ZWÖLF

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Mit leeren Augen starrte Simón mich an. Aus seinem Gesicht war alle Farbe gewichen. Angespannt hielt ich meinen Atem an, während in meinem Kopf dreihundertausend verschiedene Szenarien sich gleichzeitig abspielten. Ich mied seinem Blick und mein Herz klopfte wild in meiner Brust, während ich versuchte nicht in Schnappatmung auszubrechen. Ich legte meine Hände in einander- sie waren eiskalt- und verkrampfte. Ich biss auf meine Lippe, langsam hob ich meinen Blick und sah Simón an. Sein Gesichtsausdruck blieb unverändert und ich fragte mich, was bei ihm gerade im Kopf los war. Die Stille zwischen uns erdrückte mich langsam und nahm mir die Luft zum Atmen.

Plötzlich fing Simón an lachen. Es war zu erst nur leise, wie ein kleines Kichern, entwickelte sich dann doch schnell in einen hysterischen Anfall.
„Nein.", murmelte er und schüttelte den Kopf. „Nein.Nein.", wiederholte er abermals und schüttelte ungläubig den Kopf. „Das kann nicht sein. Wir ... wir waren vorsichtig."
Ich spürte ein Stechen in meiner Brust.
Den Tränen nah, zuckte ich mit den Achseln. In meinem Kopf formten sich Worte, doch ich brachte sie nicht heraus. Nicht ohne, dass ich in Tränen ausbrechen würde. Ich schluckte schwer und versuchte mich etwas zu sammeln.
„98%", hauchte ich kaum hörbar. Simón zog die Augenbrauen zusammen.
„98% Garantie.", wiederholte ich etwas lauter. Schockiert stand Simón auf und wiederholte die Zahl. „Willst du damit sagen, dass wir diese 2% sind?!" Seine Stimme bebte.
„Es waren vielleicht auch 18%...Die Kondome waren schon etwas älter.", gestand ich leise. Simón riss die Augen auf.
„Willst du mich eigentlich veraschen?! Du wüsstest das, oder? Du wüsstest es die ganze Zeit und hast mir nichts davon erzählt!"
Fassungslos stieß ich Luft aus. Ich wischte mir die erste und letzte Träne aus dem Gesicht. Mein Körper wurde heiß, ich spürte förmlich wie die Wut in mir hoch kroch.
Ich stand auf, ihm gegenüber. Sein Kopf war hoch rot, seinen Muskeln im Gesicht waren angespannt. „Du gibst mir die Schuld dafür?", zischte ich ihn an. „Mir?!"
„Wie hätte ich dich bitte kontaktieren sollen?! WIE? Wir hatten ausgemacht, dass wir nach dieser Nacht nichts mehr mit miteinander zu tun haben! Denkst du ich wollte das? Denkst du ich wollte mit zwanzig schwanger sein? Denkst du ich hab mir das ausgesucht? Nein! Also gib mir nicht die alleinige Schuld.", brüllte ich ihn an. Simón ging ein Schritt zurück. In seinem Blick lag pure Wut.
„Ich bin aber nicht der Vater! Das kann nicht sein! Du lügst! Deine Ehe geht schief, du verlierst wahrscheinlich ein Heiden Geld und hast von meinem Erfolg erfahren und jetzt tauchst du hier auf und verlangst, dass ich was gebe! Nicht mit mir! Ich dachte du seist anders, Ámbar. Aber du bist genau, wie Luna dich immer beschrieben hat. Verlogen und Egoistsich. Du bist genau das gleiche Miststück wie damals."

"Ich fasse es nicht!" brüllte ich und drehte mich von Simón für einen Moment weg. Ich konnte diesem Mann nicht mehr in die Augen sehen. Jetzt brachte er auch noch Luna mit rein! In mir brodelte es, ich hatte den Drang irgendwas zu nehmen und auf ihn zu werfen, oder ihm eine zu Klatschen, einfach nur um ihm etwas Verstand einzuschlagen!
Dass er nachts verschwinden wollte damals, hätte mir eigentlich schon früher was sagen sollen!
"Du bist so ein Arschloch.", zischte ich hinterher und funkelte ihn an.
"Du weißt nen Scheiß über mich und mein Leben! Du kennst mich nicht! Du hast absolut keine Ahnung, wer ich bin!"

„Das brauch ich auch nicht! So wie du dich aufführst-das sagt schon alles über dich aus.", brüllte er zurück. Ich stemmte meine Hände in die Hüfte, krampfte meine Finger an, dass sie sich in mein eigenes Fleisch bohrten, alles nur, um die Kontrolle nicht zu verlieren. Mein Blick wanderte rüber zu dem Cara-Porträt. Mit einem breiten Grinsen zeigte sie ihre unnatürlich weißen Zähne, in ihrem Blick lag was teuflisches. Der Gedanke, dieses Bild herunter zuwerfen, zu zerkratzen und vollständig zu zerstören, lag mir auf einmal ganz Nah.

„Ich denke es ist Zeit für dich zu Gehen." sagte er auf einmal, seine Stimme war flach und kalt, ohne jegliche Emotionen. Er sah mich noch nicht einmal an. Stille füllte den Raum zwischen uns und für den Momentlang, wanderte mein Blick über ihn. Er atmete schwer, tat als wäre diese ganze Auseinandersetzung für ihn anstrengend gewesen, als sei er das Opfer. Dabei gab es in diesem Streit kein Schuldigen.
„Endlich eine Sache, der wir beide zustimmen können."
Ich wartete noch ein kurzen Moment, gab ihm noch eine Chance, es sich zu überlegen. Der Gedanke schien mir eher wie ein Wunsch für ein Wundern. Simón mied meinen Blick.
Schön, dann sollte es so sein.
Ohne ein weiteres Wort, schnappte ich mir meine Tasche und ging. Ich sah nicht zurück, selbst als die Tür kräftig ins Schloss fiel,  hielt ich meinen Weg stand. Ich wollte nur noch weg von hier, weg von diese Ort, weg von ihm.
All die Jahre hatte ich ihn auf dieses Podest gestellt, hatte mir nichts sehnlicheres gewünscht als wieder in seinen Armen zu liegen, mich sicher zu fühlen...Wie naiv ich gewesen war...

Can You Keep A Promise? #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt