EINUNDZWANZIG

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„Alles in Ordnung bei euch?", erkundigte sich Delfí bei uns. Samuel, meine Anwältin und ich waren vor dem Gerichtsaal, als Delfí dazu kam. Ich schnürte Samuel gerade die Schuhe zu. Ich nickte, weil ich keine Worte fassen konnte. Es war die letzte Anhörung. Wir mussten die Richterin überzeugen.
„Wie geht es dir Samuel?", fragte Delfí meinen Sohn. Er zuckte nur mit den Schultern.
„Geht das lange?"
„Wir hoffen nicht.", erwiderte ich. Samuel ließ seine Schultern sacken und zog seine Unterlippe hervor. Ich seufzte und stand auf. In dem Moment lief Benicio mit seinem Anwalt an uns vorbei. Seine Augen zogen sich zu schmalen Schlitzen und er funkelte mich böse an. Ich erwiderte den Ausdruck.
„Mama?", hörte ich Samuel und drehte mich schwungvoll um.
„Sehen wir danach Simón wieder?" Er sah mich mit großen traurigen Augen an. Sein Blick machte mein Herz schwer. Ich schüttelte den Kopf.
„Wann sehen wir ihn dann?" Ich schluckte schwer.
„Wahrscheinlich gar nicht." Bedrückt sah er auf den Boden. Er ließ seine Füße baumeln. Der Anblick setzte mir zu. Am liebsten hätte ich nicht gewollt, dass er dabei ist, aber das konnten wir heute nicht vermeiden. Er war der wichtigste Bestandteil dieser Anhörung.
„Komm, wir gehen, okay?", ich streckte ihm meine Hand aus. Er sprang vom Stuhl und legte seine Hand in meine. Dann betraten wir den Gerichtssaal.
Auf einmal spürte ich Delfís Hand auf meiner Schulter. „Ich sitze direkt eine Reihe hinter euch.", versicherte sie mir und ich nickte dankbar. Ich schob Samuel weiter und setzten uns dann neben meine Anwältin.
„Sind Sie bereit?", erkundigte sich Mrs. Gonzales. Ich nickte schwach und atmete tief durch. „Ziehen wir es durch."

Kurz später kam die Richterin herein. Augenblicklich erhoben wir uns. Mit schweren Schritten betrat sie das Podest und ging an ihren Platz.
„Sie dürfen sich setzten", ordnete die Richterin an. Das Geräusch von zurechtgerückten Stühlen füllte den Gerichtsaal für ein Moment. Ein eiserner Blick der Richterin und der ganze Raum verstummte wieder. „Die Handlung ist hiermit Offizial eröffnet. Mr und Mrs. Martinéz befinden sich im Sorgerechtsfall um den gemeinsamen Sohn Samuel Martinéz. Fangen wir an. In der letzten Sitzung machten Sie, Mrs Matinéz bekannt, dass ihr Ex- Ehemann, Benicio Martinéz nicht der leibliche Vater von Samuel Matinéz ist." Sie sah mich prüfend an und ich nickte zustimmend. „Ich habe ihn anschließend Zeit gegeben, den Vater ausfindig zu machen. Ist der leibliche Vater heute anwesend?"
„Nein, Euer Ehren.", antwortet ich knapp und sah beschämt nach unten.
„Haben Sie den Vater nicht ausfindig machen können?" Ich blickte auf. Unsicher warf ich ein Blick auf Samuel.
„Doch, Euer Ehren, aber er hat zurzeit kein Interesse auf einen Umgang mit Samuel." Von Benicio kam ein belustigtes Schnauben. Die Richterin sah ihn kalt an.
„Gut. Dann machen wir weiter wie geplant. Mr. Pérez, bitte fangen Sie mit ihrem Schlussplädoyer an." Sie wies auf den kleinen, rundlichen Mann neben Benicio. Der Mann stand auf, richtete seine Brille zurecht und nahm ein Papier mit nach vorne.

„Vielen Dank, Euer Ehren. Mein Mandant, möchte nach wie vor, eben sowie Mrs Ámbar Martinéz, das alleinige Sorgerecht für Samuel. Mrs Martinéz sei von emotionaler Labilität geprägt, die die Erziehung von Samuel erschweren und ihn selbst emotional gefährden könnten. Sie besucht seit einigen Jahren den Therapeuten, nimmt aber noch immer Medikamente. In einem Moment der Instabilität, kann man nicht sagen, wie Mrs Martinéz regieren wird. Der wohl beste Beweis für ihre Labilität ist die Kindesentführung von vor einer Woche. Ohne Absprache mit meinen Mandanten, hat sie Samuel mit nach Mexiko genommen" Ich schnappte empört auf. Das war wohl nicht ihr ernst! Mein Blick schweifte zu Benicio rüber. Er hatte seine Arme vor der Brust verschränkt und grinste selbstgefällig. Ich schüttelte fassungslos den Kopf.

„Mr Pérez, ich muss sie kurz unterbrechen. Mrs Matrínez hat den Trip standesgemäß angemeldet, damit handelt es sich nicht um eine Kindesentführung. Ob sie das mit Mr Martinéz abspricht oder nicht, hat nichts mit dem Gesetz zu tun. Und wenn Mrs Martínez weiterhin in therapeutischer Behandlung ist, zeigt ihr Verantwortungsbewusstsein. Das spricht ebenso nicht gegen sie. Therapie ist nichts Schlechtes, sofern ich weiß. Aber bitte fahren sie mit ihren restlichen Argumenten fort. " Mr Pérez fuhr fort. Stolz lief er vor der Richterin auf und ab, hob hin und wieder drohend seinen Zeigefinger in die Höhe bis er endlich zu seinem Ende kam. Mr Pérez ging zurück zu seinem Mandanten, strich sich die Jacke glatt und setzte sich hin.
Die Richterin warf sofort ein Blick zu uns.

Can You Keep A Promise? #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt