doch als ich dich leblos in deinem Badezimmer gefunden habe... Verdammt, Riley, ich hatte solche Angst. Ich dachte wirklich, ich hätte dich für immer verloren. Wenn du dich hasst, dann lass wenigstens mich dich lieben"

Ich war sprachlos.

Das konnte er nicht ernst meinen.

Ich starrte ihn an und versuchte ein Anzeichen zu finden, dass er mich anlog. Oder vielleicht war ich doch tot und bildete mir das alles nur ein? War das überhaupt möglich?

"Sag bitte irgendetwas", murmelte Tyler.

"I-ich... Ich weiß gerade nicht, was ich sagen soll. Meinst du das Ernst?"

Kaum merklich nickte Tyler.

"Das ist gerade alles etwas viel. Kann ich... Können wir vielleicht morgen darüber reden?", fragte ich Tyler.

Er nickte.

"Natürlich", antwortete er und stand auf. "Ruh dich aus. Wenn etwas ist, ruf mich bitte an. Jederzeit"

Ich musste es ihm versprechen, erst dann verließ er das Zimmer.

Ich drehte mich zur Seite.

Wenn ich tot wäre, müsste ich mich damit nicht auseinandersetzen. Wieder weinte ich. Wieso konnte ich aus diesem Albtraum nicht entkommen?

Øur brains are sick // twenty one pilots Fanfiction // germanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt